Bad Münstereifel„Omas gegen Rechts“ und „Freie Menschen Eifel“ demonstrierten

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Tauschten lebhaft Argumente aus: die beiden „Omas gegen Rechts“ und ein Vertreter von „Freie Menschen Eifel“.

Tauschten lebhaft Argumente aus: die beiden „Omas gegen Rechts“ und ein Vertreter von „Freie Menschen Eifel“.

Bad Münstereifel – Mit 20 000 Teilnehmern ging am Samstag in Berlin eine der deutschlandweit größten Demonstrationen gegen die aktuellen Auflagen im Kontext mit dem Coronavirus über die Bühne. Sofort hagelte es Kritik, weil viele Teilnehmer gegen die Abstandsregeln verstoßen hatten und keine Masken trugen. Doch nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch im Kreis Euskirchen waren die Wellen, die diese Großveranstaltung schlug, deutlich spürbar. Zur Unterstützung der Demonstranten in der Bundeshauptstadt hatten Mitglieder der Gruppe „Freie Menschen Eifel“ zeitgleich in Bad Münstereifel zu einer Sitzdemo aufgerufen. Das rief sowohl Fürsprecher als auch Gegner der Auflagenlockerung auf den Plan.

„In diesem Fahrwasser schwimmen die rechtsextremen Kräfte“

Neben der erhöhten Ansteckungsgefahr durch einen Verzicht auf Mund- und Nasenschutz oder Einhaltung des vorgeschriebenen Abstandes sieht Waltraud Forner, Mitglied der Regionalgruppe „Omas gegen Rechts“, zudem in der Instrumentalisierung der Demonstration zum Zweck des Wahlkampfes eine sehr große Gefahr.

Mit Parolen werde versucht, Stimmen zu gewinnen, statt zum eigenständigen Nachdenken aufzufordern. „In diesem Fahrwasser schwimmen die rechtsextremen Kräfte, die die Unentschlossenheit und Unsicherheit der Bevölkerung für ihre Zwecke nutzen wollen“, sagte Forner. Zahlen und Fakten über Todesfälle und Erkrankte während der Corona-Pandemie würden von den selbst ernannten Querdenkern kurzerhand unter den Teppich gekehrt.

Sie halten die getroffenen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie für goldrichtig: die „Omas gegen Rechts“.

Sie halten die getroffenen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie für goldrichtig: die „Omas gegen Rechts“.

„Daher wollen wir dazu aufrufen, diese Parolen nicht für bare Münze zu nehmen, sondern sich darüber zu informieren, welche Ausmaße die Pandemie hat und wie wichtig die getroffenen Maßnahmen sind“, so Waltraud Forner weiter.

„Freie Menschen Eifel“ leugnen Existenz von Corona nicht

Während Demonstranten in Berlin die Existenz des Virus komplett in Frage stellten, betonte Jasmin Khalil, Initiatorin der Bad Münstereifeler Sitzdemo, sie leugne die Existenz von Covid-19 keineswegs: „Die Virus-Erkrankung ist da, daran gibt es keinen Zweifel. Zu Beginn hatte ich auch Angst und war froh über die Auflagen.“

Im Laufe der Monate habe sich jedoch immer deutlicher gezeigt, dass man an vielen Punkten über das Ziel hinausgeschossen sei. Khalil nannte ein Beispiel: „Obwohl Kinder kaum oder gar nicht betroffen sind, wurden Schulen und Kindertagesstätten geschlossen oder durften nur mit Maske betreten werden.“

Das Mitglied von „Freie Menschen Eifel“ hält dies für völlig überzogen, weil die Hotspots der Ausbreitung meist an jenen Orten zu finden seien, wo das Immunsystem der Menschen durch Vorerkrankungen und hohes Alter bereits angegriffen ist: „Ich verstehe, warum zu Beginn versucht wurde, die Krankenhäuser nicht zu überlasten. Doch dieses Ziel ist mittlerweile aus den Augen verloren worden. Vielleicht wäre es sogar sinnvoll, mit gezielten Infektionen für Immunität zu sorgen.“

Man müsse lernen mit dem Virus zu leben

Stephan Maey, der ebenfalls der Einladung der „Freien Menschen Eifel“ zur Sitzdemo gefolgt war, betonte zudem die aus seiner Sicht unklare Datenlage, auf deren Grundlage die Vorschriften getroffen worden seien: „Wir haben einfach viel zu wenig Erfahrung mit den Folgen. Es heißt ja immer, ein Impfstoff wäre die Lösung und somit ein Schritt zurück zur Normalität. Doch ist er das wirklich? Die Grippeimpfung bietet keine komplette Immunität.“

Stattdessen müsse man lernen, mit dem Virus zu leben. Die soziale Abgrenzung sei dafür jedoch ungeeignet, da Masken- und Abstandspflicht sowie die daraus entstehende Entfremdung auch psychische Folgen für den Menschen mit sich bringen könnten, fügte Jasmin Khalil hinzu: „Zudem ist der Nutzen der Maskenpflicht medizinisch umstritten.“

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Einen weiteren Kritikpunkt sah Stephan Maey zudem in der Generalisierung aller Demonstranten: „Was den Kampf gegen Rechts angeht, könnte ich mich den ,Omas gegen Rechts’ sofort anschließen. Denn das Letzte, was ich möchte, ist, Nazis zu helfen.“

Seine Kritik an den aktuellen Maßnahmen gegen das Coronavirus sei vielmehr der Sorge um psychische Folgeschäden geschuldet. Die einzig wahre Lösung sei bislang noch nicht gefunden worden, und daher dürfe man auch nicht stillschweigend alle aus seiner Sicht lebenseinschränkenden Maßnahmen über sich ergehen lassen, so Maey.

Forderung nach selbstständigem Denken

Trotz unterschiedlicher Meinungen und Ansichten betonten Mitglieder beider Gruppierungen in Bad Münstereifel eine Gemeinsamkeit: die Forderung nach selbstständigem Denken und dem Hinterfragen neuer Informationen.

„Meinungsmache, wie sie vielerorts aktuell betrieben wird, ist ein großer Unterschied zur Weitergabe von belegbaren Informationen“, betonte Friedeborg Röcher von den „Omas gegen Rechts“. Röcher weiter: „Diese müssen wir selbst sammeln, statt uns von Extremisten instrumentalisieren zu lassen.“

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