Bürgerhalle, Grundschule, Sportareal: Kaller feiern die Eröffnung mehrerer Einrichtungen nach dem Wiederaufbau, der viele Millionen gekostet hat.
Wiederaufbau in KallEinige Baustellen sind vier Jahre nach der Flut abgehakt

Zum Abheben schön: Luftsprünge wie BMX-Profi Lennox Zimmermann machten die Kaller zwar nicht, doch die Freude über die Anlagen an der Auelstraße ist groß.
Copyright: Stephan Everling
Bekanntlich sollen die Feste gefeiert werden, wie sie fallen. Doch wenn eine Vielzahl besonderer Ereignisse zusammenkommt, wird am besten gleich ein ganzes Wochenende eingeplant. Wie in Kall, wo das Auelstraßen-Fest die Bürger dorthin lockte, wo die Flut 2021 solch immense Schäden verursacht hatte. Der gesamte Bereich zwischen Grundschule und Bürgerhalle wurde für zwei Tage zur Festmeile, die von Kallern genutzt wurde, die wiederaufgebauten Einrichtungen zu besuchen und Neues unter die Lupe zu nehmen.
Denn da war nicht nur einiges zusammengekommen, was noch nicht offiziell gewürdigt worden war, zwei Projekte konnten noch kurz vor Beginn der Sommerferien abgeschlossen werden: die neue Multiaktionsfläche mit dem Pumptrack und die Sanierung der Bürgerhalle, die nach vier Jahren wieder die Tore öffnete. „Es bot sich an, gemeinsam zu feiern“, sagte Kalls Bürgermeister Hermann-Josef Esser. Das Ziel sei gewesen, möglichst viele Leute anzusprechen und mit den Vereinen in Kontakt zu bringen.
6,5 Millionen Euro kostete der Wiederaufbau der Kaller Grundschule
Bereits nach den Osterferien hatten die Grundschüler endlich die Container verlassen können. Nach dem Umbau des bisherigen Hauptschulgebäudes für die Belange der Grundschule, der Ende 2020 abgeschlossen war, war das Gebäude gerade einmal ein halbes Jahr in Dienst, als die Fluten der Urft alle Anstrengungen zunichte und eine erneute Generalsanierung notwendig machten. Vier Jahre dauerte es letztendlich, alle Arbeiten abzuschließen.
Rund 60 Gewerke waren beteiligt, 6,5 Millionen Euro mussten investiert worden. „Es gab viele böse Überraschungen“, erinnerte der Bürgermeister an die Baugeschichte, zu der auch Firmen gehören, die die Gemeinde hängengelassen haben, Bodenbeläge und Estrich im Erdgeschoss, die neu gemacht werden mussten, oder Bodenplatten im Keller, die dem gestiegenen Grundwasserspiegel Tribut hatten zollen müssen. Er dankte der Schulleitung und dem Kollegium um Rektorin Marianne Rütt, denen es gelungen sei, im Provisorium die pädagogische Arbeit aufrechtzuerhalten.
Neue Multiaktionsfläche mit Pumptrack eröffnet
Während in der Grundschule die Angebote des Tages der offenen Tür lockten und die Kinder ihre Programme zeigten, ging es für die Verantwortlichen auf die andere Seite der Auelstraße, wo die neue Multiaktionsfläche eröffnet wurde. Damit sind die Angebote, sich dort sportlich zu betätigen, komplett. Denn auch Kunstrasenplatz und Tennisplätze, die schon länger in Benutzung sind, wurden bei dieser Gelegenheit feierlich miteröffnet.

Mit dem Durchschneiden des roten Bandes eröffneten die Verantwortlichen um Bürgermeister Hermann-Josef Esser (3.v.r.) die 14.000 Quadratmeter große Multiaktionsfläche samt Pumptrack.
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Nach knapp vier Jahren ist die Bürgerhalle wieder nutzbar.
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Viel bestauntes Novum der Anlage ist der Pumptrack, der von dem gerade einmal 17-jährigen BMX-Profi Lennox Zimmermann einem Härtetest unterzogen wurde. Mit einem Backflip zeigte er, was für einen Könner auf der Anlage möglich ist. Für ihn ist so etwas aber eher eine Aufwärmübung, denn vor wenigen Wochen hat er im Wettbewerb „Jumps“ in München die Goldmedaille in der Kategorie „Best Tricks“ gewonnen – mit einem Triple Back Flip, also einem dreifachen Rückwärtssalto. „Bei so einem Wettbewerb sind die Rampen bis zu fünf Meter hoch, damit man etwa zwölf Meter hoch springen kann“, berichtete er. Das sei eine andere Dimension als die Anlage in Kall.
200.000 Euro hat allein der Pumptrack gekostet, der zu 65 Prozent aus Mitteln der Struktur- und Dorfentwicklung gefördert wurde. Die Multiaktionsfläche kostete rund 1,7 Millionen Euro, der Boulderblock noch einmal 200.000 Euro, die mit 10.000 Euro vom Verein „Platz da!“ gefördert wurde. Alles in allem stehen den Sportlern an der Auelstraße jetzt mit Laufbahnen, Kunstrasenplatz, Soccer Cage, Tennisplätzen und vielem mehr rund 14.000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. „Vom ersten Tag an war die Multiaktionsfläche ein Erfolg“, freute sich Esser. Es sei auch ein Stück Sozialarbeit, um den Jugendlichen eine Aufenthaltsmöglichkeit anzubieten, bei der sie sich sportlich betätigen könnten.
Der Wiederaufbau der Bürgerhalle wurde teurer und langwieriger
Jetzt ist wieder Leben en dr Hött, wie die Kaller ihre Bürgerhalle liebevoll titulieren. Darauf verwies auch der Vorsitzende des Bürgervereins, Stefan Kupp, im Rahmen der feierlichen Eröffnung am Samstagabend. Fast vier Jahre – oder ganz genau 1452 Tage – ist es her, seit sich die Urft einen Weg in das Innere des Gebäudes gebahnt hatte.

Ein moderner Thekenbereich prägt das Bild in der „Hött“.
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Vor rund 250 Gästen sprach Landrat Markus Ramers zur Eröffnung der Bürgerhalle nach dem mehr als drei Millionen Euro teuren Wiederaufbau.
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„Hätt noch jot jejange“, habe er gedacht, so Esser, als er Kupp am 16. Juli 2021 mit dem Abzieher in der Bürgerhalle angetroffen habe. Doch nichts sei gut gegangen, auch in der Bürgerhalle nicht. Der Wiederaufbau habe sich weitaus teurer und langwieriger gestaltet, als es zuerst den Anschein gehabt habe. Rund 3,2 Millionen Euro hat die Wiederherstellung gekostet, so Kupp. Denn heutzutage seien die Anforderungen für Veranstaltungsstätten in Sachen Brand-, Lärm- und Wärmeschutz weitaus höher, als das vor 40 Jahren beim Bau der Bürgerhalle der Fall gewesen sei, betonte auch Landrat Markus Ramers.
Der kennt die Bürgerhalle bestens aus den Zeiten vor der Flut: „Vor 19 Jahren habe ich hier zum ersten Mal bei der Abiturfeier des Hermann-Josef-Kollegs in Steinfeld auf der Bühne gestanden.“ Häufig sei er durch die Eingangstür gegangen, doch dieses Mal habe er ein „Wow-Gefühl“ gehabt. Warm und gemütlich sei die Bürgerhalle geworden, und nun eine der schönsten Veranstaltungshallen im Kreis: „Die Theke ist ein Zeichen Eifeler Planungskompetenz.“
Kaller Bürgermeister kritisiert Bezirksregierung Köln
„Wir haben gesehen, wie sehr ein solcher Ort fehlte“, so Esser. Doch die vier Jahre, in denen andere Orte ihre Säle als Ausweichquartier angeboten haben, zeigen für Esser, wie gut die Orte in der Gemeinde zusammenhalten. Am Ende habe die reine Bauzeit in der Hött zwei Jahre betragen, sagte der Bürgermeister. Ausschreibungen kosteten Zeit, der Gemeinderat musste immer wieder die Aufträge absegnen. „Und dann war da noch die böse Erbtante aus Köln, die auf dem Geld sitzt, keine Ahnung hat und geistig auf dem Stand der Achtziger Jahre ist“, ließ er eine Spitze gegen die Bezirksregierung ab. Das werde wieder Ärger geben, prophezeite er, wenn diese Äußerung dort im Pressespiegel zu lesen sei.
Einen Blick auf die Zukunft der Hött warf Kupp. Denn der Traum des Bürgervereins sei, dass die Bürgerhalle wieder Austragungsort für Konzerte, Comedy, Theater und Musik sei. Die Neuauflage der „WDR4 Disco 44“ sei für den nächsten Mai geplant. Doch auch Abiball, Wahllokal oder eine Ratssitzung sei möglich, ebenso private Feiern. „Fast hätte ich gesagt: von der Wiege bis zur Bahre“, so Kupp. Für ihn und seine Kollegen vom Bürgerverein war es eine Mammutaufgabe gewesen, als sie die Bauleitung des Wiederaufbaus übernommen hatten – „nicht wissend, was auf uns zukommt“. Allein 31.000 Mails habe er dazu in seinem Postfach gehabt.