In der Region hat die überraschende Nachricht vom fehlenden Geld für den Weiterbau der A1 zu einigen heftigen Reaktionen geführt.
ReaktionenA1-Weiterbau in der Eifel: Zwischen Unverständnis und Durchhalteparolen

Seit 43 Jahren herrscht in Tondorf Stillstand in Sachen A1-Lückenschluss – ob und wann die fehlenden 25 Autobahnkilometer bis ins rheinland-pfälzische Kelberg gebaut werden, ist weiterhin fraglich.
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Der Euskirchener Landrat Markus Ramers (SPD) spricht von einem „Schlag ins Gesicht der Eifel-Region“: Die Ankündigung des Bundesverkehrsministeriums, zentrale Autobahnprojekte in Nordrhein-Westfalen – darunter auch den Weiterbau der A1 zwischen den Anschlussstellen Tondorf und Kelberg – auf Eis zu legen, hat im Kreis zahlreiche Reaktionen hervorgerufen.
„Die Nachricht ist ein echter Schock und eine herbe Enttäuschung“, sagte Ramers in einem mit seiner Amtskollegin Julia Gieseking (Landkreis Vulkaneifel) und Blankenheims Bürgermeisterin Jennifer Meuren abgestimmten Statement: „Wir waren hoffnungsvoll, dass ein Bundesverkehrsminister aus der Eifel mehr für uns tut – erst recht, wenn der Bund ein Sondervermögen für den Ausbau von Infrastruktur in Milliardenhöhe ausgibt.“
Ramers spricht von einem „Affront gegenüber den leidgeprüften Bürgerinnen und Bürgern“, der auch die Zukunftsfähigkeit der gesamten Eifel gefährde. „Die Fertigstellung der Autobahn ist für Industrie, Gewerbe, den Güter- und Reiseverkehr sowie den Tourismus von enormer Bedeutung“, wird Landrätin Gieseking in der Erklärung zitiert.
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Ramers: Angekündigte Milliarden-Investitionen ohne Auswirkung
„Den Lückenschluss jetzt auf Eis zu legen, halten wir für falsch“, sagt dann auch Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen: „Der aktuelle Beschluss ist ein fatales Signal für die Wirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raums.“

Steht in der Kritik: Minister Patrick Schnieder (CDU).
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„Es ist nicht nachvollziehbar, wie Milliarden-Investitionen in Infrastrukturprogramme angekündigt werden, aber zentrale Projekte wie dieses dann hintenüberfallen“, so Ramers weiter, der daran erinnert, dass Minister Schnieder den A1-Lückenschluss selbst noch vor wenigen Wochen als eines der drängendsten Infrastrukturprojekte des Bundes bezeichnet hatte.
Wir müssen das hinkriegen mit dem Lückenschluss, das kann man ja sonst niemandem erklären.
Auch Schnieders Parteifreund Detlef Seif ist wenig begeistert, dass das Thema „Lückenschluss“ auf diese Weise wieder in den Mittelpunkt rückt: „Diese Nachricht trifft uns alle wie ein Schlag. Aber ich mahne zur Besonnenheit“, so der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Weilerswist.
MdB Detlef Seif fordert Bundeskanzler Merz zum Nachbessern auf
„Wir müssen das hinkriegen mit dem Lückenschluss, das kann man ja sonst niemandem erklären“, so Seif im Telefonat mit dieser Redaktion. Er habe bereits Schnieder, Bundesfinanzminister Lars Klingbeil, den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn, die Kollegen im Haushaltsausschuss sowie Bundeskanzler Friedrich Merz aufgefordert nachzubessern: „Es ist nicht vermittelbar, dass wir 500 Milliarden Euro Schulden aufnehmen zur Stärkung der Infrastruktur und daraus kein erkennbarer Mehrwert entsteht“, geht Seif mit der eigenen Koalition hart ins Gericht: „Die Listen der nicht finanzierten Maßnahmen sind länger als die Listen der Projekte, die umgesetzt werden sollen.“
Dennoch: Es sei wichtig, dass sich die Region nun nicht auseinanderdividieren lasse: „Es geht nicht um Schuldzuweisung. Die einseitige Kritik am Bundesverkehrsminister ist ebenso falsch wie einseitige Vorwürfe an den Bundesfinanzminister, der die Budgetplanung verantwortet. Der Bundestag muss nun in der anstehenden Haushaltsberatung Lösungen finden“, fordert Seif.
Für Grünen-Sprecher Wilfried Gierden ist Sanierung wichtiger als Neubau
Der rheinland-pfälzische FDP-Landtagsabgeordnete Marco Weber aus Lissendorf wird in seiner Kritik an Schnieder deutlicher: „Wenn der A1-Lückenschluss scheitert, muss der Minister zurücktreten. Deutschland braucht belastbare und sichere Infrastruktur.“
Dieser Forderung schließt sich auf Nachfrage auch der Chef der FDP im Kreis Euskirchen an: „Da stimme ich Weber natürlich zu“, so Frederik Schorn. „Für die Region wäre diese Entwicklung fatal. Die A1 ist eine europäische Verkehrsachse mit einer 25 Kilometer langen Lücke in der Eifel. Das ist ein Armutszeugnis für Deutschland“, so Schorn weiter.
Wilfried Gierden, Sprecher der Grünen im Kreis Euskirchen, sieht sich in seiner kritischen Haltung zum A1-Weiterbau bestätigt. „Sanierung und Erhalt von Infrastruktur haben für uns weiterhin die erste Priorität.“ Das gelte auch für viele Bundes- und Landesstraßen, die in einem schlechten baulichen Zustand seien.
Angesichts der immensen Kosten für den Lückenschluss – die Autobahn GmbH geht von 730 Millionen Euro aus, Gierden hält eine Milliarde für realistischer – sehe er keinen großen volkswirtschaftlichen Nutzen durch das Projekt. „Die Menschen, die vom Durchgangsverkehr belastet werden, kann ich natürlich verstehen“, so Gierden: „Aber das muss man lokal lösen, etwa mit Umgehungsstraßen.“