2050 hat der Kreis Euskirchen mehr Einwohner als heute, sagen Experten. Sie rechnen vor, welche Kommunen wachsen und welche schrumpfen dürften.
Berechnung bis 2050Einige Kommunen im Kreis Euskirchen wachsen, andere schrumpfen

Die Bevölkerungszahl im Kreis Euskirchen soll auch in den kommenden 25 Jahren wachsen, sagen Experten. Das gilt aber nicht für alle Städte und Gemeinden im Kreis.
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Wir werden immer mehr. Hat der Kreis Euskirchen schon vor geraumer Zeit die 200.000er-Marke bei der Bevölkerungszahl übersprungen, stehen weitere Zuwächse ins Haus. Denn statt der 201.841 Kreisbewohner, die zum Stichtag 31. Dezember 2023 registriert wurden, werden 31. Dezember 2050 203.622 Menschen im Kreis Euskirchen leben. Mit dieser Zahl wartet zumindest das Statistische Landesamt Information und Technik NRW (IT NRW) in diesen Tagen auf.
Experten: Kreis Euskirchen stemmt sich gegen NRW-Landestrend
Dass dieser Wert in 25 Jahren punktgenau erreicht wird, ist natürlich höchst unwahrscheinlich. Vielmehr handelt es sich um eine Berechnungsgröße, die die Experten anhand einiger Entwicklungen in der Vergangenheit auf die Zukunft projiziert haben. Doch der Trend ist schon bemerkenswert.
Der Kreis Euskirchen wird sich nämlich demnach erfolgreich gegen einen negativen NRW-Landestrend stemmen. Er ist eine von wenigen Gebietskörperschaften im Lande, deren Bevölkerungszahl nach den Annahmen der Experten wachsen wird. Das können gerade einmal zehn der 53 Kreise und kreisfreien Städte von sich behaupten – zumindest gemäß der Berechnungen von IT NRW.
Bevölkerungszahl in Nordrhein-Westfalen geht wohl zurück
Die größten Zuwächse seien in den Kreisen und Großstädten im Südwesten Nordrhein-Westfalens zu erwarten: im Kreis Heinsberg (+4,7 Prozent), in Mönchengladbach (+4,3 Prozent) und in Bonn (+3,9 Prozent). Dann heißt es aber weiter: „Ein Anstieg der Bevölkerungszahlen zeichnet sich auch für die kreisfreien Städte Münster (+2,4 Prozent), Düsseldorf (+1,5 Prozent) und Bielefeld (+1,1 Prozent) sowie für die Kreise Kleve (+1,5 Prozent), Düren und Euskirchen (jeweils +0,9 Prozent) und Steinfurt (+0,5 Prozent) ab.“
In diesen Regionen, so die Statistiker, werden die Wanderungsgewinne hoch genug ausfallen, um den Umstand zu kompensieren, dass mehr Menschen sterben als geboren werden.
Unterdessen werde die Einwohnerzahl im gesamten Bundesland abnehmen: von derzeit 18 Millionen auf 17,5 Millionen im Jahr 2050 und bis 2070 nochmal auf 16,9 Millionen. NRW muss also einiges tun, um nicht zu schrumpfen. Am Kreis Euskirchen sollte es nicht scheitern.
Mehr Talente, mehr Kaufkraft und höhere Steuereinnahmen
„Das sind sehr gute Nachrichten“, reagierte Achim Blindert, der Allgemeine Vertreter des Landrats auf die aktuelle Berechnung. Mehr Einwohner bedeuteten einen größeren Talentpool, mehr Kaufkraft und wachsende Steuereinnahmen. Andererseits werde ein quantitatives Wachstum im Kreis auf eine qualitativ alternde Bevölkerung treffen. Ohne frühzeitigen Kapazitäts- und Personalaufbau drohten Engpässe.
Für ihn sei die Berechnung eine Bestätigung einer lange schon gefühlten Wahrheit. Denn dass der Kreis Euskirchen ein attraktiver Wohn- und Lebensraum sei, Häuser und Wohnungen zu günstigeren Konditionen als in den Ballungsgebieten zu haben seien – und das bei hoher Lebensqualität, sei alles nicht neu, so Blindert.
Dank Glasfaseranbindung könnten immer mehr Arbeitnehmer darauf verzichten, täglich zu den Arbeitsstellen in Köln oder Bonn zu fahren. Insofern biete der Kreis Euskirchen das Beste aus zwei Welten. Blindert: „Modernes Landleben im Windschatten der Städte Köln, Bonn und Aachen.“
Wachstum ist kein Selbstläufer, sondern ein Auftrag.
Allerdings seien die Berechnungen auch eine Verpflichtung, ergänzt er: „Entscheidend ist, dass mit dem Bevölkerungszuwachs auch unsere Infrastruktur mithält. Kitas, Schulen, medizinische Versorgung und einiges mehr müssten entsprechend wachsen.“ Politik und Verwaltung seien hier an erster Stelle gefordert.
„Wachstum“, so Blindert, „ist also kein Selbstläufer, sondern ein Auftrag. Wir wollen die positive Entwicklung nutzen, um Wohnen, Mobilität, Bildung und Pflege zukunftssicher aufzustellen – für alle Generationen im Kreis Euskirchen.“
Der Kreis habe schon in den vergangenen Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass mit steigenden Bevölkerungszahlen gerechnet und entsprechende Flächen für Wohn- und Gewerbegebiete ausgewiesen werden müssen. „Leider ist dies auf Landesebene im Rahmen der Regionalplanung nicht im erforderlichen Umfang umgesetzt worden“, kritisiert Blindert.
Krasser Unterschied zwischen Bad Münstereifel und Zülpich
Zumal der genaue Blick in die Städte und Gemeinden ein höchst unterschiedliches Bild offenbart. (siehe auch „Gewinner und Verlierer“). Während die Statistiker für Bad Münstereifel beispielsweise eine Schrumpfung von sieben Prozent berechnen, darf sich am anderen Ende Zülpich über einen Zuwachs von 6,3 Prozent freuen. Das kleine Dahlem wird laut den Experten über sich hinauswachsen, Kall hingegen deutlich Federn lassen müssen.
Kall liegt damit im Landestrend. Für NRW ergeben die Berechnungen nämlich einen Bevölkerungsrückgang von sechs Prozent bis 2070 – von aktuell rund 18 Millionen auf 17,5 Millionen in 25 Jahren bis zu 16,9 Millionen in 45 Jahren.
Doch wie sicher sind solche Zahlen? Für die Bevölkerungsvorausberechnung werden Annahmen über die Entwicklung der drei demografischen Komponenten Geburtenzahlen, Sterbefälle und Migration getroffen. Diese Annahmen basieren laut den Autoren auf der tatsächlichen Entwicklung dieser drei Größen in den vergangenen Jahren.
Die Zahl der Geburten wird voraussichtlich zurückgehen
Ein Beispiel: Für das Land NRW haben die Experten die Geburtenzahlen der kommenden Jahre vorausberechnet. Demnach sei bis zu Beginn der 2050er-Jahre von einem Wiederanstieg der Geburtenzahl auszugehen, da die vergleichsweise geburtenstarken Jahrgänge ab 2014 in die Situation kommen, selbst Nachwuchs zu bekommen. „Dennoch wird die Zahl der jährlichen Geburten in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich unter dem derzeitigen Stand bleiben“, so IT NRW.
Für die aktuelle Bevölkerungsvorausberechnung wurden die Entwicklungen der Jahre 2017 bis 2023 herangezogen, um Trends der demografischen Entwicklung abzulesen und auf dieser Basis erwartbare und gleichzeitig plausible zukünftige Weiterentwicklungen abzuschätzen. Dass es am Ende erstens anders kommt als zweitens gedacht, schließen die Experten keineswegs aus.
Da reicht schon ein Blick in die vergangenen Jahre etwa im Bereich der Migration. „Insofern sind diese Ergebnisse nicht als präzise zu erwartende Entwicklungen aufzufassen, sondern bilden für die Zukunft ausschließlich Wenn-dann-Aussagen ab“, teilt IT NRW mit.
Internationale politische Lage wirkt sich auf die Zahlen aus
Die größte Unsicherheit liege bei der Einschätzung der Auslandswanderungen, so die Autoren: „Diese hängen in hohem Maße von einer sich unter Umständen kurzfristig ändernden internationalen politischen Lage und politischen Entscheidungen ab.“
Und noch etwas könnte dazu führen, dass sich die Dinge anders entwickeln: gesellschaftspolitisches Handeln: „Wenn die absehbaren Auswirkungen durch neue Trends oder gerade aufgrund von Gegensteuerung abgemildert oder gar nivelliert werden, muss die Realität von der Bevölkerungsvorausberechnung zwangsläufig abweichen.“
Aber gerade dafür werden solche Erhebungen ja gemacht. Die Bevölkerungsvorausberechnungen seien vor allem dann sinnvoll und nützlich, wenn sie richtige Signale sendeten, teilt IT NRW mit. Zülpich sollte sich also nicht zu früh freuen. Und Bad Münstereifel kann immer noch gegensteuern.
Gewinner und Verlierer: Das sind die Berechnungen für die Kommunen
Das sind die Berechnungen, wie viele Menschen 2050 in den Kommunen leben. Ausgangsbasis war die Bevölkerung zum Stichtag 31. Dezember 2023, genutzt wurden auch Zahlen des Zensus 2022.
Bad Münstereifel 2023: 18.343/2050: 17.050 (-7,0 Prozent)
Blankenheim 2023: 8.431/2050: 8.355 (-0,9)
Dahlem 2023 4418/2050: 4595 (+4,0)
Euskirchen 2023: 59.787/2050: 61.377 (+2,7)
Hellenthal 2023: 7784/2050: 7539 (-3,1)
Kall 2023: 11.179/2050: 10.535 (-5,8)
Mechernich 2023: 29.153/2025: 30.597 (+5,0)
Nettersheim 2023: 8776/2025: 9054 (+3,2)
Schleiden 2023: 13.498/2025: 13.111 (-2,9)
Weilerswist 2023: 18.875/2025: 18.459 (-2,2)
Zülpich 2023: 21.597/2025: 22.950 (+6,3)
Heimbach 2023: 4501/2025: 4278 (-5,0)