ArchivSechs Kommunen im Kreis Euskirchen professionalisieren die Arbeit mit der Geschichte

Lesezeit 3 Minuten
Der Dahlemer Kämmerer Frank Hütter steht zwischen zwei hohen Regalen im Gemeindearchiv. Er hält eine aufgeschlagene Akte in der Hand.

Eigene Archive haben die sechs Gemeinden im Südkreis. Hier zeigt Dahlems Kämmerer Frank Hütter den Archivraum im Schmidtheimer Rathaus. In einer interkommunalen Zusammenarbeit soll die Betreuung der Datensammlungen professionalisiert und digitalisiert werden.

Blankenheim, Dahlem, Hellenthal, Kall, Nettersheim und Schleiden wollen für die nächsten sieben Jahre ein gemeinsames Archiv-Projekt angehen.

Sechs Gemeinden im Südkreis wollen ein gemeinsames Archiv aufbauen. Federführend bei diesem interkommunalen Projekt, das am 1. Januar starten soll, ist die Stadt Schleiden.

Unter den 21 Gemeinderäten in Blankenheim war es am Ende fast keine Frage, ob man das Vorhaben wagen wolle. „Eine kleine Gemeinde wie wir kann das gar nicht alleine leisten“, so Ingo Bings (CDU). Er meint ein Projekt, das sieben Jahre dauern und die Archivtätigkeit in den Rathäusern professionalisieren soll. Zudem sollen die analogen Datensammlungen. Urkunden und Archivalien digitalisiert und so für die Öffentlichkeit besser handhabbar werden.

Ein Landesgesetz regelt den Umgang mit dem Archivmaterial

Von ungefähr kommt das Ansinnen von Blankenheim, Dahlem, Hellenthal, Kall, Nettersheim und Schleiden nicht. Die Archivierung ist eine über das Landesgesetz zur Sicherung und Nutzung öffentlichen Archivguts (Archivgesetz) den Kommunen vorgeschriebene Aufgabe. Sie soll auf Basis von einheitlichen Standards erfolgen, die das LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum erarbeitet hat.

Alles zum Thema Landschaftsverband Rheinland

Alle Kommunen, die jetzt mitmachen wollen, haben keine studierten Mitarbeitenden, die das Archiv betreuen. Die Fachlichkeit fehlt überall.
Erwin Nelles, Allgemeiner Vertreter der Bürgermeisterin, Blankenheim

Das so vorgegebene Niveau der Archivarbeit aber können viele Kommunen derzeit nicht leisten – dafür braucht es schlicht Experten. „Alle Kommunen, die jetzt mitmachen wollen, haben keine studierten Mitarbeitenden, die das Archiv betreuen. Die Fachlichkeit fehlt überall“, so Erwin Nelles, Allgemeiner Vertreter von Blankenheims Bürgermeisterin. Und es brauche Planstellen, was das Vorhaben teurer mache, wenn jede Kommune eine solche Fachkraft einstelle.

Wie man verwahrt, erhält, erschließt und Daten nutzbar macht, ist zwar keine Geheimwissenschaft, aber eine Arbeit für Fachleute. Man kann Archivkunde studieren. Daher soll eine Expertin in den sieben Projektjahren die zuständigen Mitarbeiter in den Rathäusern anlernen mit dem Ziel, dass eines Tages vielleicht zwischen Hellenthal und Nettersheim ausgebildete Archivare sitzen. Zudem sollen durch das gemeinsame Archiv Synergien geschaffen und Arbeitsvorgänge erleichtert werden.

In Blankenheim ist nur das Archiv der Grafen digital erfasst

In Blankenheim zum Beispiel ist das Tagesgeschäft im Rathaus weitgehend digitalisiert. Doch das umfangreiche, historische Archiv wartet auf eine solche Erschließung und Verfügbarmachung. Lediglich das gräfliche Archiv ist digital erfasst. Die Auswertung der Unmengen von Datenträgern allerdings ist wohl eine Aufgabe für Generationen und einige Forschungsaufträge.

Wenn alle Kommunalparlamente das Projekt beschließen, wird es zunächst bis Ende 2030 angelegt. Es wird vom Land gefördert, wohl mit einmalig 35.000 Euro pro Kommune und 105.000 Euro als Pauschalzuweisung, die aufgeteilt wird. Das wird allerdings nicht reichen, um zwei Fachkräfte zu bezahlen.

Für die Aufgabe im Südkreis Euskirchen werden zwei Fachkräfte eingestellt

Gefordert sind Archivleitung plus Stellvertretung. Beide Planstellen werden formal über den Haushalt der Stadt Schleiden finanziert, tatsächlich auf Basis eines Umlegungsverfahrens entsprechend der Einwohnerzahl der beteiligten Kommunen. Nach Angaben der Stadt Schleiden ist nach derzeitigem Stand wohl mit jährlichen Personalkosten von rund 117.200 Euro für die Leitungsstelle und rund 32.200 Euro für die Stellvertretung zu rechnen.

Das mache am Beispiel Blankenheims ungefähr 235.000 Euro in sieben Jahren, also rund 33.000 Euro jährlich aus, so die schnelle Rechnung etwa von Rudi Huth (FDP). Was Wilfried Wutgen (SPD) und andere zur Bitte brachte, „dass die Fachkraft, die schon als Leiterin feststeht, sich bitte mal bei uns vorstellt und erklärt, was sie denn vorhat“.

Bei dieser Fachkraft handelt es sich um Nicole Gutmann. Sie hat zwei Masterabschlüsse, darunter einen in Archivwissenschaften. Titel der Abschlussarbeit: „(Ein-)Führung eines elektronischen Langzeitarchivs in kommunalen Kleinstarchiven.“ Derzeit ist Gutmann Ausbilderin für angehende Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste, Fachrichtung Archiv.

Der Blankenheimer Gemeinderat hat dem Vorhaben bei einer Gegenstimme zugestimmt. Am 2. November steht es auf der Tagesordnung in Schleiden, am 7. November in Dahlem und Kall. Auch die anderen werden darüber entscheiden.

KStA abonnieren