WaldjugendspieleViertklässler entwickeln im Euskirchener Hardtwald ein „Waldbewusstsein“

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Viertklässler stehen um den Förster Heinz Benden herum.

Ob Wölfe im Wald leben, ist eine der vielen Fragen, die die Viertklässler dem Förster Heinz Benden stellen.

Dass Kinder neugierig auf den Wald sind, beweisen die Waldjugendspiele. Nach Corona und Flut finden sie in diesem Jahr wieder statt.

Käfer, Wölfe und Drachen: Das sind nur ein paar der lausbübischen Antworten, die jemand bekommt, der Viertklässler fragt, welche Tiere im Wald wohnen. Damit Kinder ein tiefergehendes Bewusstsein für ihre bewaldete Umgebung entwickeln, finden in diesem Jahr wieder die Waldjugendspiele im Kreis Euskirchen statt.

Bei den Waldjugendspielen entwickeln Kinder ein Bewusstsein für den Wald

„Waldjugendspiele?“, fragt Monika Lövenich, stellvertretende Bürgermeisterin in Vettweiß: „Ich kannte bisher nur Bundesjugendspiele.“ Dass die Grünen-Politikerin von den Waldjugendspielen noch nichts gehört hat, überrascht Clemens Pick, den Vertreter der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, nicht. Er ist es schon gewohnt, dass er immer wieder erklären muss, was es damit auf sich hat.

Dabei, so sagt er, gebe es die Veranstaltung schon seit 1970 und sie finde mittlerweile bundesweit statt: einmal im Jahr, in den Herbstmonaten September und Oktober. In NRW nähmen jedes Jahr etwa 35.000 Kinder teil, davon 1500 im Kreis Euskirchen. „Auf die hohe Teilnehmerquote hier sind wir stolz.“

Grundschulkinder stehen in einer Traube im Wald, schauen Euskirchener Förster Heinz Benden an und heben ihre Finger, um eine Frage zu stellen.

Selten sind alle Finger unten. Die Grundschulkinder wissen viel über den Wald. Und haben noch mehr Fragen.

Euskirchen: Nach der Flut arbeitet das Forstamt immer noch in Containern

Obwohl es die Waldjugendspiele schon so lange gebe, befänden sie sich im Kreis Euskirchen gerade wieder in der Anfangsphase. Die Gründe: Corona-Pandemie und Flut. „Das hat uns in unserer Arbeit zurückgeworfen“, sagt Pick. „Und das Forstamt arbeitet hier immer noch provisorisch – in Containern.“ Trotzdem habe der Betrieb es priorisiert, die Veranstaltung in diesem Jahr wieder stattfinden zu lassen.

„Es ist enorm wichtig, dass wir ein Waldbewusstsein schaffen für das, was wir hier haben“, sagt Sacha Reichelt, Euskirchens Bürgermeister. Mit „was wir hier haben“ meint er den großen Waldanteil im Kreis. Etwa ein Drittel der Gesamtfläche des Kreises ist bewaldet. Das sind insgesamt etwa 50.000 Hektar Wald.

50.000 Hektar: Ein Drittel der Gesamtfläche des Kreises ist bewaldet

Das sollte man wertschätzen, findet Monika Lövenich aus Vettweiß, einer waldarmen Gemeinde. Der Wald gehe immer mehr verloren, sagt sie. Immer größere Gebiete würden bebaut und versiegelt. Sie ist zu den Waldjugendspielen nach Euskirchen gekommen, weil sie sich auch in ihrem Kreis mehr Waldpädagogik wünscht.

Denn bei den Kindern müsse man ansetzen, um den Wald zu schützen, sagt Christoph Heider von der HIT-Umweltstiftung, die das Programm fördert. Es reiche nicht, den Wald nur am Horizont zu bewundern. Die Kinder müssten vielmehr ein Gespür dafür bekommen, dass der Wald ein Öko-System und unsere Lebensgrundlage sei. Man schütze doch am Ende nur das, was einem vertraut sei, sagt Heider.

Christoph Heider: „Es reicht nicht, den Wald nur am Horizont zu bewundern“

Damit die Beziehung zwischen Kind und Wald gut wird, stehe bei den Waldjugendtagen auch das Erleben im Vordergrund. Niedrigschwellig sei das Angebot. Spaß solle es machen. 

Das bedeutet konkret: Die Kinder laufen durch den Hardtwald, machen an elf Stationen Halt und füllen ein vorher ausgehändigtes Arbeitsblatt aus. Fünf Baumarten sollen sie bestimmen oder das Alter eines Baumes anhand seiner Ringe ablesen. Schauen, ob sie Spuren von Wildtieren finden, und dem „Waldkonzert“ lauschen.

An der Leiter eines Hochsitzes lehnt der Euskirchener Förster Heinz Benden.

Der Förster Heinz Benden steht den Kindern an der Station 5, „Jagd und Wild“, Rede und Antwort.

Während Förster Heinz Benden erklärt, dass es unwahrscheinlich, aber nicht völlig ausgeschlossen sei, im Wald auf einen Wolf zu treffen, hören die Kinder gespannt zu. Selten sind alle Arme unten. Jeder hat etwas zu sagen. Oskar hat schonmal eine Eule gesehen und Korbinian eine Spur von einem Wildschwein.

Die Viertklässler halten im Hardtwald überall die Augen offen

Selbst abseits der Stationen halten die Kinder die Augen offen. Auf dem Weg von der einen zu der nächsten Station ist ein Junge überzeugt, Rehkot gefunden zu haben. Sein Klassenkamerad meint aber, es sei „nur ein gammliger Stock“.

Währenddessen erklärt Isabell einer Mitschülerin, wie Naturgewalten einen Schaden im Wald anrichten können. Sie versucht dabei, den Unterschied zwischen Windwurf und Windbruch zu erläutern, so richtig bekommt sie das aber „gerade nicht mehr zusammen“. 

Oskar und Korbinian erzählen, sie seien oft im Wald. Niklas auch. Da spiele er immer mit Stöcken oder baue etwas – oft sei er zusammen mit „der Grete“ am Orbach. Oskar könnte sich sogar vorstellen, einmal Förster zu werden. Korbinian auch. Darüber, dass der Wald schon immer irgendwie zu ihrem Leben gehört hat, darüber sind die Viertklässler aus dem waldreichen Kreis Euskirchen sich einig.

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