Gänsehautmoment in KircheExperten aus Ghana nehmen nach Flut Schweinheim unter die Lupe

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Das Bild zeigt Karl Kreuzberg vor der Gaststätte in Schweinheim. Menschen aus Ghana hören ihm zu.

Der Schweinheimer Karl Kreuzberg berichtete vor der ghanaischen Delegation über die Hochwasserkatastrophe in seinem Heimatort.

Ghanaische Experten informieren sich in Schweinheim und der Steinbachtalsperre über die Lehren der Hochwasserkatastrophe im Kreis Euskirchen.

Zwischen Schweinheim und Sogakope liegen etwa 5000 Kilometer Luftlinie. Und doch fühlen sich die Probleme so gleich an. Während Schweinheim beim Jahrtausendhochwasser im Kreis Euskirchen am 14. Juli 2021 stark in Mitleidenschaft gezogen worden war, schwappte vor etwa einem Monat eine Flutwelle durch den ghanaischen Ort. Zwei Stauseen liefen über, die Wassermassen waren einfach zu groß.

Ein Szenario, das es so auch vor zweieinhalb Jahren im Kreis Euskirchen gegeben hat. Um 20 Uhr kommt es an der Steinbachtalsperre zum sogenannten Kronenstau. Anschließend läuft die Talsperre bis 23 Uhr über. Bis zu 120.000 Liter Wasser pro Sekunde bahnten sich nach Angaben des Betreibers e-regio ihren Weg in Richtung Schweinheim.

Seit dem Hochwasser ist kein Wasser mehr in Steinbachtalsperre

Seit der Flutkatastrophe ist kein Wasser mehr in der Steinbachtalsperre – unter anderem, weil die Gutachten, die für den Wiedereinstau gefordert werden, noch nicht komplett sind.

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Dennoch – oder vielleicht auch gerade deshalb – ist die Steinbachtalsperre ein spannendes Projekt für die Wissenschaft, auch für Experten aus Ghana. Eine 14-köpfige Delegation war nun auf Einladung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Schweinheim.

Das Bild zeigt den Damm der Steinbachtalsperre aus der Luft. Die Scharte in der Mitte ist deutlich zu erkennen.

Die Steinbachtalsperre ist seit der Flutkatastrophe leer. Ein neues Konzept gibt es, es wird aber noch nicht umgesetzt.

Das Projekt „Bridge“ ist eine Zusammenarbeit der RWTH Aachen University und der Kwame Nkrumah University of Science & Technology (KNUST) in Kumasi, Ghana. Bei „Bridge“ geht es darum, klimatische Risiken zu identifizieren sowie zu analysieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.

„Es geht darum, dem Klimawandel insbesondere mit Blick auf Wasserwirtschaft und -ingenieurwesen zu begegnen und dies in die Lehre an den Hochschulen in Ghana und Aachen einzubauen“, erklärt Sprachwissenschaftler Bruno Arich-Gerz von der RWTH Aachen.

Das Niveau, das Schweinheim bereits erreicht hat, ist ein ganz anderes als das im Ahrtal.
Heribert Nacken, Hydrologie-Experte

Mit Blick auf die Flut im eigenen Land seien die ghanaischen Experten vor allem am technischen, aber auch am sozialen Umgang mit der Hochwasserkatastrophe am 14. und 15. Juli 2021 interessiert gewesen. Die Exkursion beinhaltete aber nicht nur den Gang an den immer noch nicht wieder geschlossenen Damm der Steinbachtalsperre, sondern auch einen Rundgang in Schweinheim.

Das Bild zeigt die Delegation aus Aachen und Ghana auf dem Dorfplatz.

Auf dem Dorfplatz in Schweinheim war auch Zeit für ein Gruppenfoto mit allen an der Exkursion Beteiligten.

Geleitet wurde er von Karl Kreuzberg, der sich als Betroffener seit der Flut um den hochwassertechnisch verbesserten Wiederaufbau seines Heimatortes bemüht. In der Kirche von Schweinheim kam es laut Arich-Gerz zu einem Gänsehautmoment. „Als Karl mit seinen Ausführungen über die Flut-Situation in der Kirche fertig war, haben die ghanaischen Gäste spontan angefangen zu singen. Das ging allen sehr nahe“, sagt der Sprachwissenschaftler im Gespräch mit dieser Zeitung.

Der Aachener Hydrologie-Experte Prof. Heribert Nacken zeigte sich vom Wiederaufbau beeindruckt. „Das Niveau, das Schweinheim bereits erreicht hat, ist ein ganz anderes als das im Ahrtal“, sagte er. Die Delegation kam auch ins Gespräch mit Schweinheimern. „Das war ein total schöner Austausch und hat beiden Seiten gutgetan“, berichtete Arich-Gerz.

Wiederaufbau nach Flut kommt in Schweinheim gut voran

Vor der Gaststätte Zum Steinbachtal ist die Flut noch in Form eines Bildes sichtbar. Es hängt im Schaukasten und zeigt, wie hoch, wie gewaltig die Wassermassen am 14. Juli durch den Ort peitschen. Ein Foto, das, wie Arich-Gerz sagte, auch bei der ghanaischen Delegation Eindruck hinterlassen hat. Sie zeigte sich nicht nur beeindruckt von dem, was der Ort in den vergangenen zwei Jahren geschafft hat, sondern auch dankbar für die geschilderten Erfahrungen.

„Der Besuch vor Ort hat uns wirklich dabei geholfen, viele der Überschwemmungsprobleme, mit denen wir auch in unserer ghanaischen Gemeinde konfrontiert sind, in einen kulturellen Kontext zu stellen“, sagte Prof. Divine Kwaku Ahadzie von der KNUST in Ghana, der mit seinen Kollegen auch zum Austausch im Dorfgemeinschaftshaus am Dorfplatz zusammenkam.

Das Dorfgemeinschaftshaus spielte nach der Flut eine wichtige Rolle, weil dort der Treff- und Verpflegungspunkt der Einheimischen, aber auch der vielen Helfer war. „Solche Treffen zeigen, wie sehr es auf der Welt brennt und wie wichtig der Kampf gegen den Klimawandel ist“, sagte Karl Kreuzberg, der die Führung durch den Ort organisiert hatte.

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