Musiker aus Roitzheim macht die WelleWie „Sizzle Whip“ aus Euskirchen die Charts erobert

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Der Roitzheimer Michael Pichler sitzt vor einem Keyboard samt Boxen und Bildschirmen und produziert ein neues Lied.

Der Roitzheimer Michael Pichler erobert die Dance-Charts. Die meisten seiner Lieder entstehen im kleinen, aber feinen Studio in den eigenen vier Wänden.

Der Roitzheimer Michael Pichler erobert mit der Single „Waves“ als Sizzle Whip die Dancecharts. Auf Spotify ist der Musiker in 85 Playlists vertreten.

Michael Pichler kann keine Noten lesen. Das geht sicherlich vielen so, aber viele sind mit diesem Handicap auch nicht Musiker und DJ geworden. „Ich hatte in der Schule in Musik eine Fünf auf dem Zeugnis“, erinnert sich der Roitzheimer.

Er habe schon immer nach Gehör und Gefühl seine Lieder komponiert. Und das macht der 46-Jährige derzeit ziemlich erfolgreich. Mit seiner Single „Waves“ stieg Pichler alias Sizzle Whip auf Platz elf in den Dance Charts ein. Eine Woche später stand der Song, den er mit Mario Beck produziert hat, schon auf Platz sechs.

Michael Pichler ist als Sizzle Whip in 85 Spotify-Playlists vertreten

Und das muss nicht das Ende der Charts sein, denn nach eigenem Bekunden steht „Waves“ mittlerweile auf 85 Spotify-Playlists. „Das ist natürlich toll. So ist die Chance, angeklickt und gehört zu werden, natürlich größer“, erklärt Pichler, der als Kind Klavier und Schlagzeug gespielt hat – auch da schon nur nach Gehör.

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Bevor der Roitzheimer in seinem Zuhause zwischen Kleiderschrank und Fensterbrett Charthits produziert hat, ging er durch die harte Schule des Lebens eines DJs. „Ich habe mit privater Lichtanlage auf irgendwelchen Partys aufgelegt“, erinnert sich Pichler: „Doch ich wollte nicht immer nur die Musik anderer Leute spielen, sondern selbst Musik machen.“

Von privaten Partys ins Kölner Bootshaus und auf die Loveparade - Roitzheimer macht als DJ Karriere

Deshalb legte er sich Drumcomputer und Synthesizer zu und kreierte eigene Sounds. Und die waren so gut, dass er sich bei einem europaweiten Contest bis unter die Top 20 vorkämpfte – von ursprünglich mehr als 100 000 Teilnehmern. Das war der Startschuss für seine Musikkarriere. Fortan trat Pichler alias Metrobeats im Kölner Warehouse auf. Den Club gibt es heute immer noch, firmiert aber seit Jahren unter dem Namen Bootshaus.

Von dort aus ging es dann zum ehemaligen Mekka der Techno-Jünger: zur Loveparade nach Berlin. In der Hauptstadt legte er zudem im ehemaligen Tränenpalast an der Friedrichstraße auf. „Mit der Zeit habe ich meinen Stil gewechselt. Das war ein Prozess“, so Pichler. Vom progressiven Techno ging es mehr und mehr in Richtung Trance und schließlich zum House.

Persönliches Sommermärchen für Michael Picheler: Euskirchener Schlaflos und Single Call on me

Im Jahr 2006 feierte Pichler sein ganz persönliches Sommermärchen. Der Roitzheimer brachte seine erste Single „Every Day“ heraus. Dafür hatte sich Pichler DJ Paytric mit ins Boot geholt. Die Nummer wurde für den 46-Jährigen zum Türöffner. Die stieß er dann mit der Folgesingle „Call on me“ richtig weit auf. Es folgten Remixe für Paul von Dyk, Kid Massive, Niels van Gogh oder Guru Josh.

Doch Pichler zog es nicht in die weite Welt. Er legte lieber in Euskirchen auf – unter anderem im „Schlaflos“ an der Kommerner Straße. „Der Betreiber kam damals auf mich zu und wollte sogar eine Single haben“, so Pichler: „Es wurde ein Housetrack.“ Schließlich wurden die Netzwerke immer größer, die Kooperationen namhafter.

So arbeitete der Roitzheimer zwischenzeitlich mit Jens Lissat zusammen, der in den 1990er-Jahren mit dem Projekt „Interactive“ und dem Remix von „Forever Young“ einen großen Charterfolg hatte. „Ich habe zur damaligen Zeit viele Remixe gemacht. Die alle aufzuzählen wäre Wahnsinn“, sagt er augenzwinkernd. „Irgendwann wollte ich aber mal die alten Zöpfe abschneiden“, berichtet Pichler. Gesagt, getan. Aus Metrobeats wurde Nogales und schließlich Sizzle Whip.

Aktueller Hit von Sizzle Whip schon zehn Jahre alt

Doch wie entsteht eigentlich ein Song? „Die Antwort wäre wahrscheinlich zu einfach, wenn man nach Gehör und Gefühl sagt“, so Pichler. Auf seinem Synthesizer befinden sich etwa 100.000 Sounds. Er probiere rum. Mal da ein Beat, mal da ein Drumset, mal dieses, mal jenes. „Manchmal kommt etwas ganz anderes heraus, als ich ursprünglich im Kopf hatte. Aber das kennt wohl jeder Künstler“, sagt Pichler. Und manches lasse sich später wieder nutzen.

So sei „Waves“ eigentlich schon zehn Jahre alt, nun aber mit der Stimme von Matthew Tessa und der Erfahrung von Mario Beck in der Produktion noch einmal verfeinert worden. Das Entstauben der Platte habe sich gelohnt, so Pichler, der für März schon Nachschub ankündigt.

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