- In Leichlingen ist ein 54-Jähriger bei einem Polizeieinsatz gestorben.
- Er hatte seine Schwester gewürgt. Als die Polizisten ihn fesseln wollten, erlitt er einen Herzinfarkt.
- Was sagt die Staatsawaltschaft zu dem Fall? Was ist über das Geschehen bekannt?
Leichlingen – Es muss für die Polizisten ein schwieriges Unterfangen gewesen sein, den Mann, der am Montagmorgen in Leichlingen fast seine Schwester erwürgt hätte, zu bändigen. Die Ermittler sprechen von einem äußerst aggressiven Verhalten des früheren Kampfsportlers, der außer sich war, sich nicht beruhigen ließ und mit Kräften Widerstand gegen seine Festnahme geleistet habe.
Wie berichtet ist der 54-jährige Leichlinger während des Polizeieinsatzes, bei dem Versuch, ihn zu fesseln, an einem Herzstillstand verstorben.
Dramatischer Todesfall
Der dramatische Todesfall hat ein Ermittlungsverfahren gegen sechs an dem Einsatz beteiligte Polizeibeamte ausgelöst. Die Kollegen sehen sich nun dem Vorwurf der übermäßigen Gewaltanwendung ausgesetzt und müssen sich wegen ihres Vorgehens rechtfertigen.
Wegen des laufenden Verfahrens und ausstehender Untersuchungsergebnisse sind Polizei und Staatsanwaltschaft mit näheren Auskünften zum Geschehen zurückhaltend. In welchem Stadtteil sich der Vorfall zugetragen hat, wurde auch am Mittwoch nicht bekanntgegeben. Die Kreispolizeibehörde des Rheinisch-Bergischen Kreises, deren Beamte betroffen sind, äußert sich nicht zu dem Fall. Die Ermittlungen gegen die Kollegen werden von einer anderen Behörde, einer dafür eingerichteten Kommission des Kriminalkommissariats 11 des Polizeipräsidiums Köln geführt. Die am Einsatz beteiligten Beamten haben aktuell wachfrei, sagte ein Sprecher der Kölner Polizei.
Hinweise auf Alkohol
Der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer bestätigte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Mittwoch, dass es auch Hinweise darauf gebe, dass der 54-Jährige in der Tatnacht alkoholisiert gewesen sei. Die schriftlichen Ergebnisse der sofort eingeleiteten Obduktion und der Blutentnahme müssten aber abgewartet werden.
Die viele beschäftigende Frage, warum der Familienstreit unter den Geschwister in der Nacht derart eskalierte, dass der Mann seine Schwester erwürgen wollte und dies auch fast geschehen wäre, wenn die Polizei nicht rechtzeitig eingeschritten wäre, ist noch ungeklärt: „Der Anlass ist uns noch unbekannt“, sagte Bremer dazu.
Ehefrau rief die Polizei
Zum tragisch verlaufenen Geschehen in der Nacht gab er preis, dass sich die Tat in der Leichlinger Wohnung des später Verstorbenen zugetragen habe. Die Schwester, die Opfer seines Angriffs war, sei dort am Montag bei ihm zu Besuch gewesen. Und auch wer die Polizei alarmiert hat, ist jetzt bekannt: Laut Staatsanwaltschaft hat die Ehefrau des Bruders den Notruf gewählt, als die Lage zu Hause lebensgefährlich eskalierte.
Als die Polizei mit mehreren Streifenwagen-Besatzungen in der Wohnung eintraf, befreiten sie die auf dem Boden liegende 44-jährige Schwester aus dem Würgegriff ihres Bruders. Wie sich später herausstellte, hatte für sie zwischenzeitlich Lebensgefahr bestanden.
Den offenbar Rasenden, der die Polizisten laut Staatsanwalt verbal und körperlich attackiert habe, schleppten die Einsatzkräfte nach draußen in den Garten, wo ihm Hand- und Fußfesseln angelegt werden sollten. Dabei erlitt der 54-Jährige einen Herzstillstand und verstarb daran trotz Reanimationsbemühungen eines Notarztes.
„Problematisch“, so Bremer, und Anlass für das Ermittlungsverfahren sei, dass der Tod eingetreten sei, als der 54-Jährige auf dem Bauch am Boden liegend gefesselt wurde. Dieser Umstand wurde schon in der am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Pressemitteilung von Polizeipräsidium und Staatsanwaltschaft besonders und auffällig betont.
Umstrittene Methode
Diese Fixierung in Bauchlage ist eine umstrittene Methode mit hohem Risiko für den Gefesselten. Amnesty International bezeichnet sie gar als Foltermethode. Sie sollte deshalb vermieden werden. In der Ausbildung werden Polizisten dahingehend geschult, damit es bei Verhaftungen nicht zu Todesfällen durch Erstickungen oder Herzstillstand kommt. Denn das ist bei Fesselungen in Bauchlage offenbar gehäuft der Fall.
Daraus, so Ulrich Bremer, resultiere, dass im Leichlinger Fall ein „Anfangsverdacht der Körperverletzung mit Todesfolge“ vorliegt und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Dass eine Fixierung in Bauchlage mit hinter dem Rücken gefesselten Armen grundsätzlich unzulässig ist, kann Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer jedoch nicht bestätigen: „Wir prüfen jetzt, welche Vorgaben bei der Polizei bestehen“, sagte er. Und zu prüfen sei auch, ob den Beamten überhaupt ein Vorwurf zu machen sei angesichts der massiven Gegenwehr des starken „Aggressors“.
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Der Leichlinger Fall erinnert jedenfalls schon jetzt fatal an die Debatte über unzulässige Polizeigewalt nach der Fixierung eines am Boden liegenden 15-jährigen Festgenommenen vor zwei Monaten in der Düsseldorfer Altstadt, die Demonstrationen ausgelöst hatte.