Saddam B. (23) äußerte sich im Landgericht umfassend über seine Verteidigerin.
Explosion vor HaustürDrogenkrieg-Beteiligter äußert sich zu seiner Rolle – „Sache völlig unterschätzt“

Der Angeklagte Saddam B. (23) mit seiner Verteidigerin Anne Kieven beim Prozessauftakt im Landgericht Köln.
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Beim laufenden Prozess um die Hintergründe des „Kölner Drogenkriegs“ hat ein weiterer Beteiligter ein Geständnis abgelegt. Der 23-jährige Saddam B. räumte im Landgericht über seine Verteidigerin Anne Kieven ein, bei der Annahme und Verwahrung von 700 Kilogramm Marihuana aus Holland geholfen zu haben. Als der Kalker Drogenbande die Hälfte geraubt wurde, eskalierte die Gewalt.
Köln: Angeklagter gesteht Beihilfe zum Drogenhandel
„Ich möchte Klarheit schaffen, kann dabei aber nur über mich selbst sprechen“, ließ Saddam B. in Saal 112 des Kölner Justizgebäudes verlauten. Vergangenen Juni sei er dabei gewesen, als ein Lastwagen vor einer Lagerhalle in Hürth gehalten habe. „Ich habe die Ware entpackt und sortiert“, so der Angeklagte. Dann habe er das Marihuana bewacht. Kurz darauf sei es zum Überfall gekommen.
„Ich hörte Geräusche und dann ging alles ganz schnell, da sind fünf oder sechs Leute in die Lagerhalle rein“, so beschrieb Saddam B. die Situation. Die Täter hätten Maschinenpistolen gehabt, ihm einen Lauf in den Mund gesteckt und ihn mit Panzerband gefesselt. Wie später bekannt wurde, raubten sie 350 Kilogramm der Drogen. „Ich konnte mich dann befreien und bin abgehauen“, so der Angeklagte weiter.
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Köln: Von drei Niederländern überfallen und bedroht
Seine Vorgesetzten hätten „natürlich“ ihm die Schuld gegeben. Wenige Tage später sei er daher wieder zu der Hürther Halle zitiert worden. Hier sei er erneut gefesselt worden. Diesmal, so die Anklage der Staatsanwaltschaft, wollten drei Niederländer an Infos zu den geraubten Drogen kommen. Sie sollen unter anderem gedroht haben, den Mitgliedern der Kölner Bande die Zehennägel zu ziehen.
Ein Zeuge aus dem Umfeld der Kölner Bande konnte die Polizei alarmieren. Die drei Niederländer wurden festgenommen, Polizisten fanden sie in einem Gestrüpp hinter der Halle. Den Beschuldigten wird parallel ebenfalls der Prozess gemacht. Sie haben alles gestanden und angegeben, in den Niederlanden beauftragt worden zu sein. Von wem, das verschwiegen sie jedoch.
Köln: Explosion vor der Wohnanschrift des Angeklagten
„Ich habe die Sache völlig unterschätzt und bereue alles“, sagte Saddam B., er habe seine Familie schwer enttäuscht. B. berichtete auch von Vergeltungsschlägen an seiner Wohnadresse in Engelskirchen. Nur wenige Tage nach der Geiselnahme in der Halle sei ein Sprengsatz vor seiner Haustür explodiert. Zu dem Zeitpunkt lebte der Angeklagte dort mit seinen Eltern und Geschwistern.
Im Komplex „Kölner Drogenkrieg“ kam es zu einer weiteren Geiselnahme und diversen Explosionen. Ermittelt wird gegen etwa 60 Beschuldigte. Als Schlüsselfigur gilt der Kölner Sermet A., der in Untersuchungshaft sitzt und auf seine Anklage wartet. Erst vor wenigen Tagen explodierte ein Sprengsatz vor einem Kalker Restaurant – es gehörte dem Vater des mutmaßlichen Drogenbosses.