Gute Laune im NieselregenNeue Leverkusener Rheinbrücke eröffnet

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Erste Fahrzeuge haben die neue Leverkusener Rheinbrücke bereits überquert. Aber es sind noch eine Reihe von Problemen zu lösen.

Eine Brückeneröffnung will generalstabsmäßig geplant sein. Deshalb steht Timo Stoppacher schon eine Stunde vor dem Festakt, der angesichts der Usselwetters ins Zelt verlegt wurde, exakt einen Meter vor dem Fahrbahnteiler, der die neue Leverkusener Rheinbrücke von der alten Autobahn trennt. „Hier werden wir das Band spannen“, sagt der Mitarbeiter der Autobahn GmbH zufrieden. Bloß nicht auf dem Fahrbahnteiler. Mit seinen feinen Rillen und kleinen Löchern, durch die das Regenwasser abfließen kann, könnte er sich als Stolperfalle erweisen.

Zwei Rollen schwarz-rot-goldenes Flatterband liegen parat. Eine in Reserve. Man kann ja nie wissen. Außerdem steht Ende 2027 ja noch die Eröffnung des zweiten Brückenteils an. Spätestens dann wird sie Verwendung finden. Soll keiner sagen, bei der Autobahn GmbH werde mit dem Geld der Steuerzahler nicht sorgfältig umgegangen. 25 Meter „Deutschland Schwarz-Rot-Gold“, 125 Millimeter Supersatin, hat Stoppacher beim Internetversandhandel „Nationalband Discount“ bestellt. 58,70 Euro – macht bei zwei Rollen 117,40 Euro. Das ist in den 1,4 Milliarden Euro Gesamtbaukosten einkalkuliert.

Im Zelt herrscht ausnehmend gute Laune. Die politischen Streitereien, wie es mit dem Autobahnausbau auf dem Kölner Ring weitergehen kann, sollen an diesem Tag lieber keine Rolle spielen.

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Neue Leverkusener Rheinbrücke ist eröffnet

An einer Biertischgarnitur hocken gemeinsam Oliver Luksic (FDP), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne), Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der in Leverkusen seinen Bundestagswahlkreis hat, und Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD).

Dass der erste Teil der neuen Rheinbrücke nach mehr als zehn Jahren freigegeben werden kann, ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich hier alle verständigen können.

Wir haben uns lange genug mit der gesperrten Brücke quälen müssen,
Oliver Krischer

„Wir haben uns lange genug mit der gesperrten Brücke quälen müssen“, sagt Oliver Krischer. Er sei froh, dass die Lkw-Sperranlagen endlich verschwunden sind. Auf einer Karnevalssitzung sei schon der Vorschlag gemacht worden, sie zum rheinischen Weltkulturerbe zu erklären. Immerhin das habe man durch den schnellen Abbau verhindern können.

„Das zeigt, es geht voran“, schmunzelt Krischer. „Aber es sind noch eine Reihe von Problemen zu lösen. Die Autobahn GmbH des Bundes wird jetzt schauen, dass sie weitere Engstellen beseitigt. Natürlich muss auch der zweite Teil der Brücke noch gebaut werden.“

Leverkusener Rheinbrücke freigegeben: Oliver Luksic vertritt Volker Wissing

Den Vertretern der Bürgerinitiative „Keinen Meter mehr“, die vor der Einfahrt zum Festzelt im Nieselregen gegen den vom Bund geplanten Ausbau der sogenannten Megastelze zwischen den Kreuzen Leverkusen und Leverkusen-West protestieren, würde wohl der Kamm schwellen, dass ein grüner Verkehrsminister in diesem Zusammenhang von der Beseitigung einer Engstelle spricht.

Dass Krischer an ihrer Seite steht, wissen sie, aber das allein wird nicht viel nutzen. „Das ist eine schwierige Situation. Wir als Land haben immer die Position der Stadt Leverkusen unterstützt. Die Stelze ist eigentlich keine Lösung. Aufgrund der Verkehrsbelastung müsste der Bund hier eine Tunnellösung schaffen. Dazu ist er bisher leider nicht bereit.“

Tunnelvariante wird vom Bund abgelehnt

Genau das bekräftigt Oliver Luksic, in Vertretung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zur Eröffnung gekommen auf Nachfrage, nachdem auch er in seinem offiziellen Statement: „Die Stelze hat ein Ablaufdatum. Deshalb haben wir mit Hochdruck eine Planung vorgelegt und müssen schnell in die Umsetzung kommen. Wir brauchen dringend einen Konsens.“

Die Tunnelvariante sei unwirtschaftlich. Überdies müsste eine „komplett neue Planung“ her. Das sei viel zu zeitaufwändig. Die Stelze nur zu sanieren, sei keine Option. „Wir müssen die Brücken an die Verkehrsleistung anpassen. Wir können hier kein Nadelöhr bauen. Das wäre nicht gut für die Verkehrssicherheit.“ Er habe Verständnis für die Interessen der Kommunalpolitik, „aber wir haben bis heute keine Antwort gehört, wer für die Mehrkosten aufkäme.“ Eine ähnliche Diskussion mit dem Land und der Stadt Leverkusen führe man beim Ausbau des Leverkusener Kreuzes. „Der Handlungsdruck ist riesengroß. Wir müssen schnell mit Stadt und Land zu einvernehmlichen Lösungen kommen. Leverkusen hat die größte Verkehrsdichte in ganz Europa.“

Lauterbach sucht nach Kompromiss bei der Megastelze

Wie soll da ein Kompromiss möglich sein? Im Einsatz für die Menschen in seinem Wahlkreis sieht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) offenbar noch Möglichkeiten. „Der Ausbau der Rheinbrücke musste unbedingt sein, aber die Gesamtplanung einer zwölfspurigen Brücke ist aus der Zeit gefallen. Wenn wir den Klimawandel bewältigen wollen, ist ein Straßenausbau dieser Größenordnung wirklich nicht mehr angemessen. Für Leverkusen ist die jetzige Planung kein Segen“, sagt Lauterbach.

„Und das für eine Zukunft, in der die Verkehrsflüsse, die jetzt geplant werden, überhaupt nicht mehr realistisch sind. Darüber bin ich mit Herrn Wissing in einem engen Austausch. Wir werden noch einmal prüfen, ob die jetzige Bedarfsplanung überhaupt noch angemessen ist. Kommen wir zu anderen Ergebnissen, muss man an die Konzeption nochmal ran.“ Das klingt nach einer Verständigung.

Einmal über die neue Brücke spazieren. Bei starkem Wind und Nieselregen macht bei der Eröffnung von der Prominenz niemand Gebrauch. Er habe viel Verständnis für den Wunsch der Bürger aus Köln und Leverkusen nach einem „Tag der offenen Brücke“, sagt Thomas Ganz, Chef der Autobahn GmbH Rheinland. Vor der Eröffnung hatte es viel Kritik gegeben, dass dies nicht eingeplant worden war. Oberste Priorität habe auf der pünktlichen Freigabe des neuen Bauwerks gelegen und es angesichts der unsicheren Wetterlage nicht riskieren wollen, dass 16 Tage Vollsperrung der A1 am Ende hätte nicht gereicht hätten. „Wir holen das nach, wenn der zweite Brückenteil in vier Jahren fertig ist.“

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