„Gezeigt, was möglich ist“Wie Fanbetreuer auf die Saison von Bayer Leverkusen schauen

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Tammy Abraham of A.S. Roma and Robert Andrich of Bayer 04 Leverkusen.

AS Rom gegen Bayer 04, Robert Andrich gegen Tammy Abraham als Spiegelbilder für eine Saison: Die Fans der Werkself erlebten Kampf, Krampf, Emotionen und ein Halbfinale in Europa.

Die Bundesligasaison ist so gut wie vorüber – und Verantwortliche der Bayer-04-Fanbetreuung und des Fanprojektes Leverkusen ziehen ein Fazit. 

Wenn Andreas „Paffi“ Paffrath auf die nun endende Saison von Bayer 04 zurückblickt, dann tut er das mit einem Satz, der all das ausdrückt, was letztlich trotz allem zählt. Trotz einer miserablen Hinrunde. Trotz eines pickepackevollen Terminkalenders durch die Weltmeisterschaft in Katar. Trotz aller Arbeit und jeder Menge Stress.

Der Chef der Fanbetreuung von Bayer 04 sagt nämlich: „Wenn ich daran denke, stellen sich mir immer noch alle Noppen auf!“, und meint, natürlich, das Halbfinal-Rückspiel in der Europa League gegen die AS Rom. Dieses Spiel und der ganze Tag drumherum ist das, was bleibt und Andras Paffrath als erstes einfällt, wenn es um ein Fazit seiner Tätigkeit und seines Fan-Daseins in der Saison 2022/23 geht. 

Andreas „Paffi“ Paffrath, Rüdiger Vollborn, Frank Linde und Sebastian Friedrich (v.r.) Werkself

Das Team der Fanbetreuung von Bayer 04: Andreas „Paffi“ Paffrath, Rüdiger Vollborn, Frank Linde und Sebastian Friedrich (v.r.).

Was in Leverkusen möglich ist

Klar: „In der ersten Saisonhälfte dachten hier viele, wir würden möglicherweise sogar absteigen“. Aber dann löste Xavi Alonso den glücklosen Gerardo Seoane als Trainer ab. Führte die Werkself ins Europacup-Halbfinale. „Und dieses Halbfinale hat dann – trotz des Ausscheidens am Ende – gezeigt, was hier in Leverkusen möglich ist.“

Das Treffen der Fans in Opladen, der Fanmarsch zum Stadion, der Empfang des Mannschaftsbusses mit Pyro und Feuerwerk und lauten Gesängen, die Stimmung während des Spieles – die Gesamtgemengelage setzte Maßstäbe. „Wir haben solch eine Atmosphäre damals in der Champions League gegen Liverpool mal zeitweise hinbekommen. Aber noch nie über ein gesamtes Spiel und einen Tag lang hinweg durchgehend.“ „Damals“ – das ist 2002. Vor 21 Jahren. Lange her.

Choreografie der Fans von Bayer 04 Leverkusen vor dem Halbfinal-Rückspiel der Europa League gegen die AS Rom in der Bay-Arena.

Eine Sache, die bleiben wird: Die Choreografie der Fans von Bayer 04 vor dem Halbfinal-Rückspiel gegen die AS Rom.

Die Fanszene habe sich wirklich reingehängt. „Ich meine: Sich zwei Wochen lang in den Osterferien jeden Tag in die Turnhalle einer Schule zu setze und an Choreografien zu arbeiten, ist nicht selbstverständlich.“ Ebenso wie die beeindruckende Zahl von 15.000 Vorbestellungen für Final-Tickets in der Europa League, ehe das Halbfinale überhaupt absolviert war. Insofern ist sogar ein alter Hase wie Andreas Paffrath beeindruckt.

Freude auf die Sommerpause

Und so geht es auch Daniela Frühling. Die Diplom-Sozialpädagogin leitet mit ihrem Team das Fanprojekt Leverkusen, arbeitet eng mit der Bayer-04-Fanbetreuung zusammen und ist ebenfalls noch immer begeistert von dem Aufeinandertreffen mit Rom. Gleichwohl betont sie auch: „Ich bin froh, wenn die Saison vorbei und erst einmal Pause ist.“

Daniela Frühling und Riccardo Bitonti.

Daniela Frühling und Riccardo Bitonti vom Fanprojekt Leverkusen – hier am Tag des Spiels gegen Rom bei der Fanfeier in Opladen – hatten eine Saison mit Stress und tollen Erlebnissen.

Ob der engen Termindichte im vergangenen Sommer und Herbst sei 2022/23 schon „hart“ gewesen. Alle vier, fünf Tage stand ein Spiel an. Bundesliga und Europacup wechselten sich stetig und ohne Pause ab, da ja die WM anstand. „Ich wusste zeitweise gar nicht mehr, wo wir als nächstes hin müssen.“ Ohne wechselnde Schichten mit ihren Kollegen Riccardo Bitonti und Michael Trojahn, der zu Saisonbeginn neu hinzugestoßen war zum Fanprojekt und „sich natürlich auch erst einmal einfinden musste“, sei es gar nicht möglich gewesen, alle Aufgaben zu bewältigen.

Der Fußball als Zeitfresser. Auch Andreas Paffrath kann ein Lied davon singen: „Durch die enge Taktung sind einige Dinge, die abseits des Feldes oder Fanblocks erledigt werden sollten, liegen geblieben.“

Positives Fazit

Und doch blicken diejenigen, die sich seit Jahren rührig um die Fanarbeit der Werkself kümmern, positiv zurück. „Wir hatten Befürchtungen gehabt, dass die Pandemie die Leute auch nach Ende der Beschränkungen aus den Stadien halten würde“, erinnert sich Andreas Paffrat zurück. „Aber das Gegenteil war der Fall.“ Was auch Daniela Frühling bestätigt.

Andreas Paffrath, Andrea Frewer, Pia Kuhne, Daniela Frühling und Sebastian Friedrich.

Ein wichtiges Projekt in dieser Saison war die Aktion „Luisa“ gegen sexualisierte Gewalt im Stadion, die von der Fanbetreuung, dem Fanprojekt und dem Frauennotruf vorgestellt wurde.

Weitere Aspekte für ein positives Saisonfazit: Das Projekt „Luisa“ gegen sexualisierte Gewalt und Übergriffe im Stadion sei angelaufen und mittlerweile bei allen bekannt, sprich: ein voller Erfolg. Es habe viele organisierte Fanfahrten zu Spielen gegeben. Die dem Fanprojekt angeschlossenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen unternahmen mehrere Exkursionen – und kickten unter anderem Fußball gegen Fanprojekt-Teams aus NRW sowie gegen Insassen der Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Ronsdorf. „Das waren prägende Begegnungen“, sagt Daniela Frühling. 

Nun ist aber erstmal Sommerpause. Ein Spiel der Werkself noch gegen den VfL Bochum am Wochenende, die mögliche Qualifikation für die Europa Conference League oder die Europa League – und Schluss. Bis Juli. „Ich freue mich auf die Auszeit“, sagt Andreas Paffrath – und schiebt hinterher: „Und darauf, wenn es wieder losgeht.“

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