Film über Opladener Steffen MeynEin Abend der Emotionen und des Dankes im Scala

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Diskussionsrunde zum Film "Vergiss Meyn nicht" im Scala-Cinema Opladen.

Für viele Menschen war die Vorführung des Films „Vergiss Meyn nicht“ im Scala-Cinema bewegend und warf Fragen auf, die in einer Diskussionsrunde mit den Regisseuren gestellt wurden.

Am Freitag wurde der Film „Vergiss Meyn nicht“ über den 2018 im Hambacher Forst tödlich verunglückten Opladener Steffen Meyn erstmals im Scala-Cinema gezeigt.

Hinterher, als alles vorbei, der Film zu Ende und Steffen Meyn vor aller Augen irgendwie noch einmal gestorben war, sprach Caroline Kox einen Satz, der diesen allumfassenden Abend – allumfassend im Sinne von bewegend, liebevoll, traurig, wichtig und schön zugleich – perfekt beschrieb: „Ich bin froh, heute hier zu sein. Denn ich weiß, dass das hier die Stadt ist, wo Steffen herkam.“ Den Film, dem unter anderem sie die Musik geschenkt hatte, an diesem Ort zu sehen, bedeute ihr etwas. Was eher klang wie: viel. Und damit erging es Caroline Kox letztlich ebenso wie den vielen, die ins Opladener Scala-Cinema gekommen waren, um sich gemeinsam „Vergiss Meyn nicht“ anzuschauen: Diese 100 Minuten bedeuteten ihnen eine kleine Welt. 

Heimgebracht zu Freunden und Familie

Steffen Meyn aus Opladen war 2018 im Hambacher Forst zu Tode gekommen. War von einem Baum gestürzt, von dem aus der Filmemacher und Journalist die Besetzung des kleinen Wäldchens zwischen Köln und Aachen durch Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten und dessen vom Kohlekonzern RWE veranlasste sowie von der Polizei durchgezogene Räumung er dokumentiert hatte.

Nach seinem Tod hatten sich die Regisseure Kilian Kuhlendahl und Jens Mühlhoff sowie die Regisseurin Fabiana Fragale des von ihm aufgenommenen Videomaterials angenommen. Hatten es über fünf Jahre sondiert,  geordnet, zusammengeschnitten, um Interviews mit Beteiligten ergänzt. Und vor wenigen Wochen eben diesen Film, „Vergiss Meyn nicht“, herausgebracht, der Steffen Meyn ein Andenken setzt. Der seiner Arbeit Rechnung trägt. Der ein maximal erhellendes Licht auf die von vielen Unbeteiligten aus diffusem Nicht-Wissen heraus kritisierte Szene der Aktivistinnen und Aktivisten in all ihrer Motivation, Überzeugung, Zerrissenheit und Unsicherheit wirft.

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Sie hatten sogar erste Preise – etwa bei der jüngsten Berlinale – erhalten. Und nun brachten sie den Film endlich dorthin, wo er am allermeisten hingehört: in Steffen Meyns Heimat. Nach Opladen. Zu seiner Familie und seinen Freundinnen und Freunden.  

Viele aus Meyns Umfeld waren gekommen

Von denen waren viele gekommen. Menschen aus dem Umfeld des Kulturausbesserungswerks (KAW) und des Jungen Theaters und anderer Schauspielgruppen vor allem. Sie hatten während der Vorführung im ausverkauften Saal gelacht, wenn sie Steffen Meyn auf der Leinwand sahen – diesen Fahrradhelm mit der aufmontierten 360-Grad-Kamera auf dem Kopf. „800 Euro teuer“, wie er betont hatte. Sie waren spür- und hörbar bestürzt, als es um den Tod ihres Freundes ging. Und sie hörten hinterher begierig den Worten der anwesenden Regisseure und der beiden für die intensive, eindringliche Musik zuständigen Caroline Kox und Antonio de Luca zu, als diese eben von ihrer Arbeit an „Vergiss Meyn nicht“ erzählten.

De Luca etwa betonte, dass er es ja gewohnt sei, an Filmen mitzuwirken, in denen Menschen sterben. Aber dieses Mal sei alles anders gewesen. „Dieses Mal war der Tod kein dramaturgisches Vehikel. Er war real.“ Dieser Film, an dem ihm sehr viel liege, sei dadurch ein einmaliger Moment in seinem Leben. Ein „Once-In-A-Lifetime-Moment“. Respekt und Demut waren aus diesen Worten ebenso herauszuhören wie Stolz und Empathie für alle, die den Menschen Steffen Meyn für immer verloren haben.     

Regisseur Jens Mühlhoff wiederum war es anzuhören, wie sehr ihn dieses Filmprojekt über einen, den er selbst zu seinen engen Freunden gezählt hatte, nach wie vor berührt und mitnimmt: Es sei noch immer „extrem emotional“ für ihn, die 100 Minuten zu schauen, denen er und die anderen so viel Zeit und Mühe gewidmet hätten. Überhaupt: „Es ist eine riesige kapitalistische Schlacht, so ein Projekt in die Tat umzusetzen.“ Aber zu dritt sei es gegangen. Zu dritt habe es funktioniert. Sei jeder für jeden eingesprungen, wenn es mal nicht mehr weitergegangen sei. 

Dafür gebührt Mühlhoff und den anderen großer Dank. Dank, der an diesem wichtigen und besonderen Abend in Opladen in jedem Moment durch Tränen, drängende Fragen, Lächeln und viel Applaus hör-, spür- und sichtbar wurde. 

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