Prozess um getötete MyrnaAmtsgericht Opladen verurteilt Lkw-Fahrer

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Am 24. April wäre die beim Unfall tödlich verletzte Myrna zwölf Jahre alt geworden.

Am 24. April wäre die beim Unfall tödlich verletzte Myrna zwölf Jahre alt geworden.

  • Am 11. Oktober wird die elfjährige Myrna auf ihrem Schulweg von einem Lkw überfahren.
  • Am Freitag verkündete das Amtsgericht Opladen das Urteil: Der 29-jährige Lkw-Fahrer wird wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.
  • Myrnas Mutter zweifelt an der Entschuldigung des Angeklagten.
  • Hätte der Unfall vermieden werden können? Was sagt das Verkehrsgutachten aus? Lesen Sie hier den kompletten Gerichtsbericht.

Leverkusen – Eine halbe Sekunde – diese Zeit hätte ausgereicht und es wäre nicht zu dem tödlichen Unfall am 11. Oktober gekommen.

Eine halbe Sekunde, dann wäre die elfjährige Myrna, die auf ihrem Weg zur Schule überfahren wurde, an dem Lkw vorbei gewesen und wäre mit ihrem Leben davon gekommen. Zu diesem Schluss kommt ein Verkehrsgutachten, das am Freitag beim Prozess um den Tod des Mädchens vorgestellt wurde.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Unfall hätte vermieden werden können. 14 Sekunden stand der 29-jährige Angeklagte an der Tankstellenausfahrt zur Elisabeth-Langgässer-Straße und wartete auf eine grüne Ampel. Zeit, die er nicht genügend genutzt hat, um sich zu vergewissern, dass der Weg vor ihm frei war.

Die Elisabeth-Langgässer-Straße hat jetzt ein kurzes Stück Radweg und eine zusätzliche Ampel.

Die Elisabeth-Langgässer-Straße hat jetzt ein kurzes Stück Radweg und eine zusätzliche Ampel.

Dabei hätte er sich lediglich nach vorne beugen müssen, um den Gehweg, auf dem das Mädchen mit ihrem Rad fuhr, einzusehen.

Nicht sorgfältig genug geschaut

Das könne man von einem Lkw-Fahrer erwarten, befand der Richter am Schöffengericht. „Sie haben die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen“, begründete er dann auch das Urteil, das da lautete: Fahrlässige Tötung, Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, die allerdings zur Bewährung aussetzt wurde, da der 29-Jährige einen Beruf ausübt und in „geordneten Verhältnissen“ lebt. Zusätzlich verhängte das Gericht ein Fahrverbot: Sechs Monate lang darf der Angeklagte Fahrzeuge über 3,5 Tonnen nicht führen. Auch eine Geldstrafe muss er hinnehmen: 2400 Euro wird er an das Kinderhospiz Düsseldorf zahlen.

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Mit diesem Urteil folgte das Gericht größtenteils den Forderungen der Klägerseite: Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und den Entzug der Fahrerlaubnis von einem Jahr gefordert. Vorangegangen war eine emotionale Verhandlung. Der Angeklagte, der nervös ein Schweißband in den Händen knetete, zeigte sich geständig und entschuldigte sich bei den Eltern, die als Nebenkläger auftraten. „Wenn es geht, würde ich den Tag zurückdrehen“, brachte er hervor, allerdings ohne besonderen Nachdruck. Diesen Eindruck hatten auch Myrnas Eltern. „Bis heute haben wir von dem Angeklagten nie etwas gehört – was uns entsetzt hat“, echauffierte sich die Mutter vor Gericht. „Die Entschuldigung ist bei uns nicht angekommen“, beschreibt sie ihre Gefühle.

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Stark frequentiert ist der Willy-Brandt-Ring auf der Höhe der Aral-Tankstelle.

Gute drei Stunden drehte es sich am Freitag in Opladen um die 14 Sekunden, die der Lkw an der Ausfahrt stand. Und um den Angeklagten selbst: Es ist nicht sein erster Strafbefehl. Wegen einer Unfallflucht war ihm in der Vergangenheit bereits der Führerschein für fünf Monate entzogen worden. Es ging um Seitenspiegel, Frontspiegel und um die Geschwindigkeit, mit der der 29-Jährige am 11. Oktober um kurz vor acht letztendlich anfuhr, die laut Verkehrsgutachten als „normal, aber zügig“ angesehen wurde. Er war schlicht und ergreifend davon ausgegangen, dass der Weg vor ihm frei ist. Bilder und ein Video der Überwachungskamera der Tankstelle wurden vorgeführt.

Myrnas Eltern hielten sich an den Händen, als es abgespielt wurde. Als der Richter fragte, wann genau der Angeklagte denn gemerkt hätte, dass etwas nicht stimmt, und er antwortete „am Schleifgeräusch“, stöhnte Myrnas Mutter auf und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Sie machte keine Hehl daraus, dass sie das Urteil für zu mild hält: „Mild im Gegensatz zu dem, was wir bekommen haben – lebenslänglich.“

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