1874 gegründetKirchenchor Cäcilia Hitdorf feiert sein 150-jähriges Bestehen

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Etwa 20 Männer in feiner Kleidung Kleidung posieren für ein Foto.

Der Chor im Jahre 1899 anlässlich seines 25. Geburtstags.

Bis in die Kaiserzeit reicht die Tradition des katholischen Gesangsvereins zurück. Das soll nun mit einer Feier begangen werden.

Wenn der SV Bayer Leverkusen und seine Fans am kommenden Sonntag, 26. Mai, zum Abschluss der historischen Saison die Stadtmitte in rot und schwarz tauchen, steigt keine sieben Kilometer vom Ulrich-Haberland-Stadion entfernt noch eine andere, ebenfalls historische Feier. 

Dann nämlich feiert in Hitdorf der „Kirchenchor Cäcilia Hitdorf“ sein 150-jähriges Bestehen. In dieser Zeit hat der Kirchenchor zwar keine Fußballmeisterschaft gewonnen, mit seinem Gründungsjahr 1874 ist er aber stolze 30 Jahre älter als der erst 1904 gegründete Werksverein SVB.

Gründung in der Zeit des Kulturkampfs

Es war der Herbst des Gründungsjahres, in dem auf Anregung ihres Pfarrers erstmals gesangsbegeisterte und gläubige Hitdorfer zusammenfanden, um zusammen den Choralgesang zu üben. Zu Weihnachten des gleichen Jahres gab es einen der ersten Auftritte vor Publikum. Hitdorf war damals eine noch kleinere Gemeinde als heute, die Gründung der Stadt Leverkusen noch fast 60 Jahre hin. Den Bayer-Konzern gab es erst ein gutes Jahrzehnt – und noch lange nicht in Wiesdorf, sondern in Barmen als „Friedr. Bayer et Comp“.

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Am Anfang war der Chor ausschließlich männlichen und katholischen Hitdorfern vorbehalten. Die Geschlechtertrennung, vor allem aber die Konfessionstrennung spiegelten dabei den historischen Kontext wider. Denn im Jahr 1874 spitzte sich der Kulturkampf zu. Die preußisch-protestantisch dominierte Führung des 1871 gegründeten neuen deutschen Kaiserreichs legte sich mit seiner katholischen Bevölkerung an. Gesetze wurden erlassen, um die Macht der katholischen Kirche in Deutschland einzuschränken.

„Der Anlass für die Gründung des Chors war der Gedanke ‚Wir sind die Katholiken und wir zeigen es jetzt mal den Preußen‘“, sagt Norbert Brinkschulte-Mörsberger. Er ist heute der Vorsitzende des Kirchenchors. Dass man einen explizit katholischen Chor ins Leben rief, sei ein „Zeichen gegen die Obrigkeit“ gewesen.

Protest und Musik

In den Jahren darauf trat der Chor immer wieder bei Feierlichkeiten der katholischen Kirche auf. So zum Beispiel beim Amtsjubiläum von Papst Pius IX. 1886. Konzerte des Chors dienten auch dazu, Geld für Kirchenzwecke zu sammeln. So beispielsweise im Jahr 1879, als man für den Bau der Kirche St. Stephanus in Hitdorf sang.

Doch nicht nur ihr Glaube und der Protest gegen die Einschränkungen ihrer Religionsfreiheit lagen den Chorsängern am Herzen, sondern offenbar auch die Musik selbst: „Die haben das musikalisch ganz gut hingekriegt und waren nach ein paar Jahren schon 50 Mann“, berichtet Brinkschulte-Mörsberger mit einem Blick auf die Chor-Chronik. Die Musik half auch dabei, die Konfessionsgrenzen zu überwinden. Schon früh gab es Kooperationen mit dem wenige Jahre zuvor gegründeten und ebenfalls noch immer bestehenden „Hitdorfer Männerchor“.

Der Chor im Wandel der Zeit

Im Laufe der nächsten Jahrzehnte durchlief der Chor viele Veränderungen. Zwei Weltkriege sorgten dafür, dass viele Sänger eingezogen wurden und an die Front mussten. Teilweise blieb den verbliebenen Mitglieder keine andere Wahl, als den Chorbetrieb ganz ruhen zu lassen. Nicht alle Chormitglieder kehrten von den Schlachtfelder zurück.

In den 1920ern spielte der Chor erstmals auch Theaterstücke und erweiterte damit sein Repertoire. Auch die Emanzipation der Frau und die schwindende Bedeutung von Konfessionsgrenzen schlugen sich im Chor nieder. Ab 1946 wurden Frauen als Vollmitglieder zugelassen. In den Jahrzehnten danach sangen auch viele Nicht-Katholiken in den Reihen der Cäcilia: „Die katholische Abgrenzung ist bei uns lange vorbei.“

Heute muss sich der Chor dem demografischen Wandel der Gesellschaft anpassen. Von den 26 aktiven Mitgliedern ist das jüngste 43, das älteste 85 Jahre alt. Tendenziell steigt der Altersdurchschnitt, Nachwuchs gibt es zu wenig. Noch ist diese Entwicklung nicht akut existenzbedrohend, doch mittelfristig mache man sich schon Gedanken über die Zukunft des Chors, erklärt Brinkschulte-Mörsberger.

Die Jubiläumsfeier steht an

Jetzt steht aber erstmal das Jubiläum an: „Den Meilenstein 150 Jahre wollen wir feiern mit ganz vielen Menschen, die dem Chor auf die eine oder andere Weise verbunden sind.“ Und das sind einige. Schließlich ist die Cäcilia bis heute regelmäßiger Gast auf Schützenfesten, beim Karneval und natürlich auch bei Gottesdiensten.

Mit einem solchen wird das Festprogramm am Sonntag auch starten. Um 9.30 Uhr beginnt der Gottesdienst in St. Stephanus. Danach sind alle Gäste in die Hitdorfer Stadthalle eingeladen. Vom Vormittag bis in den Nachmittag hinein wird es hier Aufführungen der Tanzgarde der „Hetdörper Mädche un Junge“ und des Langenfelder Kinder- und Jugendchors geben. Dazu erwartet ein kleiner Imbiss sowie Kaffee und Kuchen die Gäste.

Es ist also alles angerichtet für den runden Geburtstag einer der ältesten Kulturinstitutionen des Leverkusener Stadtgebiets.

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