Die vergangenen 35 Jahre waren für die Leverkusener Krebsberatungsstelle „Help“ von Wandel und Herausforderungen geprägt.
„Es geht hier um das Leben“Leverkusener Krebsberatungsstelle unterstützt seit 35 Jahren Betroffene

Das Team und der Vorstand der Leverkusener Beratungsstelle für Krebsbetroffene.
Copyright: Violetta Gniß
Zuhören, wenn Betroffene einen Gesprächspartner suchen, Menschen Übergangsphase psychologisch begleiten, bis ein Therapieplatz gefunden ist, in der Krise beraten – um alle diese Bereiche kümmert sich „Help“, die Leverkusener Beratungsstelle für Krebsbetroffene. In diesem Jahr leistet der Verein diesen gesellschaftlichen Beitrag schon 35 Jahre.
1990 gründete sich „Help“ aus einer Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger. Die Mildred-Scheel-Stiftung, die sich mit Krebsforschung beschäftigt, habe damals den Blick auf die Erkrankung verändert, berichtet Ingrid Baare, Leiterin der Beratungsstelle. „Krebs war seitdem nicht mehr schändlich oder abschreckend, so ergab sich auch in Leverkusen die Idee, Menschen mit der Erkrankung begleiten zu wollen“, so Baare. Im Umkreis habe die Stadt mit der Beratungsstelle eine Vorreiterfunktion übernommen.
Doch nicht alle Jahre nach der Gründung verliefen reibungslos – insbesondere in finanzieller Hinsicht war der Verein zeitweise gefordert, kreative Lösungen zu finden. In diesen schwierigeren Zeiten musste der Verein Mitarbeitenden das Gehalt kürzen und konnte nur durch Spenden und Sponsoren weiterbestehen. „Ich habe es aus Idealismus gemacht und so wurde ich auch bezahlt“, erinnert sich Baare. Heute übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) den größten Teil der Finanzierung der Beratungsstelle, ergänzt durch Mitgliederbeiträge und Spenden.
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„Help“ kooperiert eng mit dem Leverkusener Klinikum
„Help“ arbeitet eng mit dem Klinikum Leverkusen zusammen und begleitet auch dort die Psychoonkologie. Wann Betroffene die Beratungsstelle aufsuchen, sei allerdings sehr unterschiedlich, sagt die Psychoonkologin Dana Hilmer von „Help“: Vom Tag der Diagnose bis zur abgeschlossenen Behandlung hätte sie schon alles erlebt. „Jeder muss selbst entscheiden, wann und ob man die Beratung in Anspruch nehmen möchte. Es ist nur wichtig, dass Betroffene früh genug von dem Angebot erfahren, damit sie selbst entscheiden können“, so Hilmer.
Und so können Erkrankte die Beratung auf ganz unterschiedliche Weisen nutzen. Viele kommen in der akuten Krise, möchten über ihre intensiven Gefühle sprechen – Trauer, Wut, Angst vor der Zukunft. Durch die Kooperation mit der Onkologie im Klinikum betreut „Help“ Betroffene ambulant, wenn ihr stationärer Aufenthalt beendet ist. In den vergangenen Jahren sei die Entwicklung erkennbar gewesen, dass vielfach ambulant gearbeitet werde. „Die Kontaktzeit zwischen Behandlungsteam und Betroffenen wird kurz, wir werden wichtiger“, erklärt Hilmer.
Wir werden wichtiger.
Dies zeichnet sich auch in konkreten Zahlen ab: 2062 Beratungseinheiten führte „Help“ 2024 durch. Grund für diesen hohen Bedarf ist aber wohl auch, dass die Bevölkerung immer älter wird und Erkrankungen früher erkannt werden. Dadurch stellen Ärztinnen und Ärzte insgesamt mehr Krebsdiagnosen. Hinzu kommt eine steigende Bereitschaft, Beratungsangebote anzunehmen. „Die Leute wissen, dass man nicht total durchgeknallt sein muss, um einen Psychotherapietermin anzunehmen“, sagt Dana Hilmer. Sie würde sich freuen, wenn das Thema mentale Gesundheit generell präventiver betrachtet werden würde: „Es muss nicht die tiefste Krise oder die schlimmste Diagnose sein, mit der jemand zu uns kommt.“
Neben der psychologischen Komponente berät „Help“ auch sozialrechtlich. Wie beantrage ich Reha? Ist ein Schwerbehindertenausweis kostenlos? Wie gehe ich mit meinem Beruf weiter um? Auch diese scheinbar pragmatischeren Fragen finden in der Beratung einen Platz. Zusätzlich zur Einzelberatung bietet „Help“ Austausch in Gruppen mit anderen Krebspatienten an. „Hier können sich die Betroffenen über das austauschen, was sie aktuell bewegt – Freude, Sorgen, wir geben den Gefühlen Raum und üben Selbstfürsorge“, erklärt die Psychologin.
Es geht hier um das Leben.
Grundsätzlich ist es „Help“ immer ein Anliegen, gemeinsam mit den Betroffenen einen Weg im Umgang mit der Erkrankung zu finden – das bedeutet: Raum für Lebensfreude genauso wie Raum für die Angst vor der nächsten Untersuchung. „Es geht hier um das Leben“, betont Vorstandsvorsitzende Barbara Wachtler, „es geht darum, Lebensqualität zu erhalten oder zu steigern“.
Die häufigste Krebserkrankung, mit denen die Beratenden in den Sprechstunden konfrontiert werden, ist dabei laut Dana Hilmer Brustkrebs. Schließlich wenden sich immer noch deutlich mehr Frauen an Beratungsstellen. Männer tun sich noch sichtbar schwerer, Unterstützung anzunehmen oder offen über ihre Gefühle zu sprechen. Eine Entwicklung sei allerdings erkennbar, so Hilmer.
In den vergangenen Jahren hat „Help“ viele Entwicklungen miterlebt. Dass sich die Beratungsstelle heute als feste Ansprechpartnerin für Krebsbetroffene in Leverkusen etabliert hat, ist das Ergebnis von 35 Jahren Engagement, Idealismus und stetigem Wandel. In einer Zeit, in der ambulante Versorgung wichtiger wird und das Leben mit Krebs neue Fragen aufwirft, bleibt „Help“ ein Ort, an dem Sorgen genauso Platz haben wie Hoffnung.
Für alle Interessierten – nicht nur für Betroffene – bietet „Help“ alle drei Monate ein Infocafé an, um sich über die Beratungsstelle zu informieren. Das nächste Mal lädt „Help“ für den 28. Oktober um 15.30 Uhr dazu in die Friedrich-Ebert-Straße 98 ein.