Die Herausforderungen der Integration sind an der Pflegeschule des Klinikums besonders vielschichtig.
Klinikum LeverkusenDiskriminierung ist in der Pflege ein vielschichtiges Problem

Die Auszubildenden Leandra Brauer (l) und Pascal Lucas (r) nehmen die Auszeichnung von Bundestagsabgeordneten Nyke Slawik (M) entgegen.
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1421 Schulen tragen alleine in NRW mittlerweile das Label „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage.“ An Schulen, die sich mit dem Label schmücken, haben sich Schülerinnen, Schüler und Mitarbeitende dazu verpflichten, jeder Form von Diskriminierung entschlossen entgegenzutreten. Dazu gehört nun auch die Pflegeschule des Klinikums Leverkusen. Dass die Problematik hier vielschichtiger ist, als an Regelschulen, zeigt sich bei der Feierstunde zur Plakettenübergabe.
„Viele unserer Schülerinnen und Schüler haben eine Migrationsgeschichte“, sagt Pflegepädagoge Florian Krasniqi, der das Projekt an der Schule betreut. „Von ihnen hören wir leider immer wieder, dass sie bei den praktischen Teilen der Ausbildung von Patientinnen und Patienten oder deren Angehörigen diskriminierend behandelt werden.“ Einer Studie nach erleben 80 Prozent aller Pflegekräfte mindestens einmal im Jahr Diskriminierung, berichten die Leverkusener Auszubildenden Leandra Brauer und Pascal Lucas. Die Folge: Dauerstress, Angst und Erschöpfung, Motivationsverlust. „Einige geben den Beruf dann auf und so verschärft sich der Fachkräftemangel weiter“, erklärt Leandra Brauer, die im dritten Ausbildungsjahr ist.
Gleichzeitig fühlen sich auch Patientinnen und Patienten häufig diskriminiert: nicht nur aufgrund ihrer Herkunft, sondern teilweise auch wegen ihres Geschlechts oder Alters. „Wir haben hier Menschen in ihren verletzlichsten Situationen vor uns, das muss man Bedenken“, sagt Pascal Lucas.
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Auch Deutsche fühlen sich diskriminiert
Und letztlich betrifft Diskriminierung im Pflegebereich nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund, betont eine langjährige Mitarbeiterin. Sie als deutsche Frau habe schon mehrfach Probleme vor allem mit männlichen Kollegen gehabt, die sie nicht respektieren oder übergriffig behandelt haben. Das bestätigt auch Ausbilder Florian Krasniqi: „Wir hatten einmal einen jungen Syrer, der seiner sehr erfahrenen Vorgesetzten gesagt hat: Sie haben mir gar nichts zu sagen, ich will einen Mann sprechen.“ Natürlich sei auch das Teil des Programms, allen Mitarbeitenden das in Deutschland geltende Wertesystem beizubringen. Krasniqi selbst weiß, was Diskriminierung im Alltag bedeutet: „Eine Wohnung haben meine Freundin und ich erst bekommen, als sie mit ihrem sehr deutschen Nachnamen die Anfragen bei Vermietern gestellt hat.“
Grundsätzlich sei die Vielfalt in der Mitarbeiterschaft „ein riesengroßer Vorteil“, betont Anja Mitrenga-Theusinger. Übersetzten, Verständnis für verschiedene kulturelle Bedürfnisse – „hier können wir einander ganz viel helfen“. Das System funktioniere aber nur „wenn Patientinnen und Patienten – egal, woher sie kommen, welche Hautfarbe sie haben und wen sie lieben – auf eine unumstößlich hilfsbereite und respektvolle Behandlung zählen können – und im Gegenzug allen Beschäftigten selbiges entgegenbringen.“ Deswegen sei sie sehr glücklich über die Initiative der Pflegeschule und betont die Unterstützung der Geschäftsführung.
Als Patin hat die Pflegeschule die Leverkusener Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik gewonnen. Selbst im Deutschen Bundestag müsse man sich noch heutzutage als Frau „noch einiges gefallen lassen.“ Nicht einmal ein Drittel der Bundestagsabgeordneten sind weiblich. „Nur gemeinsam können wir ein Klima schaffen, in dem sich alle wohlfühlen“, sagte Slawik. Das Siegel sei dafür kein Garant und kein Freifahrtschein – sondern eine Selbstverpflichtung, sich aktiv einzumischen. „Ein Auftrag, den ihr euch selbst gebt“, sagt Slawik in die Runde der Pflegeschüler.

