BundestagsabgeordneteNyke Slawik erklärt in Leverkusener Schule, was „transgender“ bedeutet

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Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik (Grüne) sprach in der Aula ihrer alten Schule, der Marienschule in Opladen, über den Bundestag, Diversität und Lützerath.

Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik (Grüne) sprach in der Aula ihrer alten Schule, der Marienschule in Opladen, über den Bundestag, Diversität und Lützerath.

Die Grünen-Politikerin und ehemalige Schülerin der Marienschule sprach über ihr Outing am katholischen Gymnasium.

Als Nyke Slawik das letzte Mal in der Aula der Marienschule war, sah das Gymnasium noch anders aus. Nicht äußerlich, innerlich vielmehr. Slawik hatte gerade ihre Abiturprüfungen abgelegt und „trans“ war für viele ein Fremdwort. Am Dienstag kam sie nach elf Jahren als Grünen-Bundestagsabgeordnete für Leverkusen zurück in die Opladener Schule. Vor rund 100 Schülern und Lehrern sprach sie über ihr Leben als junge trans Frau in der katholischen Schule.

Ihr Outing war für Slawik unumgänglich: „In meiner Kindheit habe ich mich schon als weiblich identifiziert, aber wegen des gesellschaftlichen Drucks immer versucht, die Jungenrolle auszufüllen. Mit 15, 16 Jahren ging das einfach nicht mehr.“ Das Geschlecht, das ihre Eltern, die Hebamme und die Gesellschaft ihr bei der Geburt zugewiesen haben, passte nicht. Sie identifizierte sich nicht als Junge.

„Wir leben in einer Gesellschaft der cis-Normativität. Cis, also nicht trans. Und Normativität, was wir als normal empfinden. Und diese Normativität ist geprägt von einer binären Vorstellung zweier Geschlechter: Mann und Frau“, erklärte Slawik den Oberstufenschülern. „Es gibt aber einfach trans Menschen, die merken, dass etwas mit dem zugeordneten Geschlecht nicht stimmt.“ 

Slawik sieht Marienschule auf gutem Weg

Eine Therapie im queeren Jugendzentrum „Anyway“ in Köln gab ihr den Mut, sich zu outen. „Nach den Herbstferien ist es so weit“, dachte sich Slawik. Von der Marienschule erhielt sie Unterstützung. Mit dem Vertrauenslehrer und der Schulleitung besprach sie, wie sie ihr Outing öffentlich machen möchte. Vor ihrem Leistungskurs erklärte sie die Situation und beantwortete Fragen.

Die Reaktionen waren gemischt: „Es gab schon Sachen, die waren sehr uncool.“ Eine ihrer engsten Freundschaften zerbrach aufgrund des Outings. „Hier kommt das Es“, tuschelten einige Schüler hinter ihrem Rücken. „Dass einem so die Identität abgesprochen wird, das fühlt sich nicht gut an.“

Seit ihrer Abizeit 2012 hat sich in der Marienschule vieles geändert, was eine Frage aus dem Publikum verdeutlichte. Eine Schülerin fragte, was Schüler und Lehrer besser machen können, um das Schulleben von trans Personen zu erleichtern. „Ihr habt eine Diversitäts-AG, es gibt eine Toilette für alle Geschlechter, ein Schutzraum für queere Menschen – ich glaube, ihr seid auf einem guten Weg“, antwortete Slawik.

Erste Bundestagsrede ist wie Schulvortrag

Zu ihrer ehemaligen Schule pflegt Slawik eine scheinbar sachliche Beziehung. Die drei Wörter, die sie mit der Marienschule verbindet, sind: Gemeinschaft, Opladen und Kirche. Slawik sprach auch über ihre Arbeit als Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses.

Vor ihren ersten Reden im Bundestag konnte Slawik wenig schlafen: „Das ist wie der Vortrag in der Schule: ‚Oh Gott, oh Gott!‘ Aber kurz vor der Rede denke ich mir, dass ich ja nicht nur meine Meinungen hier äußere, sondern die Interessen der Leute, die mich gewählt haben. Das gibt mir Kraft.“

Slawik verteidigt sich gegen Lützerath-Kritik

Gegenwind bekam Slawik in ihrer jungen Politikkarriere auch bereits. Im Januar demonstrierte sie gegen die Räumung des Braunkohledorfs Lützerath, stimmte allerdings einen Monat zuvor für einen Beschluss, der diese Räumung vorzog. „Das Gesetz war ein Kompromiss“, erklärte Slawik ihre Entscheidung in der Marienschule: „Das alte Gesetz sah vor, dass ganz viel abgebaggert wird. Das neue, dass weniger abgebaggert wird.“

Mit der medialen Aufmerksamkeit rechnete Slawik nicht. „Vielleicht ärgert das einige Leute. Aber ich wusste nicht, dass die Medien das so hochziehen würden.“ Die Darstellung des Sachverhalts in den Medien sei verkürzt gewesen.

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