Prozess um Tod im Wiesdorfer BunkerWidersprüchliche Aussagen zum Opfer des Angriffs

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Der Angeklagte im Gerichtssaal in Köln.

Der Angeklagte im Gerichtssaal in Köln.

Leverkusen/Köln – Über den Tod eines Mannes in der Notschlafstelle Bunker in Wiesdorf wird am Landgericht Köln weiterverhandelt. Vorigen Juli wurde dort Heiko T. so schwer geschlagen, dass er in der Folge starb. Am Freitag wurde die Schwester des Opfers als Zeugin befragt. Sie ist auch Nebenklägerin in dem Verfahren.

Lisa T. berichtet, ihr Bruder habe drei bis vier Tage die Woche bei ihr gewohnt und geschlafen – nicht öfter, da sie sich ziemlich häufig gestritten hätten. Sie, ihr Bruder und dessen Frau hätten Probleme mit Drogen gehabt. Heiko T. habe Methadon bekommen, habe dazu Tabletten und Cannabis konsumiert. Erst ein halbes Jahr vor dem Vorfall sei er aus dem Gefängnis gekommen.

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T. sei eher ruhig und müde geworden, wenn er konsumiert habe, gibt seine Schwester Lisa an. Von der Ehefrau sei eine räumliche Trennung erfolgt. Als der Bruder mit einer Platzwunde am Kopf nach Hause gekommen sei, habe er erzählt, die Verletzung habe ihm ein „Afrikaner“ in der Unterkunft beigefügt. Lisa T. setzt diesen mit dem Angeklagten Marcus P. gleich.

Entschuldigungsbrief ging zurück

Später gibt sie doch an, dass ihr Bruder, wenn er Tabletten genommen habe, „alles umgeschmissen“ habe, bis sie ihn angeschrien und rausgeworfen habe. Ein möglicher Zeuge, mit dem sie in Kontakt sei, sei Zuhause von Leuten aufgesucht worden, die ihn bedrohten, er solle nicht vor Gericht aussagen. Marcus P. habe diese geschickt. Die Nebenklägerin hatte mit einer Boulevard-Zeitung gesprochen. Dort heißt es, die Schwester des Opfers erwarte von dem Angeklagten eine Entschuldigung. Doch einen Entschuldigungsbrief, den dieser geschrieben hatte, gab sie ungeöffnet dem Rechtsanwalt des Angeklagten zurück. Das Gericht zieht ihr Handy ein, um den Chat mit dem möglichen Zeugen auszuwerten.

Der zweite Zeuge an diesem Tag ist seit vielen Jahren Sozialbetreuer im Bunker. Er berichtet, das Opfer habe sich häufig sehr auffällig verhalten. So habe er auch den Angeklagten beschuldigt, ihm sein Handy weggenommen zu haben. Schon Tage vor der lebensgefährlichen Körperverletzung sei es daher zu Auseinandersetzungen gekommen, berichtet der Betreuer. Körperliche Gewalt habe es bei dieser Gelegenheit aber nicht gegeben. Allerdings sei Heiko T. sehr aggressiv und laut auf Marcus P. zugegangen und habe später verkündet, sich „im Tausch“ auch etwas aus dessen Zimmer zu nehmen. Im Dienstbuch der Notschlafstelle liest sich das so: „T. ist total breit und macht alle kirre.“ Betreuer Frank S. sagt: „Wenn der in Fahrt war, dann war der nicht mehr zu gebrauchen.“

Der Angeklagte Marcus P. hingegen sei ein Einzelgänger, der seit Jahren zum Schlafen in die Unterkunft komme. Er sei nie auffällig geworden, kein bekannter Drogenmissbrauch, „ein Ruhiger“, wie S. ihn nennt. Er sei jedoch häufiger des Diebstahls bezichtigt worden – was Frank S. klar als „Behauptungen“ markiert wissen will. Der mutmaßliche Zeuge, mit dem Lisa T. in Kontakt war, soll zum nächsten Termin von der Justiz ausfindig gemacht werden. Auch die Ehefrau des Opfers will am Montag als weitere Nebenklägerin in dem Kölner Prozess auftreten.

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