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OB-Kandidat der SPDUwe Richrath setzt auf Wandel durch Kontinuität

5 min
Porträt Uwe Richrath

Uwe Richrath will Oberbürgermeister bleiben.

Über eine dritte Kandidatur hat der 64 Jahre alte Sozialdemokrat lange nachgedacht. An Konzepten scheint es ihm in der Krise nicht zu mangeln.

Willy Brandt als Vorbild? Das ist sauber, „der hat mich sehr geprägt“, sagt Uwe Richrath. Weil er für ein Gesellschaftsbild stand, das auch dem amtierenden Oberbürgermeister vorschwebt. Das betont der Sozialdemokrat bei jeder Gelegenheit. Brandt habe auch bei den damals so bezeichneten „Gastarbeitern“ hohes Ansehen genossen. Weil er für Solidarität stand, über Nationalitäten hinweg.

Sein anderes großes Vorbild ist erklärungsbedürftig: Gerhard Schröder. Klar, der Mann hat die 16 endlos scheinenden Kohl-Jahre beendet, mit Rot-Grün ein echtes Reformmodell angeführt. Aber die Arbeitsmarktreformen haben die SPD förmlich zerrissen, bis heute ist „Hartz IV“ ein vergifteter Begriff. Uwe Richrath weiß das natürlich, aber für ihn steht der soziale Umbau auch für etwas anderes: „Dass man immer nachjustieren kann und muss.“ Darin sei Schröder vorbildhaft.

Sein Oberthema: Wie hält die Stadtgesellschaft zusammen?

Das bringt den jetzt 64-Jährigen zu seinem politischen Oberthema: dem gesellschaftlichen Wandel. Die Beharrungskräfte seien groß – „man glaubt, man müsse die Gegenwart erhalten“. Aber das ist aus Sicht des Unternehmers mit SPD-Parteibuch kein gutes Rezept. Die Bevölkerung in seiner Heimatstadt Leverkusen sehe schließlich vollkommen anders aus als vor 20 oder gar 40 Jahren. Das müsse man anerkennen, aber das sie längst nicht in jedermanns Bewusstsein. Insofern sei es „schwierig, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Jeder ist erst einmal in seinem Korridor unterwegs.“ Daran müsse ein Oberbürgermeister arbeiten – das ist ihm im vergangenen Jahrzehnt im Amt offenkundig immer deutlicher geworden.

Oberbürgermeister Uwe Richrath bei der Vorstellung seiner Wahlkampfstrategie

Uwe Richrath mit seinem Wahlkampfleiter Dirk Loeb

Aus Richraths Sicht ist es für ein Stadtoberhaupt nicht damit getan, tagesaktuelle Fragen zu managen. Auch wenn Leverkusen sich – wie es gerade der Fall ist – in einer fundamentalen finanziellen Krise befindet. Für ihn sei wichtig: „Wie sieht das Bild 2040, 2050 aus?“ Am liebsten so: Leverkusen ist eine „friedvolle, multikulturelle, bildungsaffine Gesellschaft“. Um dahin Fortschritte zu machen, sei eine Frage grundsätzlich: „Was ist das verbindende Element?“

Gemeinschaftsgefühl und Kontrolle

Richrath weiß, dass zur Arbeit auch gehört, Grenzen zu setzen. Der Aufbau des Kommunalen Ordnungsdienstes sei überaus wichtig gewesen, „auf dem Gebiet habe ich ja nichts vorgefunden“. Eine Stadtverwaltung müsse nicht nur Regeln setzen, sondern jeden Tag auf der Straße „dokumentieren, dass wir das unter Kontrolle haben“. Die Ordnungspartnerschaft mit der Polizei sei gut, aber die Stadtverwaltung müsse schon ihren Teil beitragen.

Fundamental verändern werde sich nicht nur Leverkusen insgesamt, sondern auch die Stadtverwaltung. Auf den zuletzt erhobenen Vorwurf, er habe keine Rezepte, die furchterregende Haushaltskrise zu bewältigen, gibt Richrath mehrere Antworten: Die Immobilienkosten für die Stadt müssen runter, indem die Zersplitterung der Standorte aufgehoben wird. „Auf Dauer sehe ich zwei Schwerpunkte: die Hauptstraße in Wiesdorf und den Goetheplatz in Opladen.“ Die Rathausspitze im „Ufo“ über dem Einkaufszentrum ist für den OB ein Auslaufmodell, als Immobilie nicht funktionell, in der Miete zu teuer.

Nächster Punkt: Der personelle Umbruch in der Verwaltung werde genutzt, flexibler zu werden. „Ich brauche viele Generalisten.“ Die kommen nur klar, wenn Prozesse standardisiert und „die Arbeitsplätze so dokumentiert werden, dass sie leicht übergeben werden können“. Die Verwaltung müsse projektbezogener arbeiten; „man muss zusammenkommen, ohne dass jeder seine Akte macht“. Bei der Koordinierung helfen Stabsstellen: „So versuchen wir, Schnelligkeit zu erzeugen.“

Ich hab’ einen anderen Führungsstil
Uwe Richrath, Oberbürgermeister

Für Richrath ergibt das ein schlüssiges Bild – das zu ihm passt: „Ich hab’ einen anderen Führungsstil“ ist seine Antwort auf die Kritik, er habe die durch die Haushaltskrise verstärkten Konflikte im Verwaltungsvorstand nicht genügend moderiert. Und so dazu beigetragen, dass Kämmerer Michael Molitor frustriert das Handtuch wirft. Zur Unzeit: Die Stadt hat immer noch keinen Haushaltsplan für 2025.

Der amtierende Oberbürgermeister erneuert indes sein Credo, „dass wir unsere Einnahmeseite stärken müssen. Die Stadt muss einen Ertrag von 300 bis 400 Millionen haben – sonst kriegst Du die nicht gehändelt.“ Dass der in der Krise nicht da ist, sei natürlich ein Problem. Aber sein Blick geht über die gegenwärtigen Schwierigkeiten in Leverkusens Schlüsselindustrie hinaus. Ohne Chemie, Kunststoff, Pharma will sich der OB die Stadt nicht vorstellen. Deshalb „brauchen wir Industrieakzeptanz“, auch weil dort die guten und gut bezahlten Jobs sind. Um nicht ins Hintertreffen zu geraten, „müssen die Bildungsangebote optimal sein. Der Bedarf bei Schulen und Kitas ist riesengroß“.

Uwe Richrath mit Paul Hebbel

Vor vier Jahren überreichte Richrath Ex-OB Paul Hebbel, dem Vater seines heutigen Gegenkandidaten Stefan Hebbel die Verdienstmedaille

Aus seiner Sicht war es ein Versäumnis, nach der ersten Welle, in der Kindergärten von der städtischen Wohnungsgesellschaft gebaut wurden, „da nicht weiter zu machen“. Die WGL, deren Aufsichtsrat Richrath viele Jahre vorsaß, sei auch in der Lage, Schulbau zu managen. Für ein Sofortprogramm hat Richrath diese Lösung: „Schnelligkeit hole ich mir durch einen Generalunternehmer.“

Nachdem klar ist, dass Bayer auch das Erholungshaus aufgeben will, stelle sich für ein Stadtoberhaupt die Frage nach dem kulturellen Profil Leverkusens. „Wie definieren wir uns zwischen Köln und Düsseldorf?“ In einigen Bereichen habe es keinen Sinn, mit den Metropolen konkurrieren zu wollen. Spielstätten aufgeben, komme aber nicht infrage. Sondern eine Neujustierung: Das Forum sieht Uwe Richrath künftig als Schwerpunkt für Veranstaltungen, aber auch Kongresse, sowie Standort der Musikschule. Das Erholungshaus ist für ihn „die klassische Theaterspielstätte“, durchaus in Regie der Stadt. 

Man erkennt: Der amtierende OB will noch etwas bewegen. Auch wenn er einräumt, sich eine dritte Kandidatur lange überlegt zu haben. „Das stand 50:50.“ Aber jetzt ist Uwe Richrath im Spiel.


Kommunalwahl

In etwas weniger als zwei Monaten, am 14. September, sind Leverkusenerinnen und Leverkusener zur Wahl aufgerufen. Sie dürfen ihre Stimme für den Stadtrat, den Oberbürgermeister/die Oberbürgermeisterin und in Teilen den Integrationsrat abgeben. Der „Leverkusener Anzeiger“ stellt in wöchentlicher Abfolge Kandidatinnen und Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt vor. Los geht es mit Amtsinhaber Uwe Richrath. (nip)