40. Leverkusener JazztageGentleman tritt beim großen Finale auf

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Meister der musikalischen Zeremonie: Wo Gentleman auf Patois singt, da hat er das Publikum fest im Griff.

Meister der musikalischen Zeremonie: Wo Gentleman auf Patois singt, da hat er das Publikum fest im Griff.

Leverkusen  – Es ist schon bemerkenswert, wenn der Frontmann einer Band beinahe über die gesamte Zeit beim Soundcheck fürs spätere Konzert mitmischt, anstatt sich irgendwo im Raum hinter der Bühne nochmal für zwei Stündchen aufs Ohr zu hauen. Sowas zeigt, dass ein Musiker sich wirklich kümmert. Und Gentleman kümmert sich. Er ist beim Soundcheck für sein Jazztage-Konzert – das letzte, das im Rahmen des diesjährigen Festivals im Forum steigt – gar derart intensiv dabei, dass er Songstellen, mit denen er nicht zufrieden ist, immer und immer wieder und beinahe schon enervierend neu anspielen lässt von der Band: Da bitteschön ein wenig flotter, dort gerne ein wenig mehr zurückgenommen. Vorbereitung ist eben alles. Die Sache ernst nehmen ist alles. Es führt dazu, dass Konzerte gut werden.

Die Wucht des Reggae

So wie das, das Gentleman dann bietet. Er macht zwar keinen Jazz. Was er aber tut: Er zeigt, was für eine Wucht im Reggae stecken kann. Eine Musik, die vielen Menschen vor allem als Musik zum Entspannen auf der Strandliege im Sommersonnenuntergang dient. Klar: Bob Marley kennen die meisten. Aber über was sang der eigentlich? Wie bitte? Sozialkritik? Kampf für eine bessere Welt?

Ja, genau das tat Marley. Genau das tut der Reggae. Und genau das tut auch Gentleman, der als einer von wenigen Musikern des Genres ohne afroamerikanischen Hintergrund – Gentleman heißt Tillmann Otto und ist Pfarrerssohn aus Köln – sogar in Jamaika als dem Epizentrum des Reggae ein Star ist.

Authentizität und Liebe

Er ist zweieinhalb Stunden lang in Bewegung und die personifizierte Authentizität. Er hat sogar das Patois, diesen jamaikanisch-englischen Kauderwelsch des Reggae, so perfekt drauf wie Jimi Hendrix einst seine Gitarrenlicks. Gentleman singt und tanzt gegen Faschismus und Ausgrenzung. Und für die unbedingte Liebe zu allem, was diese Schöpfung zu bieten hat. „Lots of love“. In den dezenten Momenten spielen er und seine Band aus gut einem Dutzend Instrumentalisten und Sängerinnen Roots-Reggae – das ist eben der Reggae, den man von Marley kennt. Wenn er das Tempo anzieht und seiner Botschaft Dringlichkeit verleihen und die Menschen vor der Bühne mit einbeziehen will in diesen kleinen Rausch, dann schwenkt Gentleman um auf den wüsteren Dancehall-Sound: Schneller Beat, Taktschläge wie Peitschenhiebe. Zwischendurch versuchter sich gar mal auf Deutsch – derzeit arbeitet Gentleman an einem Album, auf dem er erstmals nur in Muttersprache singen wird. Und auch wenn das, was man hört, eher poppig ist, klingt es doch vielversprechend.

Und am Ende, nach einer zu Herzen gehenden Version des ohnehin zu Herzen gehenden Marley-Freiheitsklassikers „Redemption Song“, gehört dieser Reggaemusiker ganz sicher nicht zu den Enttäuschungen der 40. Jazztage.

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