Leverkusens Förster Karl Zimmermann vor Rente:„Ich war 35 Jahre im Homeoffice – und im Wald“

Lesezeit 4 Minuten
Im Schlosspark Morsbroich, dessen Rand zu den Waldgebieten Leverkusens zählt. Foto: Ralf Krieger

Karl Zimmermann geht in Pension: Hier steht er im Schlosspark Morsbroich an der Blutbuche.

Förster Karl Zimmermann geht in Pension, er war 35 Jahre im Dienst für Wald und Holz in und um Leverkusen.

Als der für Leverkusen zuständige Förster Karl Zimmermann im kalten Februar 1987 seinen Dienst antrat, waren die Probleme im Wald schwerwiegend. Damals gab es das Waldsterben. Immerhin, dieses Problem ist heute weitgehend gelöst. Als die Industrie die größten Luftverschmutzer wie Braunkohlekraftwerke oder andere Fabriken mit hohen Schornsteinen entweder stillgelegt oder Filteranlagen eingebaut hatte, erholten sich die Bäume.

Sein Nachfolger Mathias Rümping (29) beginnt in einer ähnlichen, aber doch wieder ganz anderen Lage: Auch jetzt sterben Bäume und ganze Wälder, aber der Einbau von Filtern wird nicht reichen. Was ansteht, ist der Umbau des Waldes – so, dass er die kommenden Jahrzehnte im Klimawandel überlebt: Er muss vielfältiger werden.

Neuer Förster, nachfolger Zimmermanns. Im Schlosspark Morsbroich, dessen Rand zu den Waldgebieten Leverkusens zählt. Foto: Ralf Krieger

Der neue Förster Mathias Rümping.

Zimmermann, der mit Rauschebart auch optisch dem Ideal eines deutschen Försters vollkommen entspricht, begann vor 35 Jahren und er sagt: „Das Waldsterben damals war echt, es war keine Hysterie.“ Auch, wenn das manchmal heute so dargestellt wird.

Immerhin 11,5 Prozent der Leverkusener Stadtfläche sind Wälder (Leichlingen: 25 Prozent). Fast alles ist in Privatbesitz, aber um die kümmert sich ein Förster vom Landesbetrieb ebenso, als wäre es ein Staatswald.

Künftiger Förster sitzt in Düsseldorf

„Das Leben als Förster war früher lockerer“, sagt Zimmermann, der mit seinem Nachfolger Rümping und Begleitung eine Abschiedstour durch sein Revier macht. Bis 2011 betreute er Leichlingen und Leverkusen, dann ging es ihm nicht anders als anderen Arbeitnehmern: Er bekam einfach Arbeit draufgepackt. Das Arbeitsfeld wuchs um die Städte Langenfeld und Monheim. Deshalb ist es auch kein Problem, dass sich Rümping künftig aus Düsseldorf ums Revier kümmert, er wohnt eben nur am anderen Ende des „Reviers Leichlingen“, wie es offiziell heißt.

Übrigens gab und gibt es kein Forsthaus irgendwo gemütlich tief im Wald. „Wir sind schon immer im Home-Office“, sagt Zimmermann.

Die Wälder in der Gegend sind abwechslungsreich: Das Flachland mit dem stadtnahen Wald, dem Bürgerbusch zum Beispiel, steigt im Osten an. An den Hängen des Bergischen Landes sind die Themen etwas anders: Beim Stichwort Mountainbike steigt der Blutdruck bei Zimmermann. Als er begann, gab es die noch nicht. Jetzt sagt der gebürtige Witzheldener: „Zur Corona-Zeit sind es schon sehr viele geworden, aber jetzt haben sich die Leute Elektrobikes gekauft.“ Das, ist herauszuhören, sei die wahre Pest: Stehe erst einmal die erste Route im Internet, kämen schnell weitere hinzu, das gebe schwere Schäden: „Wo die fahren, wächst nichts mehr.“ Und wo einer ist, sind es schnell ganz viele, wie eine Freizeitindustrie, sagt Zimmermann. Sogar vor Bodendenkmälern wie der Eifgenburg machten die nicht Halt. Im stadtnahen Wald seien eher die vielen, vielen Hunde ein Problem. Die Leute, die dem neuen Erholungstrend Waldbaden in den Forsten frönten, störten dagegen nicht: „Die sind doch harmlos.“

Försters Lieblingsbaum: Buche

Des Försters Lieblingsbaum ist die Buche, deshalb passt der Fototermin am prominentesten Exemplar besonders gut: an der von Pilzen befallenen Blutbuche im Schlosspark. Zimmermann hatte sich vor zehn Jahren für die Fällung ausgesprochen. Heute ist er froh, dass sie noch steht wie eine Eins.

In 35 Jahren ist viel passiert: Er musste Partys im Wald auflösen, oft wohnten plötzlich Leute irgendwo im Busch. Sein Kollege im Königsforst habe öfter Leichen gefunden, das sei ihm erspart geblieben.

Zimmermann erinnert sich, dass in Leichlingen plötzlich ein rosiges Schwein durch den Wald galoppierte. Es gehörte einem Bauern, stellte sich heraus. Auf Zimmermanns Hinweis, der Eber gebe ein leichtes Ziel für Jäger her, schrieb der Bauer mit Sprühfarbe den Namen drauf: Hugo.

Ohne Haltung war der Beamte nicht: Er sprach sich gegen einen Parkplatz im Wald am Schloss Morsbroich aus, der von der Verwaltung favorisiert war. Als eine Straße durch den Bürgerbusch geplant wurde, war er Mitglied in einer Bürgerinitiative dagegen. Das schließt Zimmermann auch für die Zukunft nicht aus: „Der Autobahnparkplatz im Bürgerbusch scheint tot zu sein, aber wenn sie doch nochmal damit kommen, bin ich bei der Initiative dabei.“

Zimmermann ist mit Wald aufgewachsen. Bei Witzhelden gibt es Parzellen in Familienbesitz, „wo viel zu tun ist.“ Was ihm bald fehlen wird, weiß er: „Der Kontakt zu den vielen Leuten.“

KStA abonnieren