Museum MorsbroichNachwuchs-Künstlerin mit kritischem Blick auf die Werbeindustrie

Lesezeit 3 Minuten
Svenja Wichmann hinterfragt Mode-Konventionen, Werbung und Verkaufsstrategien.

Svenja Wichmann hinterfragt Mode-Konventionen, Werbung und Verkaufsstrategien.

  • Die Werbeindustrie, Kapitalismus und Verkaufsstrategien: Svenja Wichmann hat für ihre Werke den Nachwuchspreis bekommen.
  • Im Museum Morsbroich stellt sie ihre Kollektion aus.

Leverkusen – „Reference“, das bedeutet in der Linguistik auf etwas zu verweisen, Bezug zu nehmen oder etwas zu empfehlen. Gleichzeitig ist es der Name für das 2018 gegründete Modelabel von Svenja Wichmann. Darin setzt sie sich mit der Gesellschaft, den Medien und Kapitalismus auseinander. Gesellschaftskritisch hinterfragt sie heutige Werbemechanismen, die Positionen von Minderheiten in der Gesellschaft und Gentrifizierung in den USA.

Für ihre bisherige Arbeit wurde sie nun vom Museum Morsbroich und der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) mit dem KHM-Nachwuchspreis ausgezeichnet. „Seit 2006 vergeben wir diesen Förderpreis zur Förderung von Frauen. Das Konzept hat sich aber über die Zeit hinaus weiterentwickelt. Wichmann gewinnt heute nicht nur ein Preisgeld, sondern auch die Möglichkeit hier im Museum Morsbroich auszustellen und alles, was diese Gelegenheit mit sich bringt“, erklärte Juliane Kuhn, Gleichstellungsbeauftragte der KHM. „Wir wollen damit den oftmals schwierigen Übergang nach der Hochschule vereinfachen“, erklärte Kuhn weiter.

Fotostrecken im Fokus

Ab Samstag sind im Museum Morsbroich Wichmanns bisher entstandenen Kollektionen ausgestellt. „Für meine erste Kollektion habe ich mir Fotostrecken in Modezeitschriften angeschaut. Dabei ist mir aufgefallen ist, dass die Models künstlerisch in Szene gesetzt werden, man aber von den Klamotten häufig kaum etwas sieht. Trotzdem ist dann darunter immer der Verweis auf die luxuriösen Modelabels zu finden“, erklärt Wichmann die Entstehung ihres Projekts. So hängt eine olivfarbene Jacke an einem Kleiderhaken rechts im Raum. „Handschuhe von Hermès, Hose von Balenciaga und Handtasche von Rimova“ ist auf dem Rücken zu lesen. Von den beschriebenen Kleidungsstücken keine Spur. Oder „BH von Gucci“, steht auf einer schwarzen Bluse in weißer Schrift.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die hergestellten Kleidungsstücke des Labels „Reference“ sind Einzelstücke und für Wichmann Ausgangspunkt für Fotostrecken im Stil von Werbekampagnen in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern. Gerahmt werden die einzelnen Kleidungsstücke von Fotokampagnen und Videotafeln, in denen sie anderen Künstlerinnen eine Stimme gibt.

Die zweite Kollektion hat ihren Ausgangspunkt in L.A. und legt ihren Fokus auf die Gentrifizierung in der Stadt. „Sell your home fast“, steht in Druckbuchstaben auf einem T-Shirt geschrieben. „Schilder mit dieser Aufschrift findet man überall in L.A., jedenfalls in den ärmlicheren Gegenden. Die werden ganz bewusst dort platziert und die Geldnot ausgenutzt“, erklärt Wichmann. An der Wand neben dem Oberteil hängt ein Foto. Zu sehen ist ein Testimonial, das eins der T-Shirts trägt. Die Folie klebt noch auf dem Bilderrahmen. „Marken werben sehr gerne mit Testimonials, wollen deren Charaktereigenschaften und das, wofür sie in der Öffentlichkeit stehen, auf ihre Marke übertragen. So ein Werbefoto endet dann in einem Stapel in einem Möbelhaus und letztendlich hängt sich der Typ, der den Mann aus seiner Wohnung rausgeekelt hat, das Foto an die Wand im eigenen Haus“, erklärt Fritz Emslander, stellvertretender Direktor des Museum Morsbroich.

Wichmann veranschaulicht in ihrer sehenswerten Kollektion ihre Beobachtungen in der heutigen Mode und hinterfragt gesellschaftskritisch die Botschaften von Werbekampagnen und Modelabels. Ein Künstlerinnen-Gespräch und Finissage ist am 15. November geplant.

Die Ausstellung ist bis Mitte November in der Grafiketage/ in den Projekträumen zu besichtigen. Die Öffnungszeiten des Museums sind dienstags bis sonntags 11 bis 17 Uhr.

KStA abonnieren