Neue RisseSo steht es um die Leverkusener Rheinbrücke

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Leverkusener Rheinbrücke

Die Leverkusener Rheinbrücke soll im August gesperrt werden.

Leverkusen – Rund 150 Schwerlaster fahren trotz des Verbots immer noch täglich über die Leverkusener Rheinbrücke. Im August muss sie zumindest an einem Wochenende voll gesperrt werden, um die Schäden zu reparieren, die durch die Erschütterungen an den Seilkammern entstehen.

NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) will das nicht länger hinnehmen und kündigt „technische Zwangsmaßnahmen an“, um das zu unterbinden. Dazu fänden Gespräche mit dem Innenministerium statt. „Eine Minderheit von skrupellosen Lastwagenfahrern setzt sich über Fahrverbot und Blitzeranlagen hinweg und gefährdet die eingeschränkte Funktionsfähigkeit der Brücke“, sagte Groschek. „Die Polizei hat ihr Abschreckungspotenzial ausgeschöpft, indem sie die Lkw-Fahrer  mit einem doppelten Ordnungsgeld bestraft.“

Sollte es zu  Einbauten kommen, die das Befahren für Schwerlaster unmöglich machen, wäre das  mit Einschränkungen für den allgemeinen Autoverkehr verbunden.

Wie geht es jetzt weiter?

Die wichtigsten Fragen zur Leverkusener Brücke:

Wie ernst ist die Lage an der Leverkusener Rheinbrücke wirklich?

Die Ingenieure, die das Bauwerk täglich beobachten, sind mit ihren Äußerungen sehr zurückhaltend.

Der frisch entdeckte 40 Zentimeter lange Riss an einer der acht Seilverankerungen  ist ein Alarmsignal. Weil das Bauwerk noch mindestens bis Ende 2020 durchhalten muss, kann es jetzt nur noch darum gehen, es möglichst zu entlasten. Jeder Schwerlaster, der illegal über die Brücke fährt, ist einer zu viel.

Den ursprünglichen Plan, das Bauwerk zumindest für Lkw bis 7,5 Tonnen freigeben zu können, hat der Landesbetrieb Straßen NRW inzwischen aufgegeben. Jetzt geht es nur noch darum, die Brücke  wenigstens für  Pkw offen zu halten.

Wann sind die Prüfungen aller acht Seilverankerungen abgeschlossen?

Noch  diesen Monat. Im August soll die Sanierung beginnen.

Wie lange dauert das?

Das hängt vom Umfang der Schäden ab. Straßen NRW ist bestrebt, die Brücke nur an Samstagen und Sonntagen zu sperren.

Was kann man noch tun, um den illegalen Schwerlastverkehr fernzuhalten?

Mit Schranken und Einbauten zur Einschränkung der Fahrbahnbreite  wäre das möglich. Allerdings geht das nur, wenn die Polizei 24 Stunden am Tag kontrolliert.

Hat es so etwas schon einmal gegeben?

Ja. Im vergangenen Jahr an der Schiersteiner Brücke, die Wiesbaden und Mainz über den Rhein hinweg verbindet.

Sie musste gesperrt werden, nachdem sich am 10. Februar 2015 auf der Mainzer Seite bei Bauarbeiten ein Brückenpfeiler verschoben hatte und die Fahrbahn um bis zu 30 Zentimeter abgesackt war. Bis Ende 2015 durften nur Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen die  Brücke passieren.

Welche Maßnahmen hat man dort ergriffen?

Neben einer umfangreichen Beschilderung und frühzeitigen Hinweisen auf den Autobahnen A 60  und A 643 wurde ein mehrstufiges Warn- und Sperrsystem zur automatischen Zufahrtsabsicherung der Brücke eingesetzt. Ziel dabei war es, schon im Vorfeld der Brücke die zu schweren Fahrzeuge von der Autobahn zu leiten.

Wie hat das funktioniert?

Die Fahrspuren, die zur Brücke führen, wurden auf 2,40 Meter verengt und nur für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen freigegeben. Das geschah mit Betonschwellen. Da passt normalerweise kein Lkw mehr durch. In Einzelfällen haben das Lkw-Fahrer aber doch noch versucht.

Und das hat schon gereicht?

Nein. Alle Fahrzeuge, die auf die Brücke zufuhren, wurden  automatisch kontrolliert. Und zwar doppelt: auf das zulässige Maximalgewicht, sowie Höhe und Breite. Dazu kamen zwei Messgeräte zum Einsatz – eine  Fahrzeugwaage und ein Laserscanner.

Sobald ein Schwerlaster an der Kontrolle vorbeifuhr, gingen automatisch Warnleuchten an. Der Fahrer hatte dann noch die Chance, die Autobahn vor der Brücke zu verlassen. Technisch ist es kein Problem, das Gewicht eines Lkw während der Fahrt zu kontrollieren.

Haben Lkw-Fahrer diese Warnungen ignoriert?

Ja. Die Lkw sind dann noch einmal an einer zweiten Stelle auf Gewicht und Fahrzeugmaß überprüft worden. Wer trotzdem weiterfuhr, wurde durch eine Schranken-Anlage gestoppt.

Und dann?

Die Schranken wurden rund um die Uhr von der Polizei kontrolliert, der Lkw abgeleitet und der Fahrer wegen vorsätzlichen Fehlverhaltens mit einem doppelten Bußgeld belegt.

Lässt sich das Schiersteiner Modell auf die Leverkusener Rheinbrücke übertragen?

Theoretisch schon. Allerdings ist das wesentlich komplizierter. Bei der Schiersteiner Brücke standen in Richtung Wiesbaden nur eine Fahrspur, in Richtung Mainz zwei Fahrstreifen zur Verfügung. Bei der Leverkusener Brücke sind pro Richtung drei Fahrspuren frei.

Außerdem ist eine permanente Kontrolle durch die Polizei zwingend nötig, weil Lkw, die vor einer geschlossenen Schranke landen, abgeleitet werden müssen, um keine Megastaus zu verursachen.

Wie geht es im Fall Leverkusen jetzt weiter?

Das Verkehrs- und  das Innenministerium wollen laut Verkehrsminister Michael Groschek ein ganzes Maßnahmenbündel  schnüren. Dieses könnte dem Schiersteiner Modell schon ziemlich nahe kommen.

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