ProzessAlkohol lässt Leverkusener regelmäßig ausrasten

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Die Notschlafstelle der Caritas im Bunker an der Schießbergstraße

Ende August gab es mehr als eine Rangelei an der Notschlafstelle der Caritas im Bunker an der Schießbergstraße.

Sein Vorstrafenregister hat 16 Einträge und reicht ein Jahrzehnt zurück. Wiederum steht ein Mann wegen Bedrohung und Körperverletzung vor dem Opladener Amtsgericht. 

Es ging – mal wieder – hin und her zwischen ihm und ihr: An einem späten Abend im vorigen August hatten sich ein Mann und eine Frau am Bunker an der Schießbergstraße eingefunden. Ob sie in der Notschlafstelle auch übernachten wollten, spielte irgendwann keine Rolle mehr. Es habe Geschrei und Gezerre gegeben, erinnert sich am Mittwoch Tobias Koch. Der Sozialarbeiter bei der Caritas hatte an jenem Abend Dienst, wurde Zeuge der Auseinandersetzung – und Opfer.

Irgendwann habe er im Handgemenge einen Schlag ins Gesicht abbekommen, berichtet er vor Gericht. Der sei von Volkan S. (Name geändert) gekommen. Zum Glück habe ihn der Mann nicht richtig getroffen. Und die viereckige Glasflasche mit Magenbitter, die drohend über ihm schwebte, sei im Getümmel auch nicht zum Einsatz gekommen.  Sonst hätte es wohl übel ausgehen können.   

Freundin zwischen den Fronten

Am Anfang der Schlägerei habe Volkan S. versucht, seine Freundin vom Eingang der Notschlafstelle wegzuzerren. Weil sie das nicht wollte, hätten er, ein Kollege und ein Kunde eingegriffen. Die Frau sei dann „leider wie beim Tauziehen zwischen uns geraten“, erinnert er sich. Zum Etappensieg von Volkan S. habe gehört, seine Freundin die Eingangstreppe herab zu schubsen. Inwieweit sie dabei verletzt wurde oder ob die diagnostizierten Blessuren älteren Datums waren, weiß man nicht: Die Beziehung der beiden war offenbar immer wieder von handgreiflichen Streitigkeiten geprägt.

So auch drei Tage vorher in der Schulstraße, einem anderen regelmäßigen Unterschlupf von Volkan S., der nicht nur seit rund fünf Jahren ohne Job, sondern längst auch ohne Wohnung ist. Ein Nachbar der Unterkunft für Obdachlose hatte am späten Abend die Polizei gerufen, „weil mal wieder Party war“: Das habe ihn vorigen Sommer besonders „abgefuckt“, weil seine Tochter da gerade zehn Monate alt gewesen und aus dem Schlaf gerissen worden sei von den Leuten auf der Straße. Das Eckhaus wird von der Caritas inzwischen vor allem als Beratungsstelle für Wohnungslose benutzt, bleibt aber ein beliebter Anlaufpunkt für Leute, die kein Zuhause haben. 

Stress auf der Schulstraße

Auch an jenem Abend war Volkan S. offenbar mittendrin im Getümmel. Wie auch die Frau, von der er wohl nicht lassen kann. Was der Beschuldigte im Detail angestellt hatte auf der Schulstraße, habe er wegen eines Fliegengitters vor seinem Fenster nicht sehen können, sagt der Nachbar vor Gericht. Aber: Die Polizisten hätten Volkan S. an der nächsten Ecke aufgehalten.  

Das waren nur zwei von ziemlich ähnlichen Taten, die dem Leverkusener vorgeworfen werden. Sie ähneln übrigens diversen weiteren Taten, über die das Amtsgericht zuletzt Ende November geurteilt und den Mann schließlich für 18 Monate hinter Gitter geschickt hatte. Darunter war eine üble Keilerei auf der Rheinallee, bei der Volkan S. laut Beweisaufnahme auf eine am Boden liegende Frau eingetreten hatte.

Insgesamt verliest Richter Dietmar Adam am Mittwoch 16 Einträge aus dem Strafregister. Der erste stammt aus dem Jahr 2012  – zwischen 2013 und 2018 gab es eine Lücke. „Da habe ich gearbeitet“, kommentiert der Angeklagte die Liste der Vorstrafen.    

Danach sei es bergab gegangen. Dabei habe auch eine Partnerin eine Rolle gespielt, die alkoholabhängig gewesen sei, berichtet die Anwältin von Volkan S.: Schließlich habe auch er gerne mal einen Liter Whisky am Tag getrunken und schon morgens damit angefangen. Sofern denn Stoff da war. 

Für den laufenden Prozess bedeutet das: Ein Gutachter muss her. Er soll dem Gericht bei der Entscheidung helfen, ob Volkan S. besser in einer Entziehungsklinik besser aufgehoben ist als im Gefängnis.   

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