Leverkusens Rückblick 2019In der Stadtpolitik ist jetzt alles eine Klimafrage

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Freitagsdemos fürs Klima gibt es nun auch in Leverkusen. Und eine spürbare Verunsicherung der Stadtpolitik beim Umgang mit dem Thema in allen Lebensbereichen.

Freitagsdemos fürs Klima gibt es nun auch in Leverkusen. Und eine spürbare Verunsicherung der Stadtpolitik beim Umgang mit dem Thema in allen Lebensbereichen.

  • Das ist schwierig: Politik im selbst ausgerufenen Klimanotstand.
  • Seit dem Beschluss im Sommer ist der Stadtrat oft ins Schwimmen geraten.
  • „Leitbild Grün“ und Mobilitätskonzept passen nicht zum Wohnungsbauplan 2030+.
  • Wir lassen das Jahr Revue passieren.

Leverkusen – Wenn eines anders war in der Leverkusener Stadtpolitik des Jahres 2019, dann dass es sich bei den meisten Themen plötzlich um Klimawandel und ökologische Nachhaltigkeit handelte. Irgendwie. Im März zogen erstmals demonstrierende Schüler auch in Leverkusen im Klimastreik „Fridays for future“ durch die Stadt, im Juni rotteten sich das erste Mal Radfahrer zu einer „Critical Mass“ zusammen und Anfang Juli rief der Stadtrat gar den Klimanotstand für Leverkusen aus und will künftig all seine Entscheidung an ihren möglichen Folgen für das Stadtklima ausrichten.

Was das für Folgen hat? Nun, die Stadtverwaltung arbeitet an einem umfangreichen Mobilitätskonzept sowie an einem „Leitbild Grün“, zu denen sich die Parteien jeweils mit einer Vielzahl von Anträgen zu überbieten versuchten. Es gibt jetzt Mobilitäts- und Klimabeauftragte und zum 1. Januar tritt sogar ein amtliches Luftreinhaltekonzept für Leverkusen in Kraft. Kein Baum auf öffentlichem Grund – bei Privatbesitzern ist das natürlich völlig anders – kann mehr ohne Proteststürme gefällt werden, jede Neuanpflanzung muss in irgendeiner Art legitimiert sein.

Probleme im Einzelfall

Und im praktischen Einzelfall: Ein Sicherungskonzept für Schloss Morsbroich droht daran zu scheitern, dass ein Parkplatz nicht erweitert werden kann. Eine Busspur in Schlebusch scheitert voraussichtlich am Protest gegen den Verlust von Parkplätzen und Straßenbäumen. Ein Radweg durch den Wald zwischen Opladen und Bürrig scheitert an der Vorstellung von Stadtteilpolitikern, die Radfahrer mit Asphaltwegen zu ihren Wählern machen wollen. Eine bereits als vorbildlich gelobte „Öko-Siedlung“ in Steinbüchel muss umgeplant werden, weil sie eine Frischluftschneise beeinträchtigen würde. 

Verunsichert, wie die Menschen in der Stadt wohl reagieren würden, nimmt der Stadtrat ein Konzept Wohnungsbau 2030+ zur Kenntnis, beschließt aber sicherheitshalber nichts. Und der ständige Konflikt, ob Parkplätze in Bahnhofsnähe nun zum Umsteigen auf Bus und Bahn motivieren oder für mehr Autoverkehr in der Innenstadt sorgen wird zum Dauerbrenner.

Die Verunsicherung ist mit Händen zu greifen, die Orientierungslosigkeit – abseits ideologisch Gefestigter – mit Händen zu greifen. Derweil der Staat mit steuerlich bevorzugtem Dieselpreis, Dienstwagenprivilegien und Abschreibungsmöglichkeiten alle Bekenntnisse einer neuen Politik weiterhin ad absurdum führt.

Entschieden für den Industriestandort

Nachhaltig entschieden hat sich die Stadt immerhin – zum Industriestandort. Mit der Halbierung des Gewerbesteuerhebesatzes hat sie sich ganz egoistisch für einen Wettbewerb unter den Kommunen positioniert, um der Opferrolle des Bittstellers zu entkommen.

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Opfer bleiben wird sie trotzdem, abhängig von den Entscheidungen der Konzerne wie auch staatlicher Instanzen. In Sachen Autobahnausbau hat sich 2019 nichts entschieden. Es läuft wohl eher gegen Leverkusen, hin zu breiteren, oberirdischen Autobahnen. Zum lokalen Klimanotstand.

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