Notbetreuung in SchulenEltern sind gefordert – Kritik an Regelung

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Schüler allein zu Haus? Dafür soll es Notbetreuung geben.

Düsseldorf – Vom kommenden Montag an wird der Schulbetrieb in NRW in allen Jahrgangsstufen im Distanzunterricht stattfinden. Damit sollen auch die Schulen ihren Beitrag leisten, die hohen Infektionszahlen in der Corona-Krise zu senken. Laut der Ankündigung von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) wird es allerdings ein schulisches Betreuungsangebot für alle geben, die im Rahmen des Distanzunterrichts nicht zu Hause betreut werden können oder bei denen eine Kindeswohlgefährdung vorliege. „Während des Betreuungsangebots in der Schule findet kein regulärer Unterricht statt“, stellt die Ministerin fest. Für die Aufsicht komme das „sonstige schulische Personal“ wie zum Beispiel Sozialarbeiter in Betracht.

An dieser Regelung entzündet sich Kritik. „Die Schulen sollten in der Lage sein, gezielt das Lernen auch für die Kinder in der Notbetreuung zu organisieren“, so Sigrid Beer, schulpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag. Gerade Grundschulen fehle es an „sonstigem Personal“. Die Lehrkräfte hingegen seien nicht permanent im digitalen Unterricht gebunden und könnten den Kindern das Lernen in der Schule ermöglichen, auch um Defizite aufarbeiten. „Kinder dürfen durch falsche Weichenstellungen nicht erneut zu den Verlierern der Krise werden“, so Beer. „Es ist ein Unding, wenn Kinder, die den ganzen Tag in der Schule sind, den Stoff am Abend mit den Eltern nachholen müssen. So macht das Land erneut Schulpolitik auf dem Rücken von Kindern und Eltern.“

Eltern in den kommenden Wochen stark gefordert

Andreas Bartsch, Präsident des Lehrerverbands NRW, erwartet, dass Eltern in den kommenden Wochen wieder stark gefordert sein würden, um die Schulleistungen ihrer Kinder zu überprüfen. „Es war ein Fehler, dass Ministerin Gebauer sich so extrem auf Präsenzunterricht konzentriert hat. Die Zeit seit den Sommerferien wurde nicht genutzt“, so Bartsch.

Alles zum Thema Jochen Ott

Jochen Ott, Schulexperte der SPD im Landtag, sagte ebenfalls auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, es könne nicht sein, dass die Schüler den ganzen Tag in der Schule betreut werden, „aber dann am Nachmittag oder Abend noch zu Hause mit den Eltern Schulaufgaben machen müssen“. Ott fordert: „Die Aufgaben müssen in der Notbetreuung erledigt werden. Alles andere hat mit Bildungsgerechtigkeit nichts zu tun.“

Schulministerium: „Chance zu einer schnellstmöglichen Rückkehr zu einem weitgehend gewohnten Schulbetrieb“

Mit Blick auf den Offenen Ganztag stellt Eva-Maria Voigt-Küppers, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW, fest: „Allen ist klar, dass dieses Präsenzangebot aufrecht erhalten werden soll. Doch bei weitem nicht alle Kinder können zu Hause betreut werden. Vor allem die Kinder, deren Wohl gefährdet ist, benötigen eine verlässliche Anlaufstelle in der Schule. Mit der Notwendigkeit, sein Kind für die Betreuung aktiv anzumelden, wird hier eine zusätzliche Hürde geschaffen. Es ist kaum abzuschätzen, wie viele Kinder außen vor bleiben müssen, weil ihre Eltern das entsprechende Formular nicht ausfüllen können.“

Aus dem Schulministerium heißt es auf Anfrage, die Maßnahmen seien nur deshalb vertretbar, „weil dies zur konsequenten Bekämpfung der Pandemie beiträgt und damit eine Chance zu einer schnellstmöglichen Rückkehr zu einem weitgehend gewohnten Schulbetrieb eröffnet. Damit gibt es mit Blick das Lernen keinen Anreiz für Eltern, ihre Kinder in die Schule zu geben.“

In einem aktuellen Antrag zur Schulpolitik des Landes von Bündnis 90/Die Grünen heißt es: „Die Schulen in NRW und die Schulträger benötigen dringend verbindliche, rechtlich klare Grundlagen für das weitere Schuljahr 2020/2021 und bis in das Schuljahr 2021/2022 reichende Regelungen zum Absolvieren von Prüfungen.“ Schulen benötigten umfängliche personelle Unterstützung für den Unterricht in kleinen Lerngruppen, Zutrauen in die Eigenverantwortung und genügend Flexibilität. „Die Schülerinnen und Schüler brauchen klare und verlässliche Perspektiven für die Fortsetzung ihrer Bildungslaufbahn und ihres Bildungsabschlusses“, heißt es in dem Antrag.

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