Erzbistum KölnMissbrauchsopfer kritisiert Gutachten als nicht tiefgehend genug

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Missbrauchsopfer Michael Schenk befürchtet, dass im Gutachten des Erzbistums Fälle fehlen. 

Oberbergischer Kreis – „Wie viele Menschen, Opfer und auch Täter sind aus den Akten verschwunden?“ Diese Frage wirft der Seelsorger Michael Schenk nach der Vorstellung des Gutachtens auf, das der Kölner Rechtsanwalt Björn Gercke im Auftrag des Erzbistums erstellt hatte. Der heute 52-Jährige gehört zu den Missbrauchsopfern, deren Fälle aufgearbeitet werden sollen.

Schenk spricht von drei Tätern im Dienst der Kirche, die sich an ihm als Kind im Alter zwischen drei und sechs Jahren in der Dienstwohnung des Pfarrers von St. Michael und an anderen Orten in Waldbröl vergangen haben. „Und – wie es aussieht – bin ich nicht mehr allein: Ein weiteres Missbrauchsopfer eines der Täter meiner Kinderzeit hat sich gemeldet.“ Schenk stammt aus Waldbröl, lebt heute in der Ruppichterother Ortschaft Stranzenbach und ist zum alt-katholischen Glauben konvertiert.

„Bin froh, dass wenigstens etwas geschieht“

Ihm reicht das Gutachten des Erzbistums Köln nicht tief genug, es berühre nicht die Wurzeln. „Ich bin aber froh, dass wenigstens etwas geschieht, auch wenn das Material als desaströs bezeichnet werden muss.“ So seien seiner Meinung nach die ohnehin unvollständigen Akten nicht gründlich genug ausgewertet worden, das mangelhafte und schließlich lückenhafte Material erlaube nur wenige Rückschlüsse.

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„Und wie soll es dann eine juristische Grundlage sein für weitrechende Konsequenzen, wie vom Erzbistum angekündigt?“ Dafür wären Schenks Meinung nach ganz andere Vorarbeiten notwendig gewesen.

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Kreisdechant Christoph Bersch, der sich am Donnerstag die Pressekonferenz zur Vorstellung des Gutachtens selbst angesehen hat, muss die Ergebnisse, von denen da die Rede war, erst einmal sacken lassen. „Das Wichtigste ist es, in Zukunft sehr bewusst darauf zu achten, dass Opfer Gehör finden und der Erhalt der Einrichtung niemals über das Leid eines Menschen gestellt wird.“

Kreisdechant hofft auf größtmöglichen Zugang zum Gutachten

Bersch schockt nach wie vor besonders die Nähe zu den Taten: „Das ist nicht irgendwo räumlich und zeitlich weit weg passiert, sondern hier bei uns mit Menschen, die wir kennen.“ Schenk, den Bersch selbst noch aus der Priesterausbildung kennt, ist dabei nur ein Beispiel von Fällen, die Oberberg selbst betreffen.

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Was steht im Gutachten? Kreisdechant Christoph Bersch will genau nachlesen.

Umso wichtiger sei ihm, so der Kreisdechant, sich umfassend über die Ergebnisse des Gutachtens zu informieren: „Ich hoffe, dass das sehr transparent möglich sein wird.“

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