Windkraft in NümbrechtGrundstückseigentümer erhalten verwirrenden Brief

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Für Verunsicherung sorgen Windkraft-Pläne in Nümbrecht. Es kursiert Schreiben an Grundstückseigentümer, dem die Gemeinde widerspricht.

  • Der südöstliche Teil der Gemeine Nümbrechts bietet sich als „idealen Bereich“ für die Errichtung von neuen Windenergieanlagen.
  • Dies geht aus einem Brief einer Investorengesellschaft an einige Grundstückseigentümer hervor, welcher dieser Zeitung vorliegt.
  • Die Empfänger aus mehreren Gründen sind verwundert.

Nümbrecht – Sollten in der Gemeinde Nümbrecht künftig jemals Windkraftanlagen gebaut werden, dann vielleicht in Oberstaffelbach. „Dort befindet sich die einzige mögliche Vorrangfläche“, betont Manfred Schneider, Leiter des Fachbereichs Bauen im Rathaus, und reagiert damit auf ein Schreiben einer Investorengesellschaft für Windparks. Dieses hat jüngst einige Grundstückseigentümer in der Ortschaft Wirtenbach erreicht.

In dem Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, heißt es: „Die Gemeinde Nümbrecht bestrebt langfristig, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben.“ Zudem schreibt die Firma, die den Angaben auf ihren Internetseiten zufolge Standorte in Herten und Recklinghausen unterhält, dass sie eine „detaillierte Analyse des Gemeindegebiets“ vorgenommen habe – „unter der Prämisse eines bestmöglichen Schutzes von Natur und Anwohnern“. Dabei habe das Unternehmen „südöstlich an der Grenze zu Waldbröl nach hausinternen Studien und Abschichtungsprozessen“ einen „besonders gut geeigneten“, ja sogar „idealen Bereich“ für die Errichtung von Windenergieanlagen ausgemacht, heißt es weiter.

Andere Pläne gescheitert

Diese Flächen liegen offenbar in Wirtenbach – und damit weit entfernt von Oberstaffelbach. Denn Empfänger dieses Briefes vom 9. August haben sich inzwischen sowohl bei der Wählergemeinschaft Homburger Homburger Ländchen (WGHL), 2014 hervorgegangen aus einer Initiative gegen den Bau von Windrädern, als auch im Rathaus gemeldet. „Erst auf diesem Weg haben wir davon erfahren, dass dieses Unternehmen bei uns aktiv ist“, berichtet Manfred Schneider. Eine offizielle Anfrage an das Nümbrechter Rathaus liege dagegen nicht vor.

Ortslage Oberstaffelbach

Zwar besteht in Nümbrecht-Oberstaffelbach auf dem Papier zurzeit noch eine Konzentrationsfläche für Windkraft, jedoch ist die Rechtslage dort seit dem 1. Februar 2017 ziemlich komplex: Einstimmig hat sich damals der Planungs- und Umweltausschuss der Gemeinde dafür ausgesprochen, diesen einzig möglichen Standort für Windräder zu streichen.

„Oberstaffelbach wäre ohnehin nur bedingt für Windkraftanlagen geeignet“, hatte Bürgermeister Hilko Redenius mit Blick auf die dort geltende Höhenbeschränkung von 100 Metern damals erklärt. „Die Höhe würde aber nicht reichen, um Windräder in Gang zu setzen, weht über dem Ort doch meist ein eher laues Lüftchen.“ Wer jetzt auf dem Gebiet der Gemeinde Windräder aufstellen will, findet laut Redenius in den Außenbereichen weiter „vier bis sechs Bereiche“, muss aber das übliche Antragsverfahren durchlaufen. Dabei gilt es etwa zu prüfen, ob der vorgeschriebene Abstand von 600 Metern zur nächsten Wohnbebauung eingehalten werden kann und ob der Tierschutz gewahrt bleibt. Die Kosten trägt der Antragsteller. (höh)

Auf mehrfache Anfragen dieser Zeitung um eine Stellungnahme hat das Unternehmen bisher nicht reagiert. Unbekannt ist die Firma im Oberbergischen allerdings nicht: Unter anderem hatte sie im Februar 2017 ihre Pläne, in einem Waldstück auf dem Stentenberg, also zwischen Gummersbach-Herreshagen und Marienheide-Himmerkusen, Windkraftenergieanlagen zu errichten, aufgegeben und mangelndes Interesse der Grundstückseigentümer am Projekt als Grund genannt. Dort hatte sich eine Bürgerinitiative gegen dieses Vorhaben formiert.

Unterdessen wundert sich in Nümbrecht Verwaltungsmann Schneider, „dass die alten Winterborn-Pläne aus der Kiste geholt werden“. Denn dort sei Windkraft schon lange kein Thema mehr. Zudem sei der Brief des Unternehmens „wenigstens irreführend geschrieben“. Dieser ist dem Rathaus aus Wirtenbach inzwischen zugegangen. Rainer Galunder, WGHL-Gründer und zurzeit Vorsitzender der WGHL-Fraktion im Gemeinderat, wirft der Firma sogar „Lügen, Manipulationen und Fake-Briefe“ vor, damit ziehe sie gerade durch Nümbrecht.

Tier- und Datenschutz

Zwar sei die Gemeinde natürlich bestrebt, den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben, resümiert Galunder vergangene Sitzungen des Gemeinderates. „Die Windkraft gehört jedoch aufgrund der bislang fundierten Untersuchungen vor allem der ehrenamtlichen Initiativen, Wählergemeinschaften und Naturschutzverbände nicht dazu, da das Homburger Ländchen eine historische Kulturlandschaft mit einem Hotspot an planungsrelevanten Arten ist“, führt Galunder aus und beruft sich auf eine Vielzahl von Kartierungen. Vor allem das Vorkommen des Rotmilans sei in dem genannten Bereich herausragend.

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Zudem zählt der WGHL-Chef 39 weitere Tierarten auf, die dort dokumentiert seien. „Wo ist da die Logik dieser Naturfrevler?“, fragt der Diplom-Geograf. „Oder sind es nur gewissenlose Geschäftemacher, denen die heimische Tier- und Pflanzenwelt sowie der Schutz der Nümbrechter Bürger vollkommen egal sind?“ Galunder wirft auch die Frage auf, wie das Unternehmen überhaupt an die Daten der Grundstückeigentümer in Nümbrecht komme, da dem Schreiben eine „flurstückscharfe Karte mit allen Parzellen“ beigefügt sei. „Da wäre zu prüfen, ob nicht ein Verstoß gegen den Datenschutz vorliegt.“

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