Der Konzern Amprion lässt seine 75 Leitungskilometer in Oberberg jährlich prüfen, so wie gerade. Ausgeführt wird die Kontrolle per Hubschrauber.
Kontrolle aus der LuftDamit in Oberberg der Strom jederzeit sicher durch die Netze fließt

Insgesamt 75 Kilometer misst im Oberbergischen Kreis das Stromnetz des Dortmunder Betreibers Amprion. Mindestens einmal im Jahr lässt das Dortmunder Unternehmen die Freileitungen kontrollieren. Und das geschieht mit dem Hubschrauber.
Copyright: Michael Kupper
9.52 Uhr, ein Wummern ist zu hören. Zunächst leise, dann immer lauter ist dieses Motorengeräusch zu vernehmen. Über dem Höhenzug bei Wendershagen taucht plötzlich ein schwarzer Hubschrauber auf, er fliegt langsam, sinkt. In der Nähe der Morsbacher Ortschaft Erdingen drosselt Pilot Stefan Vetter erneut die Geschwindigkeit auf 15, höchstens 20 Kilometer in der Stunde. Auch reduziert der 39-Jährige ein weiteres Mal die Höhe und hält mit der Maschine auf die schweren Kabel zu, die sich dort zwischen stählernen Masten spannen.
Der Hubschrauber steht nun stabil auf einer Höhe von etwa 57 Metern. An Bord hat Vetter zwei Betriebstechniker des Dortmunder Konzerns Amprion: Sie haben die Freileitungen und deren Zusatzkomponenten, Isolatoren zum Beispiel, fest im Blick und sehen ganz genau hin.
In Oberberg ist das Freileitungsnetz 1972 errichtet worden
An diesem Tag ist das Oberbergische dran: Das Unternehmen kontrolliert seine Höchstspannungsleitungen auf Schäden, die Länge der Kabelstränge über dem Kreisgebiet beziffert Sprecher Lucian Grümer auf rund 75 Kilometer. Gebaut wurde das Netz 1972. Über diese Leitungen beliefert Amprion jeden Energieversorger, der in Oberberg Strom verkauft – will sagen: Ist das Kabel kaputt, wird’s finster in jedem Haus. „Einige Großkunden aus der Industrie hängen ebenfalls an unserem Netz, und zwar direkt“, sagt Grümer, Namen nennt er nicht.
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Bei Morsbach-Alzen hat der Kontrollflug begonnen, für die Crew endet der Arbeitstag schließlich in Wuppertal-Ronsdorf. Hinter Lindlar hat sie den Luftraum über Oberberg verlassen.
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Aufgebrochen sind der Wiener Stefan Vetter und die Techniker – sie wollen ihre Namen nicht in der Zeitung lesen – an der Umspannanlage Dauersberg bei Betzdorf im Nachbarlandkreis Altenkirchen. Sie folgen den von dort geführten Freileitungen und erreichen gegen 8.45 Uhr Alzen, den ersten Ort im Oberbergischen. Der Kontrollflug bringt die Mannschaft in Richtung Norden, am frühen Nachmittag verlässt das Team hinter der Gemeinde Lindlar den Luftraum über dem Kreisgebiet und biegt ab in Richtung Wuppertal.
Heiß ist es. Nicht nur draußen, im Cockpit des Hubschraubers natürlich erst recht. „Aber die Kabine ist gut belüftet“, betont Stefan Vetter. Der Pilot arbeitet für das Unternehmen Skywork von Paul Sebastian Buchner, in Osterburken (Baden-Württemberg) ist es beheimatet.
Der Auftrag von Amprion ist hart, er verlangt höchste, stets konstante Konzentration – und das über sechs bis acht Stunden am Stück: „Unterwegs trinken wir viel, auf die Sonnenbrille kann ich nicht verzichten“, schildert Vetter. Mit ruhiger Hand hält er den Hubschrauber in der Luft, nur zehn bis 15 Meter trennen die Maschine von den Stromleitungen – „reine Übungssache“, urteilt der Wiener. „Natürlich darf ich niemals eine Leitung übersehen – weder neben meinem Hubschrauber, noch darunter.“
In Oberberg steht ein großes Umspannwerk in Wiehl-Bomig
Wichtig bei einer solchen Leitungskontrolle sei es, nicht nur die Maschine und ihre Eigenheiten bestens und bis in jedes Detail zu kennen. „Ich muss mir auch immer der Lage im Raum bewusst sein.“ Aber gerade das mache den Reiz am Job aus, betont Vetter: „Der besteht für mich vor allem im präzisen Steuern eines hochkomplexen Fluggeräts in einer sich ständig verändernden Umgebung.“
Im Kreisgebiet messen die Masten zwischen 55 und 65 Metern in der Höhe. Ein großes Umspannwerk steht in Wiehl-Bomig. „Die Masten haben jeweils drei Traversen, das sind die Querträger, an denen die Leiterseile befestigt sind“, erklärt Amprion-Sprecher Grümer. „In aller Regel fliegt der Hubschrauber auf Höhe der obersten Traverse.“ Diese liegt wenige Meter unter der Mastspitze. Die luftigen Kontrollarbeiten verlangen eine Tiefflug-Genehmigung, jeder Flug sei mit den zuständigen Behörden abgestimmt.
Inzwischen hat die Crew das Ellinger Bachtal und die Gemeinde Morsbach hinter sich gelassen. Der Hubschrauber hält auf Denklingen in der Nachbargemeinde Reichshof zu und nimmt damit Kurs auf die Umspannanlage in Bomig, am Knotenpunkt bei Wuppertal-Ronsdorf endet später der Arbeitstag von Pilot und Kontrolleuren. Und am frühen Abend liegen bereits Ergebnisse vor. Lucian Grümer berichtet: „Es wurden keine gravierenden Schäden an den Leitungen oder deren Komponenten entdeckt.“ Völlige Netzausfälle seien in Deutschland heute übrigens eine Seltenheit, versichert der Sprecher. „Allerdings sehen wir alle die Versorgung mit Strom als selbstverständlich an – und dieses Denken basiert eben auf einer hohen Systemsicherheit.“
Die Lebensdauer der Stromleitungen liegt bei etwa 80 Jahren
Die Kontrollflüge von Amprion dauern mindestens einen Tag, bis in den August hinein lässt das Dortmunder Unternehmen sein Netz im Rheinland, am Niederrhein und in Teilen des Sauerlandes überprüfen. Die Freileitungen stehen unter Höchstspannung, sie führen 220 und 380 Kilovolt. Fast 3500 Masten und etwa 1055 Stromkreiskilometer fassen die Kontrollteams ins Auge: Sie dokumentieren Defekte, die anschließend sofort behoben werden.
„Diese Sichtkontrollen aus der Luft ergänzen die regelmäßigen Bodeninspektionen, bei denen die Stromleitungen abgelaufen und die Masten bestiegen werden“, führt Amprion-Sprecher Lucian Grümer aus. „Natürlich heben die Hubschrauber nur ab, wenn es das Wetter zulässt.“ Weht zu viel Wind, startet niemand.
Die letzte Kontrolle führt die Betriebstechniker von Amprion in diesem Sommer nach Remscheid. Zwei von ihnen klettern in den Hubschrauber, bei einer Geschwindigkeit von 15 bis 20 Kilometern in der Stunde betrachten sie die Leitungen. Grümer: „Jeder Strang wird zweimal angeflogen, also in beide Richtungen.“ Die Lebensdauer solcher im Freien geführten Leitungen liege bei rund 80 Jahren.
„Sie sind letztendlich Gebrauchsgegenstände, die verschleißen und somit Schaden nehmen“, sagt der Sprecher. „Allein der ständige Stromfluss setzt den Trassen bereits zu.“ Aber auch Vögel, die mit den Kabeln kollidieren, verursachen Schäden daran. Ausgeführt werden die Kontrollen per Hubschrauber mindestens einmal im Jahr, je nach Standort der Leitungen auch häufiger. „Und bei Bedarf fliegt auch eine Infrarot-Kamera mit.“ Amprion ist einer von vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland.