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Entscheidung
Politik verordnet dem neuen Marktgelände in Waldbröl eine Schlankheitskur

5 min
In Waldbröl hat die Politik nun über die Neugestaltung des Marktgeländes in der Stadtmitte und einen Neubau anstelle der abgebrannten Markthalle entschiedden (die Brandruine ist unten im Bild zu sehen).

In Waldbröl hat die Politik nun über die Neugestaltung des Marktgeländes in der Stadtmitte und einen Neubau anstelle der abgebrannten Markthalle entschiedden (die Brandruine ist unten im Bild zu sehen).

Der Stadtrat hat sich ebenfalls für den Verzicht auf einige Elemente an der neuen Halle entschieden. Seine letzte Sitzung war sehr emotional.

Secret Garden – gestrichen. Multifunktionaler Platz – weg. Und auf zusätzliche Stellbuchten für Autos entlang der Gerberstraße will Waldbröls Politik ebenfalls verzichten, wird das neue Marktgelände in der Stadtmitte gebaut. Dazu gehören eine neue Markthalle und eben der gesamte Platz zwischen der Gerberstraße, dem Löher Weg und dem Friedrich-Engelbert-Weg.

Mit mehrheitlichem Votum hatte am Dienstag zunächst der Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung nach fast dreistündiger Diskussion ein abgespecktes Konzept für das Großprojekt auf den Weg gebracht, das der Stadtrat am Mittwoch in seiner letzten Sitzung mit dann auch mehrheitlich verabschiedet hat.

Letzte große Entscheidung des aktuellen Stadtrats für Waldbröl

„Ich freue mich, dass der Stadtrat diese wichtige Entscheidung für den Städtebau noch in der alten Besetzung treffen konnte“, sagte Bürgermeisterin Larissa Weber. Künftig, also nach der jüngsten Kommunalwahl, könnten solche Entscheidungen womöglich nicht mehr so leicht zu treffen sein, ergänzte die Rathauschefin und meint damit die neue, neunköpfige Fraktion der AfD.

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Grund für den tiefen Eingriff in die bisherigen Pläne ist die Furcht der Politik vor Ausgaben, die den bisher kalkulierten Rahmen sprengen. So hatten sich die Fraktionen von SPD, UWG, den Grünen und der FDP in einer Unterbrechung der Sitzung zurückgezogen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Jetzt müssen die Stadtverwaltung und das verantwortliche Planungsbüro ASS aus Düsseldorf prüfen, ob die gewünschten Streichungen die angestrebte Förderung in Gefahr bringen.

Das ist der Entwurf einer neuen Markthalle für Waldbröl aus dem Kölner Architekturbüro Form A, den es nun in die Realität umzusetzen gilt.

Das ist der Entwurf einer neuen Markthalle für Waldbröl aus dem Kölner Architekturbüro Form A, den es nun in die Realität umzusetzen gilt.

ASS-Chef Hans-Joachim Hamerla, Linus Wortmann vom Lüdenscheider Architekturbüro KKW und Jan Witowski vom Reichshofer Ingenieurbüro Plus-Plan hatten die Pläne für das rund 4740 Quadratmeter große Marktgelände zunächst im Fachausschuss vorgestellt und diesem auch die bisher errechneten Kosten für die einzelnen Vorhaben vorgelegt.

Das Projekt ist ein großes Kapitel im neuen Integrierten Handlungs- und Entwicklungskonzept „Innenstadt Waldbröl 2030“: Bis Dienstag, 30. September, muss die Marktstadt ihre Anträge auf Förderung formulieren und abschicken. Und bis Ende des Jahres, betonte Hamerla, habe die Stadtpolitik dann erneut Zeit, an diesen noch mal zu feilen und eine überarbeitete Planung abzugeben.

Die alte Markthalle in Waldbröl hat ein verheerendes Feuer im April 2022 völlig zerstört

Dem Rathaus liegt eine Zusage von Fördermitteln in Höhe von insgesamt 13 Millionen Euro vor. Zu Buche geschlagen haben – bis eben zu den beiden Sitzungen – der Neubau einer vielfältig nutzbaren (Veranstaltungs-) Halle mit fast 4,83 Millionen Euro und das Gelände rund um das Gebäude mit nahezu 1,63 Millionen. Unterm Strich stehen, weitere Arbeiten eingerechnet, nach den Ausführungen Hamerlas damit mehr als 8,26 Millionen Euro.

Darin aber eingerechnet ist aber auch eine sogenannte Indexierung jeweils von 7,5 Prozent für die Jahre 2023 und 2024. Zur Erinnerung: Im Juni 2022 konnte sich die Politik nicht dazu durchringen, einem Neubau kurzfristig grünes Licht zu geben, das dasselbe war der Fall im Juni 2023. Die alte, 1982 errichtete Markthalle war durch ein Feuer in der Nacht zum 25. April 2022 völlig zerstört worden.

In der Nacht zum 25. April 2022 zerstörte ein Feuer in Waldbröl die 1982 erbaute Markthalle völlig.

In der Nacht zum 25. April 2022 zerstörte ein Feuer in Waldbröl die 1982 erbaute Markthalle völlig.

Hinter dieser Indexierung verbirgt sich neuerdings ein finanzieller Spielraum, den der Fördergeber Kommunen gewährt für die Umsetzung solcher Bauvorhaben. Dieser soll zum Beispiel die generelle Inflation, steigende Kosten für Baumaterial oder auch einen erhöhten Mindestlohn abfedern, wenn Kommunen geplante Projekte aufschieben.

Diesen Index hatte Hans-Joachim Hamerla in seinen Berechnungen berücksichtigt, sodass er auf ein Gesamtvolumen von mehr als 14,57 Millionen Euro kommt. Und wenn Waldbröl davon 60 Prozent aus den Förderkassen erhält, wären das mehr als 8,74 Millionen. Und die Marktstadt müsste noch fast 5,83 Millionen Euro selbst aufbringen.

Planer Jan Witowski hatte zuvor selbst den Rotstift angesetzt und aus seinen Plänen für das Marktgelände bereits Elemente gestrichen, die entweder nicht unbedingt notwendig oder sogar eher als Luxus einzuschätzen sind. Dazu zählen Naturstein-Einfassungen ebenso wie eine zehn Kubikmeter große Regenwasser-Zisterne, die dem städtischen Bauhof Gießwasser geliefert hätte. So kam Witowski allein auf mögliche Einsparungen von rund 400.000 Euro (brutto).

Mit Blick auf das frühere Merkur-Gelände: Waldbröler Politik möchte nicht noch mehr neue Plätze bespielen

Sauer stieß der Politik indes auf, dass die Gestaltung der Außenanlagen in der vorläufigen Kalkulation nicht mehr rund 657.400 Euro, sondern nun mehr als 1,62 Millionen kosten sollte. „Wie viele Plätze wollen wir denn noch bespielen?“, fragte etwa Anne Pampus von der SPD – auch mit Blick auf die beiden neuen Plätze, die zurzeit auf dem früheren Merkur-Gelände und damit in der Nachbarschaft entstehen. Die Sozialdemokratin forderte ebenfalls eine Überarbeitung der Pläne und eben ein Abspecken des Gesamtprojekts. „Wir müssen den Fokus auf die Markthalle und die Einhaltung der bisher errechneten Kosten legen“, ergänzte Pampus.

Das stößt bei Waldbröls Bürgermeisterin Larissa Weber durchaus auf Zustimmung: „Gerade in finanziell herausfordernden Zeiten ist es wichtig, bei unseren Investitionen auf ein gutes Kostenbewusstsein zu achten“, sagte Weber auf Nachfrage dieser Zeitung. Aber auch weiterhin sollen die betroffenen Flächen so gestaltet werden, „dass sie zum Gesamtkonzept passen und ein einladendes Umfeld schaffen“. Denn Ziel sei es, die Stadt weiter „positiv zu entwickeln und die Lebensqualität für alle Generationen zu stärken“.

Waldbröls Kämmerin Anja Brauer hatte zudem die Betriebskosten für die neue Halle, die auch eine Touristen-Information und die „Wir für Waldbröl“-GmbH beherbergen soll, überschlagen: Sie kommt auf 113.000 Euro pro Jahr sowie ein zusätzliches Defizit in Höhe von 158.000 Euro jährlich.

Mehrheitlich sprach sich zuletzt der Stadtrat ohne weitere Diskussion für die reduzierte Version aus, inklusive der von den Planern vorgeschlagenen Einsparungen.


19 Abschiede aus der Waldbröler Stadtpolitik und viele Ehrungen

Die letzte Sitzung des Waldbröler Stadtrats in der aktuellen Besetzung war eine sehr emotionale, es flossen sogar Tränen. 18 Politikerinnen und Politiker verlassen das Gremium – auf eigenen Wunsch oder weil sie es müssen nach der Kommunalwahl. Unter ihnen sind die stellvertretenden Bürgermeister Monika Bourtscheidt (SPD, im Rat seit 2009) und Helmut Rafalski (CDU, seit 1989). Zudem ehrte Bürgermeisterin langjährige Mitglieder, so auch Anne Pampus (SPD) und Richard Reiss (CDU) für ihre jeweils 25-jährige Tätigkeit im Stadtrat.

Vor der letzten Ratssitzung wurden etliche Mitglieder von Bürgermeister Larissa Weber (vorne rechts) geehrt und 19 von ihnen auch verabschiedet.

Vor der letzten Ratssitzung wurden etliche Mitglieder von Bürgermeister Larissa Weber (vorne rechts) geehrt und 19 von ihnen auch verabschiedet.

Den Rat der Marktstadt verlassen nun: Detlef Baldamus (FDP), Kai Bludau (CDU), Monika Bourtscheidt (SPD), Paul W. Giebeler (UWG), Udo Gilles (UWG), Herbert Greb (FDP), Katharina Hein (Grüne), Jürgen Köppe (CDU), Gabi Leonhard (SPD), Martin Pfeiffer (Grüne), Helmut Rafalski (CDU), Richard Reiss (CDU), Marie Schöbel (SPD), Cleo Sellke (Grüne), Mehdi Shaykhan (CDU), Tabea Steiniger (CDU), Frederik Stolte (CDU), Frank-Peter Twilling (CDU) und Eberhard Weber (CDU).