Rösrather SülztalplatzBenennung nach Auschwitz-Überlebender umstritten

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Die Auschwitz-Überlebende Philomena Franz mit Schülerinnen im Gymnasium Herkenrath.

Die Auschwitz-Überlebende Philomena Franz mit Schülerinnen im Gymnasium Herkenrath.

Rösrath – Ein Runder Tisch soll klären, ob und wie die Stadt Rösrath die Auschwitz-Überlebende, Zeitzeugin und Autorin Philomena Franz ehren kann. Zusammen mit Fachleuten soll sich der Runde Tisch auch generell mit Menschen beschäftigen, die im NS-Regime verfolgt wurden: Er soll klären, was für diese eine „angemessene Erinnerungsform“ wäre. Dieses Vorgehen hat der Hauptausschuss einstimmig beschlossen. Er folgte einem Antrag von ZLR-Fraktionschefin Cordula Dick. Die kleine Fraktion zeigte damit einen allgemein akzeptierten Weg aus einer zuvor festgefahrenen Diskussion.

Klare Regeln bei der Benennung von Straßen und Plätzen

Mit einer Satzung will die Stadt Rösrath für klare Regeln bei der Benennung von Straßen und Plätzen sorgen. Der Hauptausschuss diskutierte dazu über einen Satzungsentwurf der Stadtverwaltung. Bisher gibt es keine offiziellen Leitlinien, sondern nur eine gängige Praxis. Diese wurde bisher nicht in Frage gestellt. Erst durch die Diskussion über eine Benennung nach Philomena Franz fiel auf, dass eine Grundsatzvereinbarung fehlt.

Laut Entwurf wird festgelegt, dass eine Benennung nach lebenden Personen künftig nicht zulässig ist. Klare Vorgaben soll es auch für die Umbenennung von Straßen geben, es sind dafür gute Gründe vorzubringen. Als möglichen Grund nennt der Entwurf, dass eine Straße nach „geschichtlich belasteten“ Personen oder Ereignissen benannt ist.

Dazu entspann sich eine kurze Diskussion. Jörg Vennedey (AfD) nannte als Beispiel für einen Umbenennungswunsch die Bismarckstraße: So werde die Politik Otto von Bismarcks heute kritisiert, doch sei die historische Situation zu berücksichtigen. Er wandte sich gegen eine „Null-Risiko-Gesellschaft“.

Zur Klarstellung schlug CDU-Fraktionschef Marc Schönberger vor, in der Satzung das Wort „erheblich“ einzufügen und nur bei „geschichtlich erheblich belasteten“ Namen einzuschreiten. Über die Satzung entscheiden soll der Rat am 1. Februar. (tr)

Anlass für die Ausschuss-Debatte war ein Bürgerantrag von Matthias Buth, den Sülztalplatz umzubenennen in Philomena-Franz-Platz. Hintergrund war, dass er zuvor bereits mit einem Antrag zur Benennung einer Straße nach Philomena Franz gescheitert war: Der Hauptausschuss hatte dies im Juni abgelehnt. Der Antrag zur Platz-Umbenennung war daher ein Hebel, eine Ehrung für Franz erneut aufs Tapet zu bringen.

Allerdings fand die Idee einer Platz-Umbenennung in der öffentlichen Diskussion relativ wenig Unterstützung – auf deutlich mehr Echo stieß die ebenfalls diskutierte Idee, die Gesamtschule Rösrath nach Franz zu benennen. Daher stellte Buth im Hauptausschuss in Aussicht, seinen Bürgerantrag zum Sülztalplatz zurückziehen, wenn die Politik ein Signal für eine Benennung der Schule gebe.

Gedenken an die Opfer

Der heutige 27. Januar ist seit 1996 dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus gewidmet. Der Rheinisch-Bergische Kreis begleitet den Gedenktag seit über 20 Jahren mit Veranstaltungen. Diesmal ist es ein Filmprojekt mit der Auschwitz-Überlebenden Philomena Franz: Sie äußert sich in einem Interview, das an ihre Autobiografie „Zwischen Liebe und Hass“ anknüpft.

Es ist ab heute auf der Internetseite des Kreises zu sehen. In das Filmprojekt einbezogen waren zwei Schulklassen. „Philomena Franz trägt dazu bei, dass wir diesen schrecklichen Abschnitt in der Geschichte Deutschlands nicht vergessen“, erklärt Kreis-Kultur- und Bildungsdezernent Erik Werdel mit Blick auf Nationalsozialismus und Holocaust. „Es ist ein Dokument der Erinnerung, damit sich jüngere Generationen mit der Thematik auseinandersetzen können.“ (tr)

www.rbk-direkt.de/gedenktag-27.-januar.aspx

Vertreter der Kooperation von CDU und Grünen wollten sich aber nur mit dem Antrag auf Platz-Umbenennung befassen, den sie ablehnten. Marc Schönberger (CDU) sagte, es sei ein „berechtigtes Interesse“ der Anlieger, ihre Adresse zu behalten. Dagegen gebe es kein berechtigtes Interesse, den Namen des Platzes zu ändern – eine Umbenennung würde daher wohl vor Gericht scheitern. Friedhelm Weiß (Grüne) sprach sich gegen eine Platz-Benennung nach einer lebenden Person aus. Zur Benennung der Gesamtschule könne „man Anregungen machen“, sie sei aber der Schule zu überlassen.

Daraufhin brachte Dick den ZLR-Antrag zu einem Runden Tisch ein. Eine Umbenennung des Sülztalplatzes nannte auch Dick „vielleicht nicht passend“, sie wollte aber trotzdem deutlich machen, dass die Stadt „die Versöhnungsarbeit von Frau Franz“ anerkenne. Danach stellten sich auch SPD und FDP hinter den ZLR-Antrag. Petra Zinke (SPD) zeigte zudem Sympathie für eine Benennung der Gesamtschule nach Franz.

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Auch Erik Pregler (FDP) wandte sich gegen eine Platz-Umbenennung, aber auch die Argumentation Schönbergers: „Es kann nicht sein, dass man den Antrag mit der juristischen Keule plattmacht.“ Schließlich zeigte auch Jörg Vennedey (AfD) Sympathie für eine Schul-Benennung nach Franz.

Die Einigkeit der oppositionellen Fraktionen brachte Grüne und CDU in Zugzwang. Stephan Mohr (Grüne) erklärte die Unterstützung für den ZLR-Antrag, die CDU schloss sich an. Buth zog seinen Antrag zurück.

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