„Vertrauensbruch, Panikmache“Gladbacher Politiker streiten heftig um Regionalplan

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Es wird geprüft, ob ein Gewerbegebiet zwischen Technologiepark und Autobahn 4 realisierbar ist.

Bergisch Gladbach – Der Planungsausschuss hat die Liste der Grundstücke beschlossen, die aus Sicht der Stadt als potenzielles Bauland in den neuen Regionalplan eingetragen werden sollen – mehrheitlich und nach einer harten Debatte. Ampel-Koalition und CDU in der Opposition werfen sich gegenseitig Unredlichkeit, Vertrauensbruch sogar Panikmache vor. Herausgekommen ist ein Kompromiss. Abstriche muss jede Fraktion machen, am meisten vielleicht die Grünen.

Die drei klimarelevanten sogenannten weißen Flächen im Außenbereich sollen nicht für den Siedlungsbau freigegeben werden: Es handelt sich um die beiden Grünzüge am Weidenbuscher Weg in Katterbach-Lubusch und an der Alten Wipperfürther Straße in Hebborn sowie um den landwirtschaftlich geprägten Freiraum in Hebborn. Vom Tisch ist auch die bei Anwohnern und Naturschützern heftig umstrittene Erweiterungsfläche für die Firma Krüger im Gewerbegebiet Zinkhütte.

Gewerbegebiet in Spitze bleibt eine Option

Dagegen soll das Areal entlang der Autobahn 4 doch als potenzielles Gewerbegebiet in den Regionalplan aufgenommen. Dabei war die Fläche sogar für die Stadtverwaltung tabu. Sie bescheinigte dem Waldstück erst in einer Pressemitteilung im Juni „eine unbestrittene hohe ökologische Wertigkeit“.

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Regionalplan

Der Regionalplan Köln ist eine Art Flächennutzungsplan für einen größeren Bereich. Das Planwerk umfasst alle Kreise und kreisfreien Städte des Regierungsbezirks Köln. Formuliert werden übergeordnete Ziele der Raumordnung und Entwicklung in der Region. Das Planwerk gilt bis zum Jahr 2043. Die Frist für die Abgabe der Stellungnahme der Kommunen endet am 31. August. Die Regionalplanungsbehörde legt dann dem Regionalrat eine Zusammenstellung aller Stellungnahmen vor. . Abschließend entscheidet schließlich der Regionalrat über die vorgebrachten Anregungen und Bedenken im Rahmen des Feststellungsbeschlusses. (ub)

Stattdessen will sich die Stadt sich die Option erhalten, in Kürten-Spitze ein interkommunales Gewerbegebiet auszuweisen. Beigeordneter Ragnar Migenda wirbt noch einmal dafür, sich diese Chance nicht zu verbauen. Er spricht von einem „Silicon Valley in Spitze“: „Vielleicht entsteht dort eines Tages eine Denkfabrik und dort werden Roboter gebaut. Wir müssen in die Zukunft und über unsere Grenzen hinaus denken.“

Bergisch Gladbach: Grüne werfen CDU Panikmache vor 

Der Planungsausschuss beschließt diese Punkte im von der Ampelkoalition eingebrachten Beschlussvorschlag mit den Stimmen von Grünen, SPD, FDP und Freien Wählern. CDU, AfD und Bergische Mitte stimmen dagegen.

Die CDU scheitert mit ihrem eigenen Antrag, das östlich des Autobahnanschlusses Moitzfeld gelegene Areal – rund um das bestehende Gewerbegebiet Obereschbach – als mögliche zusätzliche Fläche für ein Gewerbegebiet in den Regionalplan aufzunehmen. „Nur auf Zanders zu setzen, ist ein Fehler“, mahnt Hermann-Josef Wagner vergeblich. Am Ende kann die CDU zumindest einen Achtungserfolg verbuchen. Wie die CDU vorschlägt, soll im Rahmen einer Machbarkeitsstudie geklärt werden, ob sich das stark abschüssige Gelände für ein Gewerbegebiet eignet.

CDU greift Gladbacher Ampel an

Vor den Abstimmungen hat es einen heftigen Streit gegeben: Koalition gegen Opposition. Gabriele von Berg (CDU) wirft Grünen, SPD und FDP vor, zu Lasten der Anwohner in Herkenrath ein Gewerbegebiet in Spitze durchsetzen zu wollen: „Das wird niemals mit Zustimmung der Menschen geschehen. Das können Sie den Leuten nicht erklären. Die L 286 ist jetzt schon überlastet.“ Corvin Cochan (SPD) kontert, indem er der CDU „Panikmache“ vorwirft: „Es ist unredlich, dass die CDU suggeriert, es stünden in Spitze bereits Industrieschlote und 40-Tonner donnern über die Landstraße.“

Verkehrte Welt: Theresia Meinhardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen, plädiert für Klimaschutz zu jeder Gelegenheit und stimmt jetzt für ein Gewerbegebiet in Spitze sowie für potenzielles Gewerbe im Waldstück entlang der A 4. Meinhardt verteidigt die Beschlüsse als „Kompromiss“ mit den Koalitionspartnern. Sie beruft sich zudem auf den schriftlich festgehaltenen Zusatz, dass in Frankenforst „in dieser Ratsperiode keine planungsrechtlichen Schritte unternommen werden sollen.“ Robert-Martin Kraus wirft den Grünen trotzdem „Wortbruch“ gegenüber den Wählern vor.

Wirrwarr bei den Abstimmungen

Jörg Krell, Fraktionsvorsitzender der FDP, fordert die CDU dafür auf: „Denken Sie mal an morgen. Das Morgen wird komplett anders aussehen als das Heute, und das hat was mit dem Klimaschutz zu tun.“ Für die Ampel kündigt Krell an, in der nächsten Sitzung des Planungsausschusses weitere Vorschläge für Gewerbeansiedlungen zu machen. 

Irritationen und Chaos verursacht Ausschutzvorsitzender Andreas Ebert (SPD) mit seinem Vorschlag, über jede Fläche einzeln abstimmen lassen zu wollen. In der Sitzungspause sagt der Vertreter des Seniorenbeirats: „Da blickt doch ein Außenstehender gar nicht mehr durch. Statt immerzu zu reden, muss in der Stadt endlich mal etwas passieren.“ Nach der Pause setzen die Fraktionen durch, besser über die verschiedenen Anträge zu entscheiden.

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Im Abstimmungs-Wirrwarr senkt dann Wilfried Förster von den Freien Wählern bei dem Punkt, als es um das Gelände an der A 4 geht, nicht rechtzeitig den Arm und signalisiert so aus Versehen seine Zustimmung. Das Unglück ist ihm anzusehen. Hat doch die FWG von Anfang an vehement dafür gekämpft, dass nicht nur die weißen Flächen, sondern auch das Waldstück in Frankenforst aus der Regionalplanung rausgenommen wird. Aber es gibt einen Ausweg aus dem Dilemma: Der Stadtrat verabschiedet am kommenden Dienstag endgültig die Stellungnahme der Stadt zum Regionalplan.

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