1149 Geflüchtete in der StadtUnterkünfte für Geflüchtete in Bergisch Gladbach sind voll

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Zwei zweistöckige Containerbauten, die noch unbewohnt sind.

Ein Teil der neu aufgebauten Module im Containerdorf im Bergisch Gladbacher Stadtteil Lückerath soll im September bezugsbereit sein.

Die Kapazitäten der Stadt sind aktuell erschöpft. Trotzdem muss Bergisch Gladbach noch mehr Flüchtlinge aufnehmen.  

Bei der Unterbringung von Geflüchteten hat Bergisch Gladbach seine Leistungsgrenze erreicht. Die Kapazitäten sind aktuell ausgeschöpft. Da die Stadt bei der Aufnahme unter ihrem errechneten Soll liegt, muss sie aber noch mehr Flüchtlinge aufnehmen. „Wir können nicht ausschließen, dass wir wieder Turnhallen belegen müssen“, sagt Dezernent Ragnar Migenda in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses.

1149 geflüchtete Menschen – darunter 496 Kriegsvertriebene aus der Ukraine - sind derzeit in der Stadt untergebracht. Damit sind die städtischen Unterkünfte derzeit voll. Im Juni waren insgesamt 1474 ukrainischen Kriegsflüchtlinge in Bergisch Gladbach gemeldet. Der überwiegende Teil, etwa zwei Drittel aus diesem Personenkreis, lebt allerdings immer noch privat bei Familien oder hat es inzwischen geschafft, in Wohnungen unterzukommen.

Bergisch Gladbach erfüllt die Quote nicht

„Die Zahlen sehen nicht gut aus“, berichtet Simone Engelberth, Leiterin der städtischen Abteilung Soziale Förderung. Denn die Stadt muss weitere 515 Personen aufnehmen, um die sogenannte Verteilquote Wohnsitzauflage zu 100 Prozent zu erfüllen. Diese Menschen haben bereits einen Status als anerkannte Flüchtlinge. Gesetzlich verankert ist jedoch, dass sie für einen Zeitraum von drei Jahren in dem Bundesland bleiben, in das sie zugewiesen wurden, sofern sie ihren Lebensunterhalt nicht alleine sichern können.

„Solange die Erfüllungsquote nicht erreicht ist, besteht die Möglichkeit von weiteren Zuweisungen von Schutzberechtigten an die Kommune“, bestätigt  eine Sprecherin des NRW- Ministeriums für Flucht und Integration. Eine kurzfristige Zuweisung von einer größeren Anzahl finde in der Regel aber nicht statt. Zudem würden die Zuweisungen angekündigt, sodass die Kommune die entsprechenden Vorkehrungen treffen könne.

Bei den Zuteilungen gibt es kein Pardon

Damit muss die Stadt jetzt fertig werden. „Das ist wie ein Damoklesschwert, das über uns schwebt“, sagt Fachbereichsleiterin Sabine Hellwig, „wir haben in einem Kraftakt es bisher immer geschafft, alles vorausschauend zu organisieren. Aber irgendwann ist die Grenze erreicht.“ Spreche das Land NRW Zuteilungen aus, gebe es kein Pardon: „Wir müssen die Menschen aufnehmen, ob wir wollen oder nicht“, sagt Hellwig

Da die Zahl der Asylanträge in Deutschland steigt, verteilt das Land NRW zudem einen Teil der Menschen in den Erstaufnahmeeinrichtungen und Landeszentren schneller an die Kommunen als bisher. Die entsprechenden Transfers sollen Anfang September beginnen, kündigt die Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage an.

Ich wundere mich, dass es in der Stadt bisher so ruhig geblieben ist
Ragnar Migenda, Dezernent Bergisch Gladbach

Aber wohin mit den Menschen? Es fehlt einfach an Flächen und geeignetem Wohnraum, um die Menschen angemessen unterzubringen. Darin liegt auch ein sozialer Sprengstoff.. „Ich wundere mich, dass es in der Stadt bisher so ruhig geblieben ist“, sagt Ragnar Migenda, zuständiger Dezernent. Die Stadtgesellschaft habe den starken Flüchtlingszustrom bislang sehr ruhig gehandhabt - ohne Nutzungskonflikte politisch oder öffentlich hoch zu kochen. Dies gelinge, weil Bürgerschaft, Politik und Verwaltung mit dem gleichen Willen beseelt seien, zu helfen: „Dies ist ein starkes und großes Pfand in unserer Stadt.“

Bisher habe die Stadt darauf verzichten können, Turnhallen zu belegen. Aber ausschließen könne er dies nicht: „Es kann sein, dass wir die Turnhallen brauchen.“ Als Option hat die Stadt jetzt noch die zusätzlich aufgebauten Module im Containerdorf in Lückerath. Die ersten beiden Riegel seien im September bezugsfertig Die maximale Belegung dort wird verdoppelt und liegt dann bei 300 Personen.

Für Geflüchtete ist es auch abgesehen vom leergefegten Wohnungsmarkt schwierig, Fuß zu fassen. Immer weniger freiwillige Helfer stehen der Stadt   zur Seite. Die Lage in Bergisch Gladbach ist inzwischen so ernst, dass die erfahrene Flüchtlingshelferin Bibi Opiela Alarm schlägt: „Viele Flüchtlinge bleiben sich selbst überlassen“, sagt sie. Denn viele Helfer seien   bereits seit 2015 engagiert und zögen sich jetzt erschöpft zurück. Opiela wirbt erneut dafür, Strategien zu entwickeln, um die Integration zu unterstützen.

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