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Treffen in Bergisch GladbachDie Power-Frauen treffen sich donnerstags – Gespräche über Alltagsprobleme

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Über alle Hürden hinweg kommen die Frauen ins Gespräch: (v. l). Zunik S., Gruppenleiterin Brishna Wiar und Mathanke.

Bergisch Gladbach – Freundinnen treffen, über Alltägliches quatschen, zusammen Tee trinken: Was für viele völlig normal klingt, ist vor allem für Frauen mit Migrationshintergrund eine Chance. Einmal in der Woche treffen sich die „Power-Frauen“ im Café Kiwo im Stadtteil Bensberg-Bockenberg.

Fünf bis zehn Frauen kommen regelmäßig, bringen selbstgebackenen Kuchen und Kekse mit. So ist es auch an diesem Donnerstag. Nicht in kleinen Grüppchen, sondern an einen großen Tisch haben sich die Frauen verschiedenen Alters und unterschiedlicher Herkunft gesetzt. Und unterhalten sich, holprig zwar, auf Deutsch. Es klappt mit Unterstützung derjenigen, deren Sprachkenntnisse gut sind.

Seit einem halben Jahr besteht die Frauengruppe Power-Frauen des Integrationsprojekts 180-Grad-Wende, mit dem in Köln in vielen Stadtteilen Jugendlichen und jungen Erwachsenen geholfen wird (siehe „Idee kommt aus Köln“). In Bensberg wird das Projekt in Kooperation mit der Stadt und der Kontaktstelle für Familien im Wohnpark (Kiwo) realisiert. Zum Ziel haben sich Brishna Wiar (35) und Ilham Lemkadem (36) als Leiterinnen der Gruppe gesetzt, „Frauen in allen Fragen, die sie bewegen, eine Orientierung zu bieten“.

Das Konzept ist simpel: „Wir bieten eine Plattform an, die hilft, untereinander in Kontakt zu kommen“, erläuter Brishna Wiar. Frauen erhielten die Möglichkeit, offen über ihre Sorgen und Gefühle zu sprechen, ohne Anmeldung. „Für die Zeit der Zusammenkunft schenken wir ihnen unsere ganze Aufmerksamkeit.“ Durch die Gespräche ergebe sich oft eine ganz neue Sicht auf die Dinge.

Vor allem Migrantinnen wüssten bei Problemen häufig nicht, wo sie hingehen sollten, und hätten Angst vor staatlichen Institutionen. „Wir können hier Frauen erreichen, zu denen man sonst wegen der sprachlichen oder kulturellen Hürden kaum Zugang finden würde.“

Es geht meistens um Probleme des Alltags – Familie, Erziehung, Gesundheit oder Haushalt –, um Ämter und das Ausfüllen von Formularen oder einfach nur darum, Spaß zu haben und nebenbei Deutsch zu sprechen. Da ist zum Beispiel die schüchterne 28-jährige Zubaida M. Sie kommt jeden Donnerstag hierher, um Deutsch zu üben. „Ich kann noch nicht einmal meinem achtjährigen Sohn bei den Hausaufgaben helfen“, sagt sie. Sie könne nur daneben sitzen und Bleistifte spitzen. Von Anfang an kommt Zunik S. (37) hierher. Ihr ist vor allem die Gemeinschaft sehr wichtig geworden: „Ich fühle mich hier sehr wohl. Ich kann mir alles vom Herzen reden. Das ist viel besser, als zu Hause zu sitzen.“ Eine andere Frau ist in großer Sorge um ihre Tochter. Die Neunjährige verweigert das Essen, zeigt auch andere Symptome von Magersucht. Von dieser Krankheit und wie man damit umgeht, davon hat die Mutter noch nie etwas gehört.

Die Jüngste in der Runde, Mathanke (14), erzählt, wie die Gruppe ihr helfen konnte: „Ich sollte eine 5 in Sport bekommen und fand das sehr ungerecht.“ Die anderen Frauen machten ihr Mut, mit dem Vertrauenslehrer zu sprechen. Das brachte den Erfolg: Auf dem Zeugnis stand schließlich eine 3. „Allein hätte ich mich das nie getraut“, sagt Mathanke.

Bisher sieht das Konzept vor, bewusst Frauen im Alter zwischen 15 und 30 Jahren anzusprechen. Doch wie sich zeigt, hören die Probleme jenseits der 30 nicht auf. Im Gegenteil: „Gerade Mütter mit Migrationshintergrund bleiben oft wegen ihrer Kinder zu Hause, sprechen schlecht Deutsch und sind deshalb häufig sozial isoliert“, erklärt Brishna Wiar. Deshalb haben Brishna Wiar und Ilham Lemkadem vor, ihr Konzept entsprechend zu verändern. Auch soll der Aspekt, die Radikalisierung von Frauen zu verhindern, eine größere Rolle spielen. Dass beide Gruppenleiterinnen ausländische Wurzeln haben – Ilham Lemkadem stammt aus Marokko, Brishna Wiar aus Afghanistan –, schaffe Vertrauen: „Wir können den Frauen auf Augenhöhe begegnen.“ Ihr überarbeitetes Konzept für die Power-Frauen soll im Oktober dem Stadtrat vorgestellt werden.

Die Power-Frauen treffen sich jeden Donnerstag, 17 bis 20 Uhr, im Café Kiwo im Zentrum für Aktion und Kultur (ZAK), Reginharstraße 40. Interessenten können vorbeikommen, ohne sich anzumelden.