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Drogentest„Urinprobe auf offener Straße“

Lesezeit 4 Minuten

„Das war alles so erniedrigend“, klagte eine 26 Jahre alte Bergheimerin, nachdem sie eine Urinprobe auf offener Straße abgeben musste.

Bergheim-Kenten – Als auf der Kreisstraße 22 etwa in Höhe von McDonald’s ein Streifenwagen hinter ihnen auftauchte, dachten sich die 26-jährige Bergheimerin und ihr Freund zunächst nichts dabei. Sie waren in jener Nacht von Sindorf aus auf dem Heimweg nach Bergheim, nachdem sie sich etwas zu essen geholt hatten. Per Lichtsignale bedeutete ihnen die Streifenwagenbesatzung, rechts ranzufahren und auf dem Standstreifen zu halten.

Doch was dann in jener Nacht auf den 7. März folgte, ging nach Schilderung der jungen Frau weit über das hinaus, was man bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle erwarten würde.

„Die Beamten wollten mich auf möglichen Drogenkonsum untersuchen“, erzählt die Bergheimerin. Und sie ahnt den Grund: „Ich bin schwer lungenkrank und habe nach einer Operation vor knapp einem Jahr sehr viel abgenommen“, sagt die Frau, die nach eigenen Angaben zu 90 Prozent schwerbehindert ist. „Vielleicht dachten die Beamten deshalb, dass ich drogensüchtig sei. Ich bin wirklich sehr dünn.“

Sie habe die Beamten darauf hingewiesen, dass sie krank sei. Den Drogentest habe sie dennoch machen müssen. Während ihr Freund im Auto blieb, musste die 26-Jährige nach eigenen Angaben einer Polizistin zum Streifenwagen folgen, in dem zwei weitere Beamte saßen. „Man forderte mich auf, für den Drogentest an Ort und Stelle in einen Becher zu pinkeln. Ich dachte eigentlich, ich hätte nur eine Speichelprobe abgeben müssen.“

Da sie völlig eingeschüchtert gewesen sei, habe sie der Aufforderung Folge geleistet. Ins Gebüsch aber konnte sie sich nicht schlagen, berichtet die junge Frau. „Da war viel Unterholz, außerdem ging es eine Böschung runter.“ Und da sie sich nicht zwischen die Autos hocken wollte, weil sie sonst vor den Augen der männlichen Polizisten hätte urinieren müssen, sei sie notgedrungen hinter den Streifenwagen gegangen, um dort die Hose herunterzulassen. Weil ihr Freund im Wagen geblieben sei, habe er gar nicht mitbekommen, was die Polizisten da von ihr verlangten. „Die Polizistin hat sich zwar angeboten, sich vor mich zu stellen, aber sie hat noch nicht mal eine Jacke vor mich gehalten. Alle Autofahrer, die vorbeikamen, haben mich gesehen“, sagt die 26-Jährige. Die Polizisten im Auto hätten sie dabei durch den Rückspiegel beobachtet. „Der eine hat mich danach ausgelacht, der andere höhnisch gegrinst. Das war alles so erniedrigend.“

Der Drogentest sei negativ gewesen. „Aber das hatte ich ja gleich gesagt.“ Zwar durfte sie weiterfahren, die unangenehme Situation hänge ihr aber heute noch nach. „Ich habe in der Nacht viel geweint und denke immer noch daran“, sagt die Bergheimerin. „Ich habe mich so gedemütigt gefühlt. Wie kann man nur jemanden zwingen, sich auszuziehen und in der Öffentlichkeit zu pinkeln?“ Man hätte doch auch mit ihr zur Toilette der Tankstelle oder ins nahe Krankenhaus fahren können. „Das hätte ich doch auch gemacht.“

Ihr Vater will die Sache nicht auf sich beruhen lassen und hat bei der Polizei in Köln Strafanzeige wegen sexueller Nötigung gestellt. Die Pressestelle der Polizei in Hürth bestätigte den Eingang der Anzeige, die von der Kölner Polizei an die Kollegen im Rhein-Erft-Kreis weitergeleitet worden sei. Hier ermitteln nun Beamte eines für Beamtendelikte zuständigen Kommissariats.

„Grundsätzlich ist solch ein Drogenvortest freiwillig, niemand kann gezwungen werden“, sagt ein Polizeisprecher. Daher würden Leute, die aus welchen Gründen auch immer für einen Drogenvortest in Frage kämen, zunächst gefragt, ob sie damit einverstanden seien. Es gehe lediglich darum, einen Verdacht auszuräumen. Willige man ein, müsse „ein geeigneter Ort“ gefunden werden.

„Das kann die Toilette eines Restaurants sein, das kann aber auch an Ort und Stelle sein, wenn jemand sagt, dass er damit kein Problem hat, mal eben hinter einen Baum zu gehen.“

Lehne man den Drogenvortest allerdings ab, könne es sein, dass eine Blutentnahme angeordnet wird. „Die findet aber immer auf der Wache in Anwesenheit eines Arztes statt.“