Erftstadt – Hans-Otto Nowak kann sich noch gut erinnern: „In den 80er und 90er Jahren hat es viele Fälle von Tiererkrankungen gegeben.“ Grund dafür waren Bleivergiftungen. Sie resultierten aus Schwermetallbelastungen im Rotbach, der durch den ehemaligen Erzabbau in Mechernich (Kreis Euskirchen) in Mitleidenschaft gezogen worden ist. „Die Schwermetalle lösen sich im Rotbach nicht auf, sie lagern sich am Boden ab und werden bei starkem Regen und Hochwasser auf die Felder und Wiesen geschwemmt.“ Nowak, der für die Freien Wähler dem Erftstädter Stadtrat angehört, sorgt sich darum, dass die Situation sich bis heute nicht entscheidend gebessert hat.
60 Hektar Staufläche
Auf den Plan gerufen hat ihn die Situation am Hochwasserrückhaltebecken Niederberg, das der Erftverband seit 2006 betreibt. Der Erddamm, 670 Meter lang, teilweise über fünf Meter hoch und 40 Meter breit, soll die Erftstädter Ortsteile Niederberg, Friesheim, Ahrem, Lechenich, Konradsheim und Dirmerzheim vor Hochwasser des Rotbachs schützen. Gleichzeitig wurde dort eine 60 Hektar große Staufläche geschaffen, die teilweise noch landwirtschaftlich genutzt wird. „Bei starkem Regen sind die Äcker überschwemmt, das kommt gar nicht so selten vor“, berichtet Nowak. Vor nicht allzu langer Zeit hätten auch noch Tiere dort geweidet. Der Ratsherr befürchtet, dass durch das verseuchte Wasser nach wie vor Gefahren bestehen.
Unter anderem bezieht sich Nowak auf eine Untersuchung der Universität Kassel aus dem Jahr 2004. Sie zeige auf, dass verschiedenste Schwermetalle im Rotbach zu finden seien und bei Hochwasser beträchtliche Bodenmengen auf die angrenzenden Flächen gespült werden. Davon abgesehen, würde das Wasser aus dem Rotbach von vielen Landwirten zur Bewässerung ihrer Flächen genutzt. Nowak hat nun eine Anfrage an die Stadt gestellt, die unter anderem klären soll, wie stark der Rotbach und die angrenzenden Flächen belastet sind. Wie es aus dem Rathaus hieß, könne man jetzt noch keine Stellungnahme abgegeben. Man werde die Anfrage nach der Kommunalwahl im neuen Stadtrat beantragen.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ befragte den Erftverband und den Rhein-Erft Kreis. „Es ist seit Langem bekannt, dass das Wasser des Rotbachs durch den ehemaligen Bergbau Mechernich belastet ist“, sagte Dr. Robert Bininda. Er leitet im Bergheimer Kreishaus das Amt für Umweltschutz und Kreisplanung, dem auch die Abteilung für Bodenschutz angehört. Wie Bininda ausführte, finden sich verschiedene Schwermetalle im Rotbach. „Leitparameter“ sei die Belastung mit Blei. Die Bleikonzentration sei auch entscheidend dafür, die Gefahren zu beurteilen.
Bleibelastungen von 1500 Milligramm
In der Spitze seien Bleibelastungen von 1500 Milligramm pro Kilogramm Boden gemessen worden. Zum Vergleich: Der Bleigehalt in natürlichen Böden liegt bei bis zu 70 Milligramm. Grund zur Sorge bestehe aber nicht, so Bininda. Es gebe keine Nutzungsbeschränkungen für die Flächen am Rotbach, die bei zu starken Belastungen erlassen werden. „Und weil man um das Problem weiß, wird umso sorgfältiger kontrolliert.“ Etwa seitens der Landwirtschaftskammer, die die Ernte in den betroffenen Gebieten genau unter die Lupe nehme.
Zudem könnten die Schwermetalle nur bei sehr wenigen Gewächsen von den Wurzeln in die eigentliche Pflanze gelangen. Bei Weizen und Mais etwa sei dies unmöglich. Das Amt für Umweltschutz ist gerade dabei, eine digitale Karte zu erstellen, die genau Aufschluss über die Bleibelastung am Rotbach geben soll. Die Karte soll bis zum Herbst fertig sein, so Bininda.
„Wir analysieren regelmäßig das Wasser, und wir haben keine Anhaltspunkte für eine negative Entwicklung“, sagte Bernd Bucher vom Erftverband. Er betonte, dass die Flächen am Hochwasserrückhaltebecken Niederberg aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommen werden sollen, allerdings nicht gleich alle. „Aus sozialen Gründen“, so Bucher, habe man für einige Flächen in einer Übergangszeit eine Bewirtschaftung zugelassen.