In unserer Adventsserie werfen wir einen Blick in das Künstler:innenarchiv, das die Stiftung Kunstfonds seit 2010 in Brauweiler betreibt.
Wir öffnen TürenSo erhält das Künstler:innenarchiv in Pulheim Kunstwerke und Archivalien

Neuzugang: Werke von Horst Egon Kalinowski werden fotografiert.
Copyright: Dirk Rose
Die Adventszeit: Sie hat etwas Magisches, etwas Besinnliches und auch noch etwas Geheimnisvolles. Es (sich) zu bewahren, wird nicht einfacher, aber es lohnt sich. Wir treten mit Ihnen bis Heiligabend durch geheimnisvolle Türen, die üblicherweise verschlossen oder für die nur wenige den Schlüssel haben. Wir blicken in die verborgenen Räume hinein und erzählen die Geschichten hinter ihren Türen. Heute: Das Künstler:innenarchiv in Brauweiler.

Wir öffnen Türen im Advent, hinter denen Spannendes verborgen ist.
Copyright: Redaktion
Vorsichtig blättert Anna Wondrak in einem kleinformatigen Heft. Um das Papier zu schützen, trägt die Leiterin des Künstler:innenarchivs weiße Stoffhandschuhe. Die Seiten des Werksverzeichnisses sind eng beschrieben. In akkurater, gut lesbarer Schrift, hat der 2013 verstorbene Düsseldorfer Künstler Horst Egon Kalinowski „akribisch festgehalten, wann er wo war, wann er wen getroffen hat, was er verkauft und wann er an welchem Werk gearbeitet hat“, so Anna Wondrak.
Er war ein unglaublich produktiver Künstler
Ebenso sind die Titel, die angewandte Technik, die Größe, die Werkverzeichnisnummern notiert und, da Kalinowski viele Werke wieder zerstört habe, findet sich in einigen Zeilen das Wort ‚detruit‘ (französisch für zerstört, der Künstler hat lange in Paris gelebt). „Er war ein unglaublich produktiver Künstler, wir haben über 1000 Arbeiten von ihm.“
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Der Vorlass, den Kalinowski dem Künstler:innenarchiv zu Lebzeiten überlassen hat, beinhaltet neben Gemälden (vor allem Öl auf Leinwand), Zeichnungen/Grafiken, Drucken, Fotografien, Collagen, Skulpturen (vor allem aus Leder und Holz) und Reliefs, eine Fülle an Archivalien, darunter Einladungskarten, Flyer, Fotos, Videokassetten mit Atelieraufnahmen, Kataloge, Ausstellungsplakate, Einladungen, Postkarten, Presseartikel, Briefe und Schriftwechsel, beispielsweise mit Joseph Beuys, die in säurefreien Archivmappen und -hüllen aufbewahrt werden. „Wir erfassen die Archivalien gerade Stück für Stück.“

Anna Wondrak, Leiterin des Künstler:innenarchivs, mit Lederresten aus dem Vorlass des Künstlers Horst Egon Kalinowski. Sie können künftig für Restaurierungen genutzt werden.
Copyright: Maria Machnik
Das Künstler:innenarchiv, ein geschlossenes Facharchiv in dem nahe dem Feldtor gelegenen sanierten Gutshof auf dem Abteigelände, ist bundesweit etwas Besonderes, schildert die Kunsthistorikerin. „Wir sind ein Modellprojekt in Deutschland, wir beraten die Künstlerinnen und Künstler bei den Vorlässen, die Erben bei den Nachlässen, nehmen Werke auf, forschen und vergeben Leihgaben für Ausstellungen.“ Neben Anna Wondrak arbeiten dort zwei Vollzeitkräfte aus der Restaurierung und eine Halbtagskraft aus der Kunstwissenschaft.
Wichtig sei auch der Input von außen, die Zusammenarbeit mit angehenden Restauratoren, die ihre Masterarbeit schreiben, oder Kunsthistorikern. „Sie sind oft tiefer in der Materie als wir selbst. Das Wissen kommt ins Archiv, geht aber auch wieder raus.“ Es sei keine Einbahnstraße. Einmal pro Jahr öffnet sich das Künstler:innenarchiv auch für das Publikum.

Der Künstler Horst Egon Kalinowski hat dem Künstler:innenarchiv auch Notizhefte überlassen.
Copyright: Maria Machnik
Eine Jury, der Künstlerinnen und Künstler, ein Kurator und ein Galerist angehören, entscheidet, ob das Archiv einen Vor- oder Nachlass aufnimmt. Ist die Entscheidung gefallen, setzt sich Anna Wondrak mit den Künstlerinnen, den Künstlern oder den Erben in Verbindung. Gemeinsam schaut sie sich an, ob die Auswahl der Werke repräsentativ für die Künstlerinnen und Künstler sind und ob sie konservatorisch einwandfrei sind.
Ist all dies geklärt, wird vertraglich festgelegt, ob Arbeiten verkauft werden dürfen und welche es sind. Auch Besonderheiten fließen in den Vertrag ein. „Es kann sich Jahre hinziehen, bis der Vertrag geschlossen ist und wir die Kapazität haben, etwas aufzunehmen.“ Treffen die Arbeiten im Archiv ein, werden sie erst einmal in Quarantäne gestellt. „Anschließend werden sie erfasst, inventarisiert, fotografiert, in unsere Datenbank eingetragen, wenn nötig verpackt und magaziniert.“
Ein Teil der Werke werde über die Künstlerdatenbank auf der Webseite des Künstler:innenarchivs gespiegelt. „Wir kommunizieren über unseren Newsletter, unsere Webseite, über Instagram, mit Kolleginnen und Kollegen, dass wir eine Neuaufnahme haben. Dann fangen wir an, auch die Archivalien aufzuarbeiten, gezielt zu schauen, ob wir die Werke in Ausstellungen positionieren können oder ob sie in der Vergangenheit gezeigt wurden, um hier Kontakt aufzunehmen und möglichst lückenlos Wissen um das künstlerische Werk zusammenzutragen.“
Lagert ein Teil eines Nachlasses in einer anderen Institution, wie im Fall von Fritz Rahmann, nimmt das Team Kontakt auf und informiert diese. „Es ist unsere Hauptaufgabe, das Wissen um ein Werk zusammenzuhalten und anzuzeigen, dass wir der Hauptansprechpartner für ein Werk sind.“ Handelt es sich um ein noch nicht aufbereitetes Werk, versucht das Team, es als Thema für eine Masterarbeit, eine Dissertation, eine Forschungsarbeit oder eine Ausstellung anzubieten.
Das Künstler:innenarchiv
Seit 2010 hat das Künstler:innenarchiv 43 Vor- und Nachlässe aufgenommen, weitere sind in Vorbereitung. In der aktuellen Grafik-Ausstellung werden Arbeiten aus dem Vorlass der Künstlerin Eva-Maria Schön sowie weitere Kunstwerke unter anderem von Renate Anger, Erich Lütkenhaus, Kurt Schulz-Schönhausen, Gerhard Wind und Horst Egon Kalinowski gezeigt. Sie sind noch bis Donnerstag, 18. Dezember, zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags und donnerstags von 10 bis 12 und von 14 bis 15.30 Uhr sowie nach Vereinbarung per E-Mail.
nachlass@kunstfonds.de

