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Projekt beim Erftverband„Rivercast“ soll beim Hochwasserschutz an Rhein und Erft helfen

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Zu sehen sind Pferde, die auf einer überfluteten Weide im Wasser stehen.

In Bedburg-Oppendorf trat im September der Pützbach über die Ufer. Das Gewässer soll mit einem Pegelstandsmesser ausgestattet werden. Damit will der Erftverband bessere Hochwasserprognosen abgeben können.

Der Erftverband entwickelt eine Anwendung, die Künstliche Intelligenz einsetzt, um bei einem Hochwasser schneller reagieren zu können.

Die Flut 2021 oder der Starkregen am 9. September in Bedburg – immer öfter geraten Überschwemmungen auch in unserer Region in die bundesweiten Schlagzeilen. Und immer wieder stellt sich die Frage: Hätte viel Unheil verhindert werden können durch schnellere Information? „Rivercast“ heißt nun ein Projekt des Erftverbands, das vom Land mit 1,8 Millionen Euro bezuschusst wird. Das Ziel: genauere und schnellere Informationen zur Gewässerüberwachung zu bekommen.

Helfen soll dabei nicht nur der Ausbau des Netzes von Pegelmessstellen an kleineren Nebengewässern, sondern auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, erläutert Dr. Daniel Bittner, Abteilungsleiter Flussgebietsbewirtschaftung beim Erftverband. „Wir wollen intelligente Sonden einsetzen, die voneinander lernen können“, sagt Bittner.

Rhein-Erft: Bei Prognosen gibt es noch viele Unsicherheiten

Bislang arbeitet der Erftverband mit sogenannten Niederschlagsabflussmodellen, einem eher starren System, das für Prognosen die angekündigten Niederschläge mit teils jahrzehntealten Erfahrungswerten abgleicht. „Da bleibt ein ziemlich großer Unsicherheitsbereich“, sagt Bittner. Wann etwa wo wie viel Niederschlag genau falle und mit welcher Geschwindigkeit er abfließe, sei nicht exakt vorherzusehen.

Im Rahmen von „Rivercast“ sollen nicht nur mehr Messpegel eingerichtet werden – in Bedburg etwa gibt es derzeit nur einen an der Erft in Höhe von Blerichen –, sondern auch noch weitere Werte erhoben werden, etwa die Bodenfeuchte. Diese wird zwar von Niederschlagsabflussmodellen simuliert, gemessene Daten gibt es aber selten. „Ein sehr trockener oder auch ein an Wasser übersättigter Boden leitet die Niederschläge direkt weiter, ein etwas feuchter Boden nimmt Regen auf“, erläutert Bittner. Das habe großen Einfluss darauf, wie viel Wasser wie schnell letztlich in die Erft gelange.

Weitere Werte, die das alte System nicht verarbeitet: Wie verändert sich der Füllstand von Hochwasserrückhaltebecken im Hochwasserfall? Die neuen Sonden könnten mithilfe der Zuflussdaten, der Niederschlagsmenge und der Pegelstände ermitteln, wann die Rückhaltebecken voll seien. „Wir könnten dann viel besser unsere Anlagen steuern“, sagt Bittner.

Die entwickelten Modelle und Daten dienen als internes Werkzeug für den Erftverband und seine Mitglieder – die Kommunen und Kreise. Es wird also keine Hochwasserwarn-App für den Bürger. Doch Bewohnerinnen und Bewohner im Kreis können durchaus von dem neuen Werkzeug profitieren. Der Erftverband könne etwa mit seinen Daten und Erkenntnissen wertvolle Beiträge im Katastrophenschutz leisten, sagt Bittner. Hochwasserwarnungen seien zwar grundsätzlich hoheitliche Aufgaben des Landes, die an die Bezirksregierungen und Kreise weitergegeben werden. Aber im Ernstfall können die Modelle und Daten des Erftverbandes vor Ort helfen, gerade in kleinen Einzugsgebieten, wertvolle Zeit zu gewinnen.

Pützbach und Hohenholzer Graben erhalten Pegelmessstellen

Beim Starkregen am 9. September etwa schoss Wasser über den Pützbach und den Hohenholzer Graben in die Siedlungen, zwei Wasserläufe, die bisher nicht als Risikogewässer eingestuft waren und in der Regel allenfalls ein kleines Rinnsal sind. Auch sie sollen in den nächsten zwei bis drei Jahren mit Pegelmessstellen ausgestattet werden. Hinzu kämen dann vermutlich Werte aus noch einzurichtenden Bodenfeuchtemessstellen. Mit den Daten könnte der Katastrophenschutz viel früher über auffällige Entwicklungen informiert werden.

Die Daten der Flut von 2021, die unter anderem verheerende Schäden in Erftstadt-Blessem angerichtet hat, und vom Starkregen in Bedburg am 9. September dieses Jahres sollen bei Testläufen im Projekt „Rivercast“ eingesetzt werden. „Wir wollen wissen: Wie hätte ein KI-basiertes Modell das vorhergesagt? Wäre das besser gewesen?“, sagt Bittner.

Zu sehen ist Daniel Bittner vom Erftverband.

Dr. Daniel Bittner ist Abteilungsleiter beim Erftverband.

Er plädiert dafür, gleichzeitig eine Schnittstelle zwischen der Wasserwirtschaft, also dem Erftverband, und dem Katastrophenschutz, also beim Kreis und den Kommunen, zu erarbeiten: „Es geht um die Frage: Wie können wir unsere Informationen zur Verfügung stellen?“