Der Bauausschuss arbeitete die Überschwemmungen im Bedburger Stadtgebiet in der Starkregennacht des 9. Septembers auf.
StarkregenStadt Bedburg arbeitet an kurzfristigen Lösungen zum Schutz vor Überschwemmungen

Sandsäcke schützen die Ressourcenschutzsiedlung in Kaster provisorisch gegen mögliche Überschwemmungen.
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Auch wenn Feuerwehrmann David Kunze die Nacht des Starkregens auf den 9. September in sachlichen Worten schilderte, jeder Satz zeigte doch deutlich, wie dramatisch und bedrohlich die Ereignisse ab 0.58 Uhr waren. Innerhalb von nur zwölf Minuten seien während der ersten starken Regenfälle derart viele Notrufe in der Leitstelle des Kreises in Kerpen aufgelaufen, dass der sogenannte Stadtalarm ausgelöst wurde. „Es war klar, da stimmt was nicht, und es kamen schnell massive Probleme hinzu.“
Kunze war einer von mehreren Rednern im Bauausschuss der Stadt Bedburg, die am Dienstagabend, 28. Oktober, im Rathaus Kaster den verheerenden Starkregen im Stadtgebiet aufarbeiteten. Vor rund 60 betroffenen Anwohnern vornehmlich aus Oppendorf und der Ressourcenschutzsiedlung stellte Kunze dar, wie die Regenmassen vor allem über den Pützbach und den Hohenholzer Graben auf Straßen und in Häuser drängten. „Der Pützbach, sonst ein Rinnsal, war an der breitesteten Stelle 300 Meter breit“, sagte Kunze. „Das war ein großer reißender Fluss.“
Bedburg: Gebrochenes Rückhaltebecken wurde zum Problem
Doch nicht nur die Wassermassen aus Pützbach und Hohenholzer Graben stellten eine Bedrohung dar. Für Oppendorf etwa, und damit auch für die dahinter liegenden Orte Millendorf und Lipp, wurde auch ein gebrochenes Rückhaltebecken an der Autobahn zum Problem, da von dort immer mehr Wasser Richtung Pützbach strömte. „Die Lage vor Ort war sehr dramatisch“, sagte Kunze. „Der Schlamm stand in den Kellern.“
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Eine Suche nach Schuldigen für die schweren Schäden an Häusern im gesamten Stadtgebiet gab es aber nicht. Das schwere Unwetter, so die vorherrschende Ansicht, sei in seiner Wucht ein Ausnahmephänomen gewesen, ein Ereignis, das statistisch betrachtet in weit mehr als hundert Jahren nur einmal vorkommt. Laut Deutschem Wetterdienst ist in Bedburg mit 150 Litern pro Quadratmeter die deutschlandweit höchste Niederschlagsmenge in jener Nacht gemessen worden, eine private Messstation in Oppendorf hat gar 180 Liter aufgezeichnet.
Zudem: Die Menge Regen ist in nur sechs Stunden angefallen, laut Kunze waren schon nach nur einer Stunde in jener Nacht rund 80 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gefallen. „Da kommt man an technische Grenzen“, sagte Dr. Daniel Bittner vom Erftverband. „Bei so außergewöhnlichen Regengüssen kann man keine technische Vorsorge treffen.“ Und: „Wir erleben eine Zunahme von Starkregenereignissen.“ In der Nacht auf den 9. September sei der Starkregen sehr lokal auf Bedburg begrenzt gewesen.
Den betroffenen Anwohnern war der Hinweis auf das statistische Ausnahmeereignis jedoch kein Trost. „Wir leben mit der Angst, dass das Wasser wiederkommt“, sagte etwa Christian Heggen aus der Ressourcenschutzsiedlung. Er appellierte, dass die Sorgen der Betroffenen ernst genommen und zügig erste Maßnahmen zum Schutz umgesetzt werden. Zudem sei nun damit zu rechnen, dass ihnen die Elementarversicherungen gekündigt würden. „Wir haben einen Wertverlust unserer Häuser zu beklagen - im Vorzeigeprojekt der Stadt Bedburg.“
Kurzfristige Schutzmaßnahmen sollen mit Bedacht vorgenommen werden. Bittner mahnte, auf ein ganzheitliches Konzept zu setzen. „Hochwasser- und Starkregenschutzmaßnahmen müssen sorgfältig geplant werden“, sagte Bittner. Was an der einen Stelle geändert werde, könne dramatische Folgen an einem anderen Ort haben. Und Hochwasserschutz sei teuer. „Ein Hochwasserrückhaltebecken mit einem Fassungsvermögen von 200.000 Kubikmetern kostet zwischen zehn und 20 Millionen Euro“, sagte Bittner. Auch bei einer hohen Förderung werde der kommunale Haushalt stark belastet.
Laut Stadtverwaltung sollen zügig L-Steine an der Ressourcenschutzsiedlung zum Schutz gegen Wasser aus dem Wald gesetzt werden, zudem werde der Weg hinter den Häusern mit einem Gefälle Richtung Wald versehen. „Wir können nichts gegen die Topographie und den Regen tun, wir können nur etwas unternehmen, um die Siedlung zu schützen“, sagte Torsten Stamm von der Stadtverwaltung. Der Erftverband prüft zudem laut Bittner, wie der Hohenholzer Graben gestaltet werden kann, damit das Wasser möglichst gehalten werden kann.
Ein Deich soll Oppendorf gegen Schlamm vom Acker schützen
In Oppendorf soll nach Angaben der Stadtverwaltung ein Deich zur Abgrenzung eines Ackers, von dem Schlamm in die Häuser gedrungen war, gebaut werden. Laut Bittner werde auch der Status des Pützbachs, der bisher nicht als Risikogewässer galt, einer Neubewertung unterzogen. Und: Eine geplante Neubaufläche im Ort soll nun auch für den Hochwasserschutz genutzt werden. Das Bebauungsplanverfahren ist laut Stadt vorerst gestoppt.
Ortslandwirt Antonius Coenen übermittelte die Bereitschaft der Bedburger Landwirte, sich ebenfalls am Hochwasserschutz zu beteiligen und offen für Gespräche zu sein. Nach seiner Aussage waren die Äcker Anfang September nach der Getreideernte noch kahl, das Regenwasser sei ungehindert abgeflossen. „Wäre der Regen 14 Tage später gekommen, wäre es wohl glimpflicher ausgegangen, weil die Feldflur dann stärker begrünt gewesen wäre“, sagte Coenen.

