„Schon Ende der 90er darauf hingewiesen“BUND äußert sich zu Blessemer Kiesgrube

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Die Kiesgrube in Blessem im November 2021

Erftstadt-Blessem/ Bergheim – „Wir haben schon Ende der 90er-Jahre beim bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren darauf hingewiesen“, sagt Dirk Jansen. Er ist Geschäftsleiter des BUND in Nordrhein-Westfalen und kommentiert die jüngsten Ereignisse rund um die staatsanwaltlichen Ermittlungen zur Ursache der Flutkatastrophe in Erftstadt-Blessem. Im Juli war die Kiesgrube nach heftigen Regenfällen von der Erft geflutet worden. In Richtung der Bebauung hatten die Wassermassen einen riesigen Krater gerissen, vier Häuser stürzten dort hinein.

Am Dienstagmorgen durchsuchten rund 140 Polizistinnen und Polizisten Räume an 20 verschiedenen Adressen, unter anderem in Bergheim, Erftstadt, Köln und Dortmund. Gegen fünf Beschuldigten des Kiesgruben-Betreibers, der RWE-Tochter Rheinische Baustoffwerke, sowie vier Beschuldigte der Bezirksregierung Arnsberg als für die Kiesgrubengenehmigung zuständige Bergbaubehörde besteht der „Verdacht des fahrlässigen Herbeiführens einer Überschwemmung durch Unterlassen, der Baugefährdung sowie des Verstoßes gegen das Bundesberggesetz“.

Kein Hochwasserschutzwall, zu steile Böschungen

„Die Genehmigung nach Bergrecht damals war schon übel“, sagt Jansen. Hätte man nach Wasserrecht entschieden, wäre eine deutlich umfassendere Prüfung notwendig gewesen, meint er. Wie der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer am Dienstag mitgeteilt hatte, bestehe der Verdacht, dass die Beschuldigten die Zustände am Hochwasserschutzwall und den Grubenböschungen hätten erkennen können und für Abhilfe sorgen müssen. Am Südrand der Kiesgrube soll sich kein geeigneter Hochwasserschutzwall befunden haben, ebenso sollen die Böschungen viel zu steil gewesen sein, hatte Bremer erklärt.

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Damals seien die Bedenken des BUND für nichtig erklärt worden, so Jansen. Was Kiesgruben und ihre Genehmigungen angeht, hat Jansen eine klare Meinung: „Es muss jetzt eine wesentlich kritischere Bewertung erfolgen.“ Die aktuellen Entwicklungen rund um den Landesentwicklungsplan sieht er kritisch. Die Landesregierung habe es Kiesgruben-Betreibern deutlich einfacher gemacht, Flächen für neue Gruben zu beantragen. Deshalb laufe eine Normenkontrollbeschwerde des BUND gegen die Landesregierung.

Die Linke/Volt sieht Rechtsstaat in der Pflicht

Die Fraktion Die Linke/Volt im Regionalrat Köln hatte schon im Sommer, als die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen damals noch gegen unbekannt anliefen, kommentiert: „Viele Einwohner Blessems haben bei der Hochwasserkatastrophe alles verloren und konnten nicht mal ein paar Habseligkeiten retten. Es ist die Pflicht des Rechtsstaates, hier für Aufklärung zu sorgen – und daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen“, so Friedrich Jeschke, der Fraktionsvorsitzende.

Das Landesumweltministerium teilt auf Anfrage der Redaktion mit, dass es wichtig sei, „alle Umstände genau zu prüfen und die richtigen Schlüsse zu ziehen, damit sich derartige Ereignisse nicht wiederholen“. Die Behörden müssten Genehmigungen von Abgrabungen in Gebieten, die überschwemmt werden könnten, sehr kritisch prüfen. Auch in laufenden Verfahren.

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Das Wirtschaftsministerium erklärt, dass die Bezirksregierung, die sich auf Anfrage nicht äußern wollte, bereits unmittelbar nach der Katastrophe externe Sachverständige hinzugezogen habe, die möglich Ursachen, die Ist-Situation sowie die Sanierungsarbeiten in Blessem identifizieren und bewerten sollten. Die gewonnen Erkenntnisse habe die Bezirksregierung den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt. „Über diese Erkenntnisse haben die Sachverständigen zudem umfassend im Unterausschuss Bergbausicherheit im Landtag vorgetragen“, so das Ministerium.

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