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USA im BlickEitorfer Forensikerin berichtet bei „Eitalk“ über Identifizierung von 9/11-Opfern

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Miriam Wiesner und ihr Freund David wanderten sechs Monate entlang des Pazifiks von der Grenze Mexikos bis an die kanadische Grenze.

Miriam Wiesner und ihr Freund David wanderten sechs Monate entlang des Pazifiks von der Grenze Mexikos bis an die kanadische Grenze.

Auch Frank Schröder, der nach einem Herzinfarkt 64 Kilometer durch New York radelte, und Wanderer des 4000 Kilometer langen Pacific Crest Trails waren zu Gast.

Die USA waren das bestimmende Thema beim „Eitalk“ im Theater am Park. Dazu hatte das Moderatorenteam des Talkformates, Thomas Feldkamp und Alwin Müller, Kulturmanager der Gemeinde Eitorf und Vorsitzender des Heimatvereins, sich eine ganz große Hausnummer vorgenommen: Aus New York war die Eitorfer Wissenschaftlerin Dr. Mechthild Prinz auf Heimatbesuch gekommen.

Die Vorstellung des  „Stargastes“, in den USA nur „Mecki“ gerufen, übernahm der in Deutschland populäre bunte Vogel der deutschen Kriminalbiologie: Mark Benecke, ehemaliger Student und Kollege von Mechthild Prinz in New York, mit einer Videobotschaft. „Lassen Sie sich nicht von ihrer Bescheidenheit täuschen, man müsste sie mit Orden überhäufen. Ihre große Besonderheit ist es, immer die Ruhe zu bewahren, und sie kennt ganz viele Tricks. In der Geschichte ihres Faches, der Forschung an der Verwendung von DNA zur Identifizierung von Menschen, ist sie nicht wegzudenken.“

Eitorferin war beim 9/11-Anschlag für Identifizierung der Opfer mitverantwortlich

In ihrem Fachgebiet, der forensischen DNA-Analyse, ist die Professorin eine internationale Größe. Beim Anschlag am 11. September 2001 auf das World Trade Center (WTC) war sie im Management-Team der Forensischen Biologie. Mit dem New Yorker Team des OCME (Office of Chief Medical Examiner) fiel ihnen die Aufgabe zu, die 2753 Opfer mit einer DNA-Analyse zu identifizieren. Eine jahrelange Arbeit, die immer noch nicht bis ins Letzte abgeschlossen ist.

An Fließband stehen freiwillige Helfer und durchsuchen Steinstücke nach menschlichem Material. Prinz Team bekommt diese Proben, erstellt ein genetisches Profil und vergleicht die Ergebnisse mit DNA von Familienmitgliedern der vermissten Personen.

An Fließband stehen freiwillige Helfer und durchsuchen Steinstücke nach menschlichem Material. Prinz Team bekommt diese Proben, erstellt ein genetisches Profil und vergleicht die Ergebnisse mit DNA von Familienmitgliedern der vermissten Personen.

Beim Talk schien das Publikum den Atem anzuhalten. Mechthild Prinz nahm den Faden bei der Apfelkrautfabrik ihrer Eltern im Auel in Eitorf auf und erzählte, als 1984 der britische Genetiker Alec John Jeffreys den genetischen Fingerabdruck entwickelte, sei sofort ihr Interesse geweckt gewesen. Sie promovierte in Humanbiologie an den Universitäten in Köln und Ulm.

Später bekam sie ein Stipendium in New York in forensischer Biologie am OCME und blieb. Dann schilderte sie den Tag, der als „Nine Eleven“, also elfter September, in die Weltgeschichte eingegangen ist. Sie nahm zu dem Zeitpunkt gerade an einer Sitzung teil: „Wir haben das Ausmaß nur langsam verstanden, wir dachten, ein kleines Sportflugzeug sei ins WTC geflogen.“

Prinz und ihr Team suchten unter Steinstücken nach menschlichen Überresten

Fotos wurden im Theater auf der Leinwand von den brennenden, dann eingestürzten Gebäuden eingeblendet. An einem Fließband standen freiwillige Helfer in weißen Kitteln und Hauben und durchsuchten Steinstücke nach menschlichen Überresten. Prinz’ Team bekam diese Proben, erstellte ein genetisches Profil und verglich die Ergebnisse mit DNA von Familienmitgliedern der vermissten Personen. „Wenn man nur noch ein Fragment hat, geht die Identifizierung nur noch mit DNA, bis 2005 haben wir nonstop daran gearbeitet. Auch Terroristen konnten wir identifizieren.“

Seit 30 Jahren lebt und arbeitet Mechthild Prinz in New York, und „Nine Eleven“ ist nur ein wichtiger Baustein ihres Wirkens. Aktuell ist sie in der Forschung und Lehre als Professorin und Leiterin des Masterstudiengangs Forensik am John Jay College of Criminal Justice in New York City tätig. Auf die Frage der Moderatoren nach Neuem in ihrem Fachgebiet berichtete sie, die Forschung sei ziemlich weit darin, bei einer biologischen Spur anhand von DNA herauszubekommen, wie jemand aussah, und ziemlich genau das Alter zu bestimmen.

Eitorfer Frank Schröder fuhr nach Herzinfarkt mit dem Fahrrad 64 Kilometer durch New York

Vor dem Gespräch mit ihr hatte sich ihr Schwager, der Eitorfer Frank Schröder, im sportlichen Outfit auf ein feststehendes Fahrrad auf der Bühne geschwungen. Mit der Starternummer M6365 hatte er 2023 mit 32.000 anderen Startern an der „Five Boro Bike Tour“ durch New York teilgenommen, eine 64 Kilometer lange Fahrt durch die Stadtteile von Manhattan durch Harlem nach Queens und Brooklyn bis Staten Island – „Boro“ kommt von Borough, also Bezirk.

Frank Schröder überlebte einen Herzinfarkt und erfüllte sich nach optimaler Vorbereitung den Traum von der Teilnahme an der Five Boro Bike Tour durch New York.

Frank Schröder überlebte einen Herzinfarkt und erfüllte sich nach optimaler Vorbereitung den Traum von der Teilnahme an der Five Boro Bike Tour durch New York. Seine Schwägerin Mechtild Prinz lebt dort und spornte ihn an.

Für ihn keine Selbstverständlichkeit, denn kurz vor seinem 60. Geburtstag erlitt er einen Herzinfarkt. „Was ist mir noch wichtig im Leben?“, fragte er sich selbst. Die optimale Vorbereitung auf die Teilnahme war für ihn Ansporn. „Das war mir wichtiger als das Ankommen“, erzählte er. Bei der 50. Tour in drei Jahren möchte er wieder teilnehmen.

Eitorferin wandert Pacific Crest Trail über mehr als 4000 Kilometer

Zwischen allen Auftritten machte die Liedermacherei Heimpel aus Windeck-Herchen mit ihren selbst geschriebenen Texten und Melodien Lust aufs Zuhören. Zum Beispiel beim Lied vom „Ende der Welt“. Das passte perfekt zum Abenteuer von Miriam Wiesner. Die junge Architektin, die heute in Basel lebt, beschreibt sich als Wald- und Wiesenkind, das in Eitorf groß wurde. Beim Schüleraustausch verbrachte sie ein Jahr in Minnesota, wo ihr Gastvater viel von den amerikanischen Trails, den Trampelpfaden für Wandergruppen, erzählte.

Mit ihrem Freund David aus dem Oberbergischen packte sie vor zwei Jahren die Rucksäcke, und die beiden begaben sich auf den Pacific Crest Trail. Der verläuft auf einer Länge von 4265 Kilometern parallel zu Küste des Pazifik im Süden von der Grenze zu Mexiko durch die Sierra Nevada und die Kaskadenkette bis an die Grenze zu Kanada. Lebhaft erzählte das Paar von seiner sechsmonatigen Wanderung durch eisige Kälte, durch Hitze, vom höchsten Punkt auf 4000 Metern Höhe von den Nachwirkungen ihrer Begegnungen mit Klapperschlangen und der Zerstörungskraft und dem Nervenkitzel der Schneelawinen. Kurz vor dem Ziel habe sie bitterlich geweint, berichtete Miriam Wiesner: „Ich wollte nicht, dass der Lifestyle zu Ende geht.“

Wie immer erhielt ein Eitorfer Verein eine Plattform. Fünf der insgesamt 57 aktiven Mitglieder vom Ernteverein Ottersbachtal erzählten von der Gründung 1952, als die Landwirtschaft noch eine große Rolle spielte. Geblieben ist das beliebte Erntefest mit Umzug. Gefeiert wird in der Erntehalle in Kehlenbach, ein Bolzplatz wurde am Spielplatz angelegt, die Dartsturniere sind gefragt. Nachwuchs wird trotzdem gesucht.

Und: Wie immer endete die ambitionierte Veranstaltung mit Gesang des Publikums, animiert vom „Aloha Heja auf Eitorf“ von Karl-Heinz Sterzenbach, Inga Sprünken und Mieke Stoffelen. Von den Einnahmen des vergangenen Eitalks wurden in das Kinderfest „Ei, Ei, Eitorf“ im Sommer investiert. Die aktuellen Einnahmen werden für den Seniorentanztee im Bürgerzentrum am 29. Oktober verwendet.