Auf den neu zu wählenden Niederkasseler Stadtrat warten große Herausforderungen: Die Stadtfinanzen und die städtischen Gebäude müssen saniert werden.
Orts-Check NiederkasselEine Stadt steckt im Sanierungsstau

Für geschätzte Kosten in Höhe von 90 Millionen Euro entsteht zurzeit der Erweiterungsbau für das Schulzentrum Nord in Niederkassel-Lülsdorf. Nach den Sommerferien 2026 soll dort der Unterrichtsbetrieb starten.
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Egal wie die Wahl zum Niederkasseler Stadtrat am 14. September ausgeht – die neue politische Mehrheit wird sich vor allem um zwei Dinge kümmern müssen: die prekäre finanzielle Lage der Stadt und die städtischen Immobilien, von denen sich einige in einem ebenso prekären Zustand befinden. Die Stadt ist seit Jahresbeginn 2024 in der Haushaltssicherung, weil sich die allgemeine Rücklage und das Eigenkapital so stark verringert hatten, dass eine Überschuldung drohte. Der politische Handlungsspielraum des Stadtrates ist dadurch für zehn Jahre massiv eingeschränkt.
Innerhalb dieser zehn Jahre müssen Stadtverwaltung und Politik dafür sorgen, dass der Haushalt der Kommune ausgeglichen ist, sich also Einnahmen und Ausgaben wieder die Waage halten. Das ist angesichts der Aufgaben der Stadt nicht einfach. Zu den derzeit großen Belastungen des städtischen Haushalts gehört neben den Kosten für die Unterbringung Geflüchteter – ein Thema, bei dem sich die Stadt von Bund und Land über die Maßen belastet fühlt – auch die laufende Erweiterung des Schulzentrums Nord in Lülsdorf.
Das teuerste Bauprojekt in der Niederkasseler Stadtgeschichte
Rund 90 Millionen Euro soll das Projekt kosten – das teuerste Bauvorhaben in der Geschichte der Stadt. Unter anderem um dieses finanzieren zu können, hatte der Stadtrat den Hebesatz der Grundsteuer B, die Immobilienbesitzer und Mieter gleichermaßen trifft, auf 1100 Prozentpunkte erhöht. Niederkassel gehört damit zu den Spitzenreitern im Vergleich der NRW-Kommunen, was für die Menschen in der Stadt erhebliche finanzielle Belastungen bedeutet.
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Und derzeit ist nicht klar, ob die Grundsteuer B in absehbarer Zeit weiter erhöht werden muss. Denn die Stadt hat angesichts eines erheblichen Sanierungsstaus ihrer Liegenschaften erhebliche Investitionen vor der Brust. So wird der im Herbst neu gewählte Stadtrat unter anderem entscheiden müssen, wie es mit dem in die Jahre gekommenen Kopernikus-Gymnasium weitergeht. Klar ist, dass in das aus den 70er Jahren stammenden Schulgebäude investiert werden muss.

Die Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) Niederkassel hat die ehemaligen Lemo-Hallen in Mondorf übernommen. Die ehemalige Industrieimmobilie soll künftig Platz für Büroflächen und Produktion bietet. Geplant sind aber auch die 'Lemo-Kulturhallen' als Eventlocation.
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Fenster und Dächer sind undicht, die Heizungstechnik ist überaltert, und auch die Metallvorhangfassade des Gebäudes hat nach Angaben der Stadtverwaltung inzwischen ihre „Nutzungsdauer erreicht“. Welche finanzielle Dimension die Sanierung des Gymnasiums annimmt, steht bislang noch nicht fest. Klar scheint aber, dass der neue Stadtrat schon bald vor der Frage stehen dürfte, was für die Stadt langfristig wirtschaftlicher ist: die Sanierung des Schulgebäudes oder ein Abriss mit anschließendem Neubau.
Die gleiche Frage stellt sich beim ebenfalls aus den 1970er Jahren stammenden Helmut-Loos-Bad in Lülsdorf. Das Hallenbad hat seine besten Zeiten längst hinter sich, was sich am Zustand des Gebäudes, aber auch der Schwimmbadtechnik ablesen lässt. Größere Schäden dort könnten kurzfristig dazu führen, dass das Bad dauerhaft geschlossen werden muss.
Bürgerbeteiligung zur Zukunft des Niederkasseler Hallenbades
Inzwischen hat der Bürgermeister eine Bürgerbeteiligung gestartet, bei der Ideen für die Zukunft des Bades entwickelt werden sollen. Die Stadt erhofft sich durch den Prozess auch Signale, was das Bad den Bürgerinnen und Bürger wert ist, sie müssen eine Sanierung oder einen Neubau schließlich finanzieren – gegebenenfalls auch durch eine weitere Erhöhung der Grundsteuer.
Definitiv mehr Einnahmen wünscht sich die Stadt aus der Gewerbesteuer. Ihr Aufkommen ist in Niederkassel im Vergleich mit anderen NRW-Kommunen unterdurchschnittlich. Die Ansiedlung neuer Unternehmen gehört deshalb zu den wichtigen Aufgaben von Politik und Verwaltung. Die Stadt hat dafür durch die planerische Erweiterung bestehender Gewerbegebiet Voraussetzungen geschaffen, ebenso durch den Aufkauf des ehemaligen Werksgeländes der Maschinenbaufirma Lemo in Mondorf.
Chancen durch die neue Stadtbahn zwischen Köln und Bonn
Dort soll Platz für Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe entstehen und für Betriebe, die große Lagerflächen brauchen. Auch Handwerksbetriebe, Kreative und Start-ups sollen dort Entwicklungsmöglichkeiten bekommen. Die Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) strebt auch eine Nutzung als Messestandort und Veranstaltungsort an.
Während Niederkassel als Wirtschaftsstandort noch attraktiver werden soll, besitzt sie diese Qualität als Wohnstandort längst – nicht zuletzt durch ihre Lage zwischen den Städten Köln und Bonn, aus denen Menschen auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum abwandern. Diesen Wohnraum hoffen viele auch in Niederkassel zu finden, was die Lage auf dem Wohnungsmarkt dort nicht einfach macht.
Als Wohnort noch attraktiver werden dürfte die Stadt werden, wenn sie endlich über einen Stadtbahnanschluss verfügt. Jüngst wurden die Planungsarbeiten für die Linie 17 ausgeschrieben, die eine neue Verbindung vom linksrheinischen Köln über Niederkassel nach Bonn-Beuel schaffen soll.
Wie bezahlbarer Wohnraum in der Stadt geschaffen werden kann, dürfte ebenfalls zu den drängenden Aufgaben des neu gewählten Rates gehören. Die Politiker, die neu in das Gremium gewählt werden, können immerhin darauf vertrauen, dass durch Geflüchtete kein zusätzlicher Nachfragedruck auf dem Wohnungsmarkt entsteht. Gewährleisten soll dies die Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes für bis zu 350 Geflüchtete.
Sie kann entsprechend einem Beschluss des Stadtrates jetzt gebaut werden, nachdem ein Bürgerentscheid gegen die ZUE Anfang Juli gescheitert war. Die Voraussetzungen für ein konfliktfreies Zusammenleben der Stadtgesellschaft mit den Bewohnern der ZUE zu schaffen, gehört ebenfalls zu den anstehenden Aufgaben von Stadtrat und Stadtverwaltung.