Rhein-SiegMehr als 50 Schafe von nur einem Wolf gerissen – Debatte im Kreistag

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Herdenschutzhunde setzt Schäfer Simon Darscheid ein. Doch die Tiere sind teuer.

Rhein-Sieg-Kreis – Nach mehr als 20 Jahren Schafhaltung hat die Nebenerwerbslandwirtin Lisa Anschütz mit ihrem Mann beschlossen, alle ihre Bentheimer Landschafe zu schlachten – 14 Mutterschafe und acht Lämmer. Grund sei die Gefahr durch die steigende Zahl von Wolfsrissen. Das hat Anschütz, Abgeordnete der Grünen im Windecker Gemeinderat, im Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz und Landwirtschaft des Kreises berichtet. CDU und Grüne hatten dort die Debatte über die Einschätzung der Wolfssituation an Rhein und Sieg beantragt. Sie sollte 75 Minuten dauern.

Ein Wolf „verantwortlich für mehr als 50 Schafsrisse“

Gleich zu Beginn hatte Berufsschäfer Simon Darscheid aus Hennef-Söven, Bezirksvorsitzende und stellvertretende Landesvorsitzende des Schafzuchtverbandes NRW, die Probleme der Züchter geschildert. Allein der aus Bayern eingewanderte Problemwolf sei verantwortlich für mehr als 50 Schafsrisse in noch nicht mal einem Jahr. Viele Halter kleiner Herden könnten nicht alle Weiden wolfssicher einzäunen.

Herdenschutztag auf Stracks Hof

Der Schafzuchtverband NRW, die Landwirtschaftskammer NRW, der Bundesverband der Berufsschäfer, der Landesverband der Schafhalter/Ziegenhalter und Züchter Rheinland-Pfalz sowie das Koordinationszentrum für Luchs und Wolf Rheinland-Pfalz laden für Samstag, 9. April, 10 bis 16 Uhr, zu einem Herdenschutztag im Lebensraum des Leuscheider Wolfsrudels ein.

Die Veranstaltung findet in der Halle von Stracks Hof in Hennef-Uckerath, Raiffeisenstraße 23, statt. Dabei gibt es Informationen über Fördermöglichkeiten und Herdenschutz. Zaunhersteller präsentieren ihre Produkte. (rö)

Aus dem ausführlichen Lagebericht der Kreisverwaltung geht hervor, dass von Januar 2021 bis Februar 2022 nachweislich 49 Schafe und eine Ziege durch Wölfe gerissen wurden. Dazu kamen weitere 75 Nutztierrisse durch das Leuscheider Rudel in Rheinland-Pfalz. Von der linken Rheinseite gab es nur eine Meldung aus Swisttal, wo fünf Schafe von einem Wolf gerissen wurden.

Der Schutz der Nutztiere sei in NRW nicht ausreichend und für die Halter zu teuer, betonte Werner Albrecht (SPD). Ein Herdenschutzhund koste beispielsweise 7000 Euro. Josef Griese (CDU) sagte, es tue ihm „in der Seele weh“, dass besonders die von allen gewünschte extensive Tierhaltung unter den Wölfen zu leiden habe. Die Existenz der extensiven Haltungen könne schnell gefährdet werden.

Schutz in offener Landschaft schwierig

Für Christoph Rüter (Naturschutzamt) ist ein richtiger Herdenschutz der Dreh- und Angelpunkt. Die Wölfe müssten lernen, dass es ihnen weh tue, wenn sie an die Nutztiere wollten. Griese entgegnete: „Das ist nicht so einfach möglich oder sogar unmöglich in der offenen Landschaft.“

Luchs- und Wolfsberaterin Christine Thiel-Bender (BUND) erklärte, Wölfe benötigten pro Tag zwei bis fünf Kilogramm Fleisch. Wie ein Monitoring ergeben habe, bestehe die Beute der Wölfe zu 90 Prozent aus Rehen, Rotwild und Wildschweinen. Ein Rudel brauche ein exklusives Territorium von 150 bis 350 Quadratkilometer. Das Leuscheider Rudel mit rund einem Dutzend Tieren beanspruche 300 Quadratkilometer. Man müsse dazu übergehen, die Wölfe „umzutrainieren“ durch einen besseren Herdenschutz, damit sie keine Schafe rissen.

Windeckerin fordert Abschussquote

Anschütz forderte eine bundesweite Regelung, wie es sie auch in anderen Ländern gebe, zum Beispiel in Frankreich. Dort dürften Wölfe, anders als in Deutschland, abgeschossen werden. Griese ergänzte, in Frankreich würden bei extensiver Weidehaltung bis zu zwölf Prozent der Wölfe abgeschossen.

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Einen Beschluss gab es am Ende der Sitzung nicht, trotz mehrerer Vorschläge und Appelle. So schlug Sara Zorlu (SPD) vor, eine Resolution in Sachen Wolf an die Landesregierung zu formulieren. Und ihr Fraktionskollege Werner Albrecht betonte, NRW sei in Sachen Wolfsrisse nicht so gut aufgestellt wie Rheinland-Pfalz.

Darauf ging der Ausschuss allerdings ebenso wenig ein wie auf Forderungen anderer Ausschussmitglieder, Wölfe abzuschießen, die durch zu viele Schafsrisse auffällig geworden seien.

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