In 30 Minuten einsatzbereitWie die Siegburger Malteser im Ernstfall helfen wollen

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Ansgar Rehbein (l.) und Jeff Reichel haben die intensiven Vorbereitungen geleitet.

  • Noch muss kein Behelfskrankenhaus aufgebaut, kein Betreuungszelt eingerichtet werden, weil die Zahl der Patienten die Kapazitäten des Gesundheitssystems sprengt.
  • Doch der Malteser Hilfsdienst weiß, dass es im Ernstfall sehr schnell gehen wird.
  • Die Hilfsorganisation bereitet sich vor und will sich auf ein bestimmtes Hilfsangebot spezialisieren.

Siegburg – Hinter Spinden, in Regalen und selbst gebauten Kisten, die wie Balkonkästen an der Galerie hängen – überall hat der Malteser Hilfsdienst in seiner Unterkunft an der Wolsdorfer Straße Liegen, Betten und Tragen bereitstehen. In den vergangenen Woche hat sich der MHD, wie alle anderen Hilfsorganisationen auch, intensiv auf mögliche Einsätze in der Coronakrise vorbereitet. Noch muss kein Behelfskrankenhaus aufgebaut, kein Betreuungszelt eingerichtet werden, weil die Zahl der Patienten die Kapazitäten des Gesundheitssystems sprengt.

Doch im Ernstfall wird es sehr schnell gehen. „Wir sind bereit, in einer halben Stunde zu starten“, sagt der Stadtbeauftragte für Siegburg, Jeff Reichel, im Gespräch mit dieser Zeitung. Er ist zugleich der stellvertretende Leiter des Einsatzdienstes im MHD für den gesamten Rhein-Sieg-Kreis. Gedacht ist dabei insbesondere an Betreuungsangebote, nicht so sehr an die Behandlung Infizierter.

Siegburg: Ehrenamtler sichteten Bestand

Zu den Vorbereitungen gehören die gemeinsame Einsatzleitung und das gemeinsame Lagezentrum seiner Organisation, des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), der Johanniter Unfallhilfe (JUH) und der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) auf Kreisebene. „Das klappt sehr gut“, berichtet Ansgar Rehbein, der stellvertretende Leiter Rettungsdienst im südlichen Gebiet der Diözese Köln, also große Teile Euskirchens, der Rhein-Sieg-Kreis und Bonn. Rund 400 Mitarbeiter sind auf den Rettungswachen beschäftigt. „Es zeigt: Wir Hilfsorganisationen werden gebraucht, das ist spürbar“, ergänzt Rehbein.

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Auf jedem Fahrzeug gibt es jetzt eine Hygienebox – mit Masken.

Was beim primären Rettungsdienst schon üblich ist, ist jetzt auch bei allen Fahrzeugen für den Katastrophenschutz umgesetzt worden. „Sie haben alle eine Hygienebox an Bord, mit Schutzanzügen, Handschuhen, Kitteln, FFP 2 und FFP 3-Masken und Desinfektionsmitteln“, erklärt Reichel. „So kann sich im Zweifelsfall jeder schützen.“ Ehren- und Hauptamtler haben in unzähligen Stunden den Bestand gesichtet, Decken, Laken und Kissen zusammengepackt und zum Transport bereit gemacht. Das alles steht auf Rollcontainern und kann in wenigen Minuten verladen werden. Die Arbeiten liefen in Kleingruppen mit zwei Leuten und dem gebotenen Sicherheitsabstand. 350 zusätzliche Betten hat das MHD Siegburg zur Verfügung, dazu Gehhilfen und Rollstühle.

„Menschen aus Risikogruppen werde ich nicht in den Einsatz bringen“, verspricht Reichel. „Patientenkontakt werden wir für die möglichst ausschließen.“ Für Ältere fielen aber genügend Aufgaben an, ist sich Rehbein sicher. Mehrere Köche sind zum Beispiel darunter, Bäcker, Leute, die in der Unterkunft Material zusammenstellen – die Liste ist lang. Schon im Vorfeld sind Computer eingerichtet, Leitungen geschaltet, Schnittstellen zu den anderen Organisationen und dem gemeinsamen Lagezentrum hergestellt worden.

„Wir können uns ja nicht von Angesicht zu Angesicht hinsetzen und den Anderen sagen, trefft euch nicht“, begründet Reichel den hohen Aufwand auch bei neuen Kommunikationswegen. So sind die Präsenzübungsabende nach der Empfehlung des Kreisbrandmeisters Dirk Engstenberg ausgesetzt worden.

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„Wir wollen unsere Einsatzbereitschaft erhalten; wenn wir uns gegenseitig anstecken, steht das in Gefahr“, so Reichel. Stattdessen gibt es virtuelle Gruppenabende auf Kreisebene. Dabei geht es nicht nur um Corona, sondern auch um ganz andere Themen des Rettungswesens. „Der Alltag geht ein Stück weiter“, freut sich Rehbein, „Treffen in gewohnter Runde.“ Wie Reichel auch stellt er klar: „Wir sind sehr gut aufgestellt. Die Bevölkerung muss sich keine großen Sorgen machen.“ Beide rechnen nicht mit Verhältnissen wie in Italien oder Spanien, das Gesundheitssystem in Deutschland sei weitaus besser organisiert. Rehbein und Reichel sehen in der Corona-Krise durchaus eine gesellschaftliche Chance. „Es steht und fällt mit der Disziplin der Bevölkerung“, meint Reichel. „Andernfalls wird das Gesundheitssystem kollabieren“, mahnt Rehbein. Doch sie sind verhalten optimistisch, viele hielten sich an die Regeln. Die Rede der Bundeskanzlerin Angela Merkel habe vermutlich viel dazu beigetragen.

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