Internationale ErfahrungGrünhelme haben an der Ahr ersten Einsatz vor der Haustür

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Vom Einsatz im Flutgebiet berichten Yvonne Neudeck und Simon Bethlehem von den Grünhelmen. 

Rhein-Sieg-Kreis – Sie haben Schulen in Afghanistan aufgebaut und für Menschen im vom Tsunami zerstörten Banda Aceh ein Obdach geschaffen. Im Libanon bilden die Grünhelme junge Menschen aus, in Mosambik helfen sie, die Folgen des verheerenden Zyklons zu mildern. Doch nun haben Mitglieder der von Dr. Rupert Neudeck und seiner Frau Christel gegründeten Hilfsorganisation Neuland betreten: Im Katastrophengebiet an der Ahr helfen Freiwillige mit Knowhow und Energie.

„Es ist kein eigenes Projekt“, stellt Simon Bethlehem klar, seit Ende Juni als Vorstandsvorsitzender der Grünhelme im Amt. Etliche Freiwillige, die schon einmal im Auslandseinsatz waren, meldeten sich auf einen Aufruf des Vorstands hin, Handwerker oder Bauingenieure, wie sie auch für alle anderen Projekten gesucht werden. So wie die Tischlerin Johanna Schidlo, die im Frühjahr 2020 gerade noch vor dem Lockdown aus dem Libanon ausfliegen konnte. Dort hat sie Geflüchtete und Einheimische ausgebildet, nun hat ihr Arbeitgeber sie für zwei Wochen zum Fluteinsatz freigestellt.

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Das Ahrtal ist der erste innerdeutsche Einsatz der Grünhelme. 

„Wir hätten nicht geglaubt, dass der Klimawandel so schnell und so nah zu uns kommt“, zeigt sich auch Yvonne Neudeck beeindruckt, „wahrscheinlich“ die Geschäftsführerin der Organisation: „Wir arbeiten im Team, die Position ist nicht so wichtig“, sagt Neudeck.

„Gefühlt schon sehr nah“ waren aber auch andere Einsatzgebiete der Helferinnen und Helfer: Auf der griechischen Insel Lesbos machten sie 2015/16 Unterkünfte für Geflüchtete winterfest. Und auch Naturkatastrophen wie Erdbeben, Stürme oder Sturzfluten sind den Teams aus Krisenregionen in aller Welt vertraut.

„Schnell, unbürokratisch und pragmatisch“ arbeiteten die Grünhelme auch fünf Jahre nach dem Tod des Gründers Dr. Rupert Neudeck, betont Tochter Yvonne. „Im Grunde sind die Grünhelme geblieben, was sie von Anfang an waren.“ Das sei „schön für mich, meine Mutter und die ganze Familie“.

Grünhelme sind immer zu zweit im Einsatz

Zum Konzept gehört nach wie vor, dass die Organisation nur Zweierteams entsendet, die mit den Menschen vor Ort gemeinsam arbeiten. „Das ist dann nicht unsere Schule, sondern die des Dorfes“; unter einfachsten Bedingungen leben die Freiwilligen mit den Einheimischen. „So können wir mit geringen Mitteln viel erreichen.“

Zum Beispiel im westafrikanischen Sierra Leone, wo die Helfer „ganz gut Fuß gefasst haben“, wie Simon Bethlehem berichtet. Zwei Schulen entstehen dort in einem der entlegensten Landesteile, zwei Tage dauert zumeist der Weg aus der Hauptstadt dorthin.

In Mosambik, wo die Zerstörungen des Zyklons „bei weitem“ nicht wieder beseitigt seien, zeige sich eines der möglichen Probleme vor Ort: Das Projekt liege in einer Hochburg der Opposition, immer mal wieder mache die Regierung den Helferinnen und Helfern Schwierigkeiten. „Man muss sich immer diplomatisch verhalten“, sagt der Vorsitzende. Wer sich bei den Grünhelmen für einen Auslandseinsatz bewirbt, muss diese Fähigkeit ebenso mitbringen wie eine berufliche Qualifikation, die beim Bauen gebraucht werden kann.

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Bei den regelmäßigen Bewerberwochenenden versucht das Team zudem, herauszufinden, ob die meist jungen Menschen auch mental stark genug sind für die drei Monate dauernden Einsätze. „Man weiß das ja oft von sich selbst nicht“, betont Neudeck.

Seit der Einführung der Bewerberwochenenden aber haben kaum noch Freiwillige ihren Einsatz abgebrochen. Und, berichtet der Vorsitzende, „wir haben eine relativ hohe Quote von Leuten, die einen zweiten Einsatz machen“.

Geld gibt es dafür übrigens nicht; für „kleines Geld“ arbeiten bei den Grünhelmen nur drei Projektleiter, die neue Projekte suchen und Aufgaben koordinieren. Dennoch ist die Arbeit für die und mit den Grünhelmen für Simon Bethlehem im Grunde ein Traumjob: „Man bekommt viel zu sehen und lernt ganz viel von den Menschen, mit denen man gemeinsam überlegt, wie man es besser machen könnte.“

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