Troisdorfer Kinderärztin macht KleinkunstLachen hilft beim Heilen

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„Humor geht auch auf der Intensivstation“, ist Sandra Niggemann überzeugt. 

Troisdorf – Medizin ist eine ernste Sache, Humor hat da keinen Platz. Oder? „Gerade wenn man Kinderärztin ist, dann schon“, widerspricht Sandra Niggemann. „Man muss improvisieren können, spontan sein“. Und für die Bergheimerin „kann man die medizinische Bedeutung von Humor nicht hoch genug einschätzen“.

Humor geht auch auf der Intensivstation“, versichert Niggemann – wenn er denn wertschätzend sei. Ganz bewusst spricht sie von sich selbst als Ärztin, nicht als Medizinerin. „Als Ärztin gehe ich auf Menschen ein.“ Als Fan schätzt sie Kleinkunst schon lange; seit 2010 widmet sie sich beiden Professionen: Auf der Bühne und in der Klinik.

Engagement für „wünschdirwas“

Schon zuvor engagierte sich Sandra Niggemann für den Kölner Verein „wünschdirwas e.V.“, der schwer und chronisch kranken Kindern Herzenswünsche erfüllt. Die Vorfreude auf das Ereignis, das Kinderlachen unterwegs und oft noch lange danach, das helfe im Heilungsprozess, hat sie erfahren. Und wenn es keine Heilung gibt, dann unterstützten solche Erlebnisse auch die Bewältigung des Unvermeidlichen.

„Wie die Jungfrau zum Kinde“ kam die heute 47-Jährige vor einigen Jahren auf die Bühne: Selbst eine Benefizveranstaltung für wünschdirwas e.V. auszurichten, „mit Leuten, die ich selbst toll finde“, dieses Projekt nahm sie damals in Angriff. Fand Künstler – schnell –, suchte ein Theater und fand bereitwillige Unterstützung im Bonner Pantheon Theater. Als Moderatorin führte sie selbst durch den Abend. Der Erfolg machte Mut, im November wird das Bonner Pantheon zum zehnten Mal Schauplatz der Benefizgala sein.

Texte entwirft sie auch im Auto

Parallel absolvierte die Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin eine Laienspielausbildung, nahm an Bühnenworkshops teil und pflegte ihre Leidenschaft für Sprache. „Ich habe schon immer gerne geschrieben, gedichtet und getextet.“ Ein Stipendium der „Celler Schule“ für Songtexter – für sie „mit die besten zwei Wochen meines Lebens“ – brachte sie 2014 in Kontakt mit Chansonnier und Liedermacher Rainer Bielfeldt.

Kleinkunst-Stipendium

Mit 47 Jahren ist man üblicherweise nicht Nachwuchs – gleichwohl hat sich Sandra Niggemann über das Stipendium für das zweite „Zungenspitzer“-Festival gefreut. „Man darf noch kein abendfüllendes Programm gemacht haben“, ist die dortige Definition von Nachwuchs.

Vom 22. August bis zum 10. September wird sie im baden-württembergischen Bretzfeld an Workshops teilnehmen. Musik und Text auf der Bühne zu verbinden ist eines der nächsten Ziele von Sandra Niggemann. (dk) 

Dass sie in den vergangenen Monaten mit Bielfeldt und Kollegen aus der Celler Schule an einem Album arbeiten konnte, verdankt sie Corona: „Ohne die Pandemie hätten wir uns vermutlich nicht alle drei oder vier Wochen online zusammengesetzt.“ Auch Schlagertexte oder Skripte für eine Moderation entstehen am Schreibtisch in Troisdorf-Bergheim oder im Auto während der Fahrt zum Arbeitsplatz in Neuwied.

Chef und Kollegen geben Rückhalt

Hat sie anfangs noch eine volle Stelle als Ärztin gehabt und unter anderem neun Jahre lang auf der Kinderintensivstation gearbeitet, so hat sie inzwischen ihr Deputat auf 60 Prozent gesenkt. „Wird sowieso immer mehr“, weiß sie längst. Immerhin genießt sie den Rückhalt der Kollegen und des Chefs.

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Dennoch schreibe sie meistens auf den letzten Drücker, wie sie zugibt. Sie sei ein „Last-minute-Mensch“; auch wenn sie drei Monate im Voraus von einem Termin wisse, entstehen oft erst am Nachmittag die Texte. Schreiben unter Druck macht ihr zum Glück keine Schwierigkeiten, wie sie immer wieder bei „Offenen Bühnen“ unter Beweis stellt. Aufmerksam beobachtet sie von hinten das Geschehen, bringt Zusammenfassungen in Reimform aufs Papier. Und kaum ist das Programm fertig, gibt sie ihren Text zum Besten.

Davon leben will sie nicht

Demnächst wird Sandra Niggemann wieder Vorträge über Humor und Medizin halten, sie moderiert Veranstaltungen und schreibt Texte für Lieder. „Für das Finanzamt ist es kein Hobby“, lacht sie. „Aber davon leben könnte und wollte ich noch nicht.“ Auch wenn die „Sprachfetischistin“ einräumt: „Ärztliche Kommunikation macht mich manchmal rasend“.

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