Schulen in der CoronakriseSchulministerin verbietet geteilten Unterricht in Solingen

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Schulunterricht_Symbol

Symbolbild

Solingen – Das Land Nordrhein-Westfalen verbietet der Stadt Solingen ihren geplanten Corona-Sonderweg für weiterführende Schulen mit je zur Hälfte Präsenz- und Distanzunterricht. Das Gesundheitsministerium in Düsseldorf habe die Kommune am Dienstag per Erlass angewiesen, ihre Verfügung zur Einführung eines solchen Blockunterrichts nicht umzusetzen, teilte die Stadt mit.

Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) äußerte sich in einer Online-Pressekonferenz „außerordentlich enttäuscht und außerordentlich besorgt“. Die Landesentscheidung sei ein Fehler.

Bergische Stadt wollte Klassenstärken halbieren

Solingen hatte angekündigt, ab diesem Mittwoch angesichts anhaltend hoher Corona-Neuinfektionen die Klassenstärken zu halbieren und je 50 Prozent der Schüler digital zu unterrichten. Konkret sollte bis Ende November wechselweise die Hälfte einer Klasse im Präsenz-, die andere Hälfte daheim im Distanzunterricht lernen. Das wurde nun gestoppt.

Als Ziel betonte OB Kurzbach erneut, man wolle die insgesamt rund 20.000 Schüler vor einer Schulschließung bewahren. Mit dem Konzept wären die Lerngruppen verkleinert worden, auch auf dem Schulweg – im Bus – hätte man größere Abstände erreichen können. Solingen sei digital gut ausgestattet. Ausgenommen hatte das Modell alle Grund- und Förderschulen sowie die Abschlussklassen der Sekundarstufen I und II.

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Da es sich um eine Anweisung des Landes handele, müsse die Stadt ihre Pläne nun begraben und Folge leisten, erläuterte ein Sprecher in Solingen. Man habe allerdings eine andere Auffassung als das Land und werde das dem Ministerium auch deutlich darlegen, betonte der OB.

Der Kommune stehen nach seinen Worten keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung zur Verfügung. Der Erlass komme aus dem Gesundheitsministerium, sei aber auf Anweisung des Schulministeriums ergangen. Das Land trage nun die volle Verantwortung, falls die gravierende Entwicklung andauere und es zu ungeregelten Schulschließungen komme.

Kritik von der SPD-Opposition im Landtag

SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty reagierte mit Unverständnis auf die Entscheidung. „Damit stellt sich die Landesregierung nicht nur gegen die Stadt Solingen, sondern auch gegen den Willen der Schulen vor Ort“, sagte er. Solingen habe „vorbildlich gehandelt und Verantwortung für ihre Bürgerinnen und Bürger bewiesen. Das ist das, was wir von der Landesregierung leider bis heute vermissen“, sagte Kutschaty.

Die Lehrergewerkschaft GEW hatte das Solinger Konzept noch kurz zuvor als „vorbildlich“ begrüßt und von verantwortungsvollem Handeln gesprochen. Die Landesvorsitzende Maike Finnern sprach von einer „problematischen Entscheidung, die den Schulen keine Möglichkeit gibt, angemessen zu reagieren.“ Das Land habe eine Entscheidung zudem auch zu lange verzögert. „Das schafft weitere Verunsicherung.“

Stadt Solingen sieht sich einig mit dem Robert-Koch-Institut

Den Solinger Schulen sollte die organisatorische Umsetzung selbst überlassen werden – ob sie etwa einen Wechsel im Tages- oder Wochenrhythmus einführen. Die Planung war laut Stadt bereits angelaufen, nun habe man alle eilig von dem Nein des Landes informieren müssen. Die Stadt sieht sich mit ihrer Position ausdrücklich auf einer Linie mit dem Robert Koch-Institut (RKI).

Nach Einschätzung des RKI ist die Verkleinerung von Schulklassen „durch Teilung oder Wechselunterricht“ ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 Neuinfektionen ratsam. In Solingen lag dieser Wert am Dienstag bei 227 und im Bundesland NRW bei 162,5. Der Wert zeigt an, wie viele Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen registriert wurden.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte sich erst kürzlich dagegen ausgesprochen, einen Teil der Schüler zu Hause und den anderen Teil in den Schulen zu unterrichten. In den mehr als 5000 Schulen in NRW ist aber nach Angaben des Schulministeriums die Zahl der bestätigten Corona-Fälle seit den Ferien bei Schülern wie Lehrern gestiegen.

Der Philologen-Verband NW mahnte, es brauche „klare Richtlinien und Handlungsanweisungen für den Fall, dass der Präsenzunterricht vor dem Hintergrund des lokalen Infektionsgeschehens nicht aufrechterhalten werden kann“. Schulen sollten früher und umfassender informiert, alle relevanten Akteure regelmäßig ins Boot geholt werden. Wenn die Schulen offenbleiben sollten, müsse die Politik mehr für den Gesundheitsschutz tun. (dpa) 

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