Alice Weidel in ChinaWarum Chinas Kommunisten die AfD hofieren

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Alice Weidel, AfD-Bundesvorsitzende und Fraktionsvorsitzende der AfD, gibt ein Pressestatement zu Beginn der Fraktionssitzung ihrer Partei.

Alice Weidel, AfD-Bundesvorsitzende und Fraktionsvorsitzende der AfD.

Eine AfD-Delegation um Parteichefin Weidel fährt eine Woche nach China. Dort ist man sehr genau über die aktuellen Erfolge der Rechtspartei informiert. Was reizt China an der AfD?

Sogar über die Landratswahl in Sonneberg waren die chinesischen Gesprächspartner informiert, so genau verfolgten sie die Karriere der AfD im fernen Deutschland. Dem Vernehmen nach bis hoch zum Vize-Außenminister reichten die Termine, die eine Delegation der AfD-Bundestagsfraktion vergangene Woche in Peking und Shanghai wahrnahm. „Ich bin überrascht, wie informiert unsere Gesprächspartner über die derzeitigen Umfragewerte der AfD und unsere Arbeit im Bundestag waren“, sagt der Bundestagsabgeordnete Peter Felser dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Der Vize-Vorsitzende der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe war neben dem Außenpolitiker Petr Bystrón und Parteichefin Alice Weidel auf der ersten offiziellen AfD-Reise in China. Weidel nennt die Reise einen „sehr guten ersten Aufschlag“, weitere Schritte seien bereits in Planung. Die AfD-Chefin spielte ihre China-Kenntnisse in den vergangenen Jahren im politischen Tagesgeschäft eher herunter - sie spricht Mandarin, hat in China gearbeitet und geforscht und wurde mit einer Arbeit über das chinesische Rentensystem promoviert.

China sucht neue Verbündete - und findet sie an den Extremen

In der aktuellen geopolitischen Konfliktlage um Taiwan und dem Krieg in der Ukraine aber scheint es für Beijings Kommunisten immer reizvoller, Kontakte zu eher antiamerikanischen politischen Kräften in Europa zu pflegen. Und so gerät auch die AfD stärker in Chinas Blickfeld. Die englischsprachige Pekinger Regimezeitung „Global Times“ berichtete im März von einem Lob des chinesischen Außenministeriums für Weidels Aussage, der Westen habe einen „historischen Fehler“ begangen, die Nato-Osterweiterung voranzutreiben und Russland nicht mit einem Neutralitätsstatus für die Ukraine und das Baltikum zu beruhigen.

Im November 2022 brachte die „Global Times“ ein langes Interview mit dem AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah. Mit Blick auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sagte Krah: „Die Kriege Amerikas zu führen liegt nicht in unserem Interesse und nicht im Interesse der Ukrainer.“ Eine Zusammenarbeit Russlands, Chinas, Brasiliens und der EU werde attraktiver „als ein neuer Kalter Krieg unter der Führung der USA“.

Ein Abgeordneter und seine China-Videos

Krah fällt schon seit Jahren mit besonders chinafreundlichen Positionen auf. Selbst enge Weggefährten wundern sich über zwei Glückwunschvideos zum 70. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas und zum 70. Jahrestag der chinesischen Besetzung Tibets. „Sie feiern jetzt 70 Jahre autonome Region Tibet, ich finde, Sie haben allen Grund dazu, stolz auf das zu sein, was Sie erreicht haben“, sagt Krah dort. Das sei „wahrscheinlich nicht ideal“ gewesen, sagte Krah jetzt bei einer Podiumsdiskussion. Er verfüge aber über „null geschäftliche Beziehungen mit China“.

Immerhin aber gibt es im Umfeld von Krah in dessen Heimat Dresden ein chinesisches Beziehungsgeflecht: Der Krah-Vertraute Torsten Voß sitzt im Vorstand eines Vereins „Neue Seidenstraße e.V.“, in dessen Nähe sich auch ein chinesischstämmiger Brüsseler Abgeordnetenmitarbeiter Krahs bewegte. Beide versuchten 2019, eine Städtepartnerschaft und Investitionen aus China für das sächsische Pirna zu organisieren. Kurz nach dem Besuch des chinesischen Außenministers Qin Gang in Berlin im Mai und im Vorfeld der Reise von Ministerpräsident Li Qiang zu Bundeskanzler Olaf Scholz am 20. Juni erhielten die AfD-Politiker die kurzfristige Zusage, Ende Juni in China willkommen zu sein.

Auch eine Wagenknecht-Vertraute fuhr nach China

Willkommen aber ist nicht nur die AfD: Auch die Linken-Bundestagsabgeordnete und enge Vertraute von Sahra Wagenknecht, Sevim Dagdelen, hielt sich im vergangenen Monat in China auf. Am 5. Juni hielt sie einen Gastvortrag an der Shanghai International Studies University, den sie auf ihrer Homepage dokumentiert hat.

Das Thema: Die deutsch-chinesischen Beziehungen in Zeiten des „Stellvertreterkrieges der Nato in der Ukraine“. Dabei stellt sie Deutschland als eine Art Vasallenstaat der Vereinigten Staaten dar – die Kommunistische Partei Chinas dürfte Beifall geklatscht haben. „Das Haupthindernis aber auf dem Weg zur Förderung der deutsch-chinesischen Beziehungen sehe ich in der mangelnden Souveränität der Bundesrepublik Deutschland“, sagte Dagdelen.

Petr Bystrón sagt dem RND, er finde diesen Satz richtig. „Die Verschlechterung der deutsch-chinesischen Beziehungen ist eine Folge der konfrontativen Politik der USA gegenüber China, die das Land als ihren Rivalen definiert haben“, sagt er. „Die gegenwärtige deutsche Regierung folgt den Amerikanern blind auf diesem Konfrontationskurs, ohne Rücksicht auf die negativen Folgen für deutsche Unternehmen.“

„Gerade im Stellvertreterkrieg der NATO in der Ukraine zeigt sich, dass Berlin nur in Sekundenbruchteilen außenpolitische Entscheidungen Washingtons nachvollzieht und sogar, wie an der Frage der Lieferung deutscher Panzer ablesbar, sich in die erste Reihe des Krieges schieben lässt, während Washington seine Panzerlieferungen verzögerte.“

Die Abgeordnete bemängelte eine „extreme Willfährigkeit, mit der die deutsche Politik gegenüber den USA oft agiert“. Der Direktor der Denkfabrik Global Public Policy Institute in Berlin, Thorsten Benner, kritisierte nach dem Gastvortrag auf Twitter, Dagdelen „dient sich Peking mit einem irren Mix aus pseudo-linker Rhetorik und Reichsbürgeranklängen an“.

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