MinisterpräsidentenkonferenzMerkel warnt vor „Katastrophe“ auf Intensivstationen

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Merkel DPA 171121

Angela Merkel bei einer Rede im Bundestag.

Berlin – Es dürfte seine erste und letzte Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundeskanzlerin sein. Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) ist neu in der Runde und dann auch noch gleich Vorsitzender. Doch das alles beherrschende Thema ist alt und wird auch den baldigen Abschied von Angela Merkel aus dem Kanzleramt überdauern: die Corona-Krise.

Merkel nutzte am Vortag der MPK noch einmal ihre Bühne für einen dringenden Appell. „Die vierte Welle trifft unser Land mit voller Wucht“, sagte sie in einer per Video zugeschalteten Rede zur Hauptversammlung des Deutschen Städtetags am Mittwoch in Erfurt. Sie forderte in einen Grenzwert für Klinikbelastungen, ab dem zusätzliche Eindämmungsmaßnahmen greifen müssen. Sonst sei der vereinbarte Index für die Zahl der aufgenommenen Corona-Patienten pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen „ein zahnloser Tiger“. Abzuwarten bis die Intensivstationen voll seien, wäre „eine Katastrophe“, sagte Merkel. Entscheidend seien weitere Impfungen.

Die „bittere Wahrheit“ sei, dass schon jetzt in einigen Landkreisen das Gesundheitssystem überlastet sei. Die Pandemie-Lage sei dramatisch. Und diese Formulierung soll noch vergleichsweise harmlos gewesen sein. Nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) hat sie im kleinen Kreis gesagt, dass es wahrscheinlich schon bald zu einer Überlastung des Gesundheitssystems in Deutschland kommen werde.

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Kassenärzte-Chef warnt vor Panikmache bei Corona

Kassenärzte-Chef Andreas Gassen warnte unterdessen vor Panikmache. Die Krankenhäuser Praxen seien seit Monaten stark belastet. Es bestehe aber derzeit wohl nicht die Gefahr, dass die Kliniken in Ihrer Gesamtheit an ihre Leistungsgrenze stießen. „Die Belegungszahlen sind nach wie vor niedriger als zum Höhepunkt der dritten Welle. Es gibt insgesamt noch ausreichend Reserven“, betonte der Mediziner. „Wenn die Krankenhäuser jetzt wieder planbare Operation verschieben, dann ist das eine reine Vorsichtsmaßnahme, um mehr freie Betten bereit zu stellen.“

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Gassen betonte: „Die Lage ist schwierig, aber für Panik besteht kein Anlass.“ Insbesondere von einigen Politikern und Experten werde versucht, „die Ampel-Parteien mit düsteren Szenarien und fast schon hysterisch anmutenden Warnungen, extrem unter Druck zu setzen“. Da werde Stimmungsmache betrieben. Bisher hätten SPD, Grüne und FDP aber kühlen Kopf bewiesen. Gassen: „Es bleibt richtig, die pandemische Notlage aufzuheben, weil die Regelungen nicht länger vor Gerichten standgehalten hätten.“

Union-Bundesländer wollen Ampel-Vorschlag blockieren

Die unionsgeführten Bundesländer sehen das komplett anders. Sie wollen die von den Ampel-Parteien bisher geplante Aufhebung der Pandemie-Notlage zum 25. November und die damit verbundene Lockerung des Infektionsschutzgesetzes in der Länderkammer verhindern. Der vorgelegte Gesetzentwurf sei in der jetzigen Fassung nicht ausreichend, um für die nächsten Wochen den nötigen Schutz vor einer weiteren dynamischen Ausweitung des Virus zu bieten, heißt es in einem dem RND vorliegenden Brief von Wüst an Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Berlins Regierenden Bürgermeister und Sprecher der SPD-Seite, Michael Müller. Wüst mahnte: „Angesichts des sprunghaften und dynamischen

Infektionsgeschehens mit absoluten Höchstzahlen an Neuinfektionen ist aus Sicht der B-Seite das Auslaufen der epidemischen Lage unverantwortlich.“ Deshalb sei der Gesetzentwurf in der jetzigen Fassung nach Ansicht der B-Seite (Union) im Bundesrat „nicht zustimmungsfähig“. Gefordert wird: „Im Mindestmaß müssten die Länder die Möglichkeit haben, zur Bekämpfung eines besonders dynamischen Infektionsgeschehenes flexibel reagieren zu können.“ Daher müssten die in Paragraf 28a des Gesetzes genannten Maßnahmen aufrecht erhalten werden. Lediglich Ausgangsbeschränkungen und Schließungen von Kitas, Schulen und Hochschulen solle es nicht mehr geben dürfen.

Ampel-Parteien: Keine Schließungen und Veranstaltungsverbote

Nach dem Willen der Ampel-Parteien soll es aber gar keine Schließungen von Einrichtungen und kompletten Verbote von Veranstaltungen mehr geben. Hotels und Gaststätten etwa könnten demnach nicht mehr angewiesen werden, zur Pandemie-Bekämpfung vorübergehend zuzumachen. An diesem Donnerstag soll der Bundestag und am Freitag der Bundesrat über das Gesetz entscheiden. In der Ministerpräsidentenkonferenz soll unter anderem über verpflichtende tägliche Tests für Personal und Besucher in Pflegeheimen entschieden werden. Das verlautete aus Kreisen der an Landesregierungen beteiligten Ampel-Parteien. In einem vorläufigen Papier hieß es ferner, geimpfte Mitarbeiter können alternativ auch zweimal wöchentlich ein negatives PCR-Testergebnis vorlegen.

Am Arbeitsplatz solle die 3G-Regel eingeführt und zusätzlich zweimal pro Woche ein kostenloser Test angeboten werden. Auch Busse und Bahnen sollen nur noch Geimpfte und Genesene nutzen dürfen sowie Fahrgäste, die einen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 24 Stunden ist. Geplant ist nach diesen Überlegungen auch die bundesweite Einführung von 2G-Regeln in der Freizeit - Ungeimpfte könnten ausgeschlossen werden. (RND)

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